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Familiäre Altenpflege als Beispiel des sozialen Zusammenhalts

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Das erzwungene Paradies des Alters?

Part of the book series: Alter(n) und Gesellschaft ((AUGES))

Auszug

Alten Familienmitgliedern — Großmüttern und Großvätern — Hilfe zuteil werden zu lassen, ist ein Teil der Lösung eines breiter angelegten Problemkreises des sozialen Zusammenhalts, und zwar gleich aus mehreren Gründen:

  1. a.

    Im Rahmen des Vertrags von Amsterdam werden die Fragen des sozialen Zusammenhalts und der Beziehungen zwischen Generationen hervorgehoben. „Bürgerschaft und Lebensqualität ... stellen, neben Wirtschaftswachstum und Umweltfolgen, einen zweiten Bereich der ‚Sorge‘ dar. Kernpunkt der Sorge ist die Frage nach dem Zusammenhalt der Generationen und nach Demokratie und Solidarität. “ (Amann 2004: 72) Anton Amann eröffhet die Fragen des Alters in der EU in demografischer Hinsicht und in vielen komparativen Perspektiven der sozialen Ungleichheit. Der soziale Zusammenhalt in der Familie bringt dann die Fragen des Alters mit den Fragen der familiären Altenpflege zusammen. (Amann 2004: 67–73)

  2. b.

    Voraussetzungen für die Übernahme der Verpflichtung, dass die Familie der Kinder einen alten Menschen pflegt, sind das Gefühl der Zusammengehörigkeit, des Dankes, der Pflicht, auf jeden Fall aber die verwandtschaftlichen Beziehungen und die damit verbundenen Bande. Manche Kinder entschließen sich, die Rolle der Pflegenden zu überaehmen, wenn es notwendig ist. (Graham 1983: 28–29)

  3. c.

    Für den sozialen Zusammenhalt in der Familie besonders häufig und bedeutungsvoll ist die soziale Verbundenheit zwischen Eheleuten. Für Personen im Alter von 65 Jahren ist es jedoch eine traurige Tatsache, dass ein Teil der Älteren bereits verwitwet ist bzw. ohne einen Ehepartner lebt. Dies gilt ungefähr für 40 % der Männer und 60 % der Frauen in dieser Altersklasse. Ähnliche Statistiken für die USA im Jahre 1983 führen dagegen an, dass 80 % im Alter zwischen 65–74 Jahren und immerhin noch 71 % der 75jährigen mit ihren Ehefrauen zusammen leben. Die Angaben für die Frauen unterscheiden sich hier mehr als deutlich. 49 % der Frauen im Alter von 65–74 Jahren und nur noch 24 % der Frauen über 75 Jahre leben mit ihrem Ehemann zusammen. Die meisten anderen Männer und Frauen waren Witwer und Witwen. (Hess 1986: 7) Weitere Bindungen des sozialen Zusammenhalts zwischen Familienmitgliedern, die sich dazu entschließen, ihre Großmutter oder ihren Großvater zu pflegen, lassen sich unter den Mitgliedern dieser Familie erkennen.

  4. d.

    Dass die Familie ein älteres Familienmitglied pflegt, ist in der Regel nur einer der Beweise für den breit angelegten sozialen Zusammenhalt dieser Familie. Frühere Formen des familiären Zusammenhalts waren z. B. die Hilfe der Großeltern bei der Erziehung der Enkel und im Haushalt der jun-gen Familie, ihre Unterstützung und Bereitschaft, wenn die „Jungen“ sie brauchten. Damit hängt auch die Vorstellung von der Selbstverständlichkeit einer Hilfe als „Revanche“ für die alternden Eltern, die nun pflegebedürftig sind, zusammen.

  5. e.

    Der soziale Zusammenhalt ist sehr wahrscheinlich auch vom „Wertesystem“ in der breiteren Familie vorgezeichnet. Scheinbar gibt es eine Vorstellung von der Pflicht, ein nicht autarkes Familienmitglied zu pflegen. Diese Vorstellung steht dann hypothetisch am Beginn einer ganzen Kette von Entscheidungen, als eine Art unausgesprochene Konstante, die vorübergehend die Menge möglicher Entscheidungen einrahmt und sie von einer anderen

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© 2008 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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Jerábek, H. (2008). Familiäre Altenpflege als Beispiel des sozialen Zusammenhalts. In: Amann, A., Kolland, F. (eds) Das erzwungene Paradies des Alters?. Alter(n) und Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90786-4_6

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