Auszug
Das Interesse an Religion entsteht aus der Kontingenz menschlicher Existenz, aus der Zufälligkeit der Geburt, des menschlichen Erfolgs und Misserfolgs, aus der „Zufälligkeit“ des menschlichen Todes: Der Mensch kann sein Leben verfehlen, er kann Opfer seiner eigenen Schwäche, Opfer widriger Umstände und bewusster Bosheit seiner Mitmenschen werden. Selbst wenn die Gesellschaft und Wirtschaft gut eingerichtet sind, gibt es Kontingenzen, mit denen der Einzelne fertig werden muss — vor allem den individuellen Tod. Religion ist der zentrale Versuch des Menschen, mit der Kontingenz seines Daseins fertig zu werden. Der Wunsch zu dieser Kontingenzbewältigung ist dem Menschen eigentümlich und nicht auszurotten. Der wissenschaftliche Atheismus hat diesen Wunsch und seine Befriedigung in der Religion als „Opium fürs Volk“ abgelehnt und seine Verheißung, dass die Menschheit zu einer Gesellschaft ohne Leiden fortschreitet, an die Stelle der Religion gesetzt. Von Anfang an war die Achillesferse des marxistischen Versuches, die Religion überflüssig zu machen, der individuelle Tod. Selbst wenn die Menschheit voranschreitet: Was hilft das dem Einzelnen, der sterben muss und diesen Fortschritt gar nicht mehr erlebt? Wie sollte es die zahllosen Opfer des Marxismus-Leninismus in der Sowjetunion trösten, dass ihr vorzeitiger, gewaltsamer Tod der Errichtung der klassenlosen Gesellschaft diente?
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Literatur
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Koslowski, P. (2008). Der Dialog der Weltreligionen und die Philosophie der Offenbarungen. In: Brocker, M., Hildebrandt, M. (eds) Friedensstiftende Religionen?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90773-4_6
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