Auszug
Der Begriff „Konstruktion“ wird seit einigen Jahren so verwendet, als handele es sich um ein Synonym für „gelungene Einbildung“. Wenn etwas — zum Beispiel die Geschlechterdifferenz, wissenschaftliche Wahrheiten, die Alterstufe „Kind“ oder sogar die gesamte Wirklichkeitserfahrung — als „sozial konstruiert“ bezeichnet wird, dann heißt das entsprechend, dass sich Diskurse, Semantiken, Beschreibungen und durch sie angeleitete „Praktiken“ in seiner Existenz geltend machen (vgl. Gildemeister 2004; Knorr-Cetina 1984; Gloger-Tippelt 1986; Burr 1995). Auch wenn man von phantastischen Verwendungen des Begriffs, etwa in Titeln wie „Soziale Konstruktion von Geschlecht in schulischen Interaktionen der Sekundarstufe I“ (Faulstich-Wieland 1999) absieht, die suggerieren, gesellschaftliche Unterscheidungen (hier: Mann/Frau) ließen sich von Füftklässlern „konstruieren“ und würden nicht einfach von ihnen nachverwendet, bleibt ein Überhang von Macht auch in den disziplinierteren Gebrauchsweisen. Das Konstruierte ist nicht Natur, ist nicht gegeben und — weil gemacht — nicht selten Ausdruck von Machenschaften, wenn nicht gar Politik.
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Kaube, J. (2007). Die Profession der Lehrer und die Konstruktion der Pädagogik in den Medien. In: Ricken, N. (eds) Über die Verachtung der Pädagogik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90737-6_8
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