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Die Europapolitik der CDU/CSU und die ersten großen Schritte zu deren Verwirklichung

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Politik aus christlicher Verantwortung

Auszug

Vor genau 50 Jahren, am 24. März 1957, schlossen die Regierungen Belgiens, der Bundesrepublik, Frankreichs, Italiens, Luxemburgs und der Niederlande in Rom die Verträge über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft und über die Europäische Atomgemeinschaft. Darüber hinaus sagten sie einander die Förderung engerer politischer Beziehungen zu. Das war die im Jahrhundert des Nationalismus, d.h. bis 1945, kaum denkbar gewesene völkerrechtliche Begründung einer europäischen Staatengemeinschaft, welche 1951 mit dem Vertrag über die Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl begonnen hatte. Für die junge Bundesrepublik brachte sie die Sanktionierung des ganz neuartigen außenpolitischen Konzepts, welches CDU und CSU seit ihrer Gründung unter der Führung Konrad Adenauers unentwegt vertreten hatten.1 Auf der politischen Ebene waren sie dabei nur von den Freien Demokraten um Theodor Heuss unterstützt worden; die rechte FDP hielt noch lange an nationaleren Konzepten fest. Und das tat zunächst auch die SPD, welche jedoch 1957 den „Römischen Verträgen“ und damit zum ersten Mal einem Europa-Vertrag zugestimmt hat. Adenauer hatte davon profitieren können, dass die Härte der westlichen Siegermächte gegenüber Deutschland seit 1947/48 schrittweise der Bereitschaft zur Verständigung wich. Diese beruhte sowohl auf der neuen Notwendigkeit gemeinsamer Reaktion auf die sowjetische Expansionspolitik wie auf der Einsicht, dass man es nun in Deutschland mit einer politischen Schicht zu tun hatte, die aus erprobten Hitler-Gegnern bestand.

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Literatur

  1. Vgl. zu den Anfängen dieser Politik Adenauers programmatische Kölner Rede vom 24. März 1946: Schwarz, Hans-Peter (Hrsg.): Konrad Adenauer, Reden 1917–1967, Stuttgart 1975, S.82–106. Zusammenfassende Würdigung: Becker, Winfried: Die europäische Einigung und die Unionsparteien, in: Historisch Politische Mitteilungen 1/1994, S.135–154; Gasteyger, Curt: Europa zwischen Spaltung und Einigung: 1945–1990. Eine Darstellung und Dokumentation über das Europa der Nachkriegszeit, Köln 1990; Loth, Wilfried: Der Weg nach Europa: Geschichte der europäischen Integration, 1939–1957, 2. Aufl., Göttingen 1991. über weitsichtige Anregungen zu europäischer Politik aus dem Geist des Widerstands gegen die Diktaturen: Lipgens, Walter: Die Anfänge europäischer Einigungspolitik 1945–1950. 1. Teil 1945–1947, Stuttgart 1977; Ders. (Hrsg.): Europa-Föderationspläne der Widerstandsbewegungen 1940–1945. Eine Dokumentation, München 1968. Sowohl der Kreisauer Kreis ist wegen solcher Anregungen zu erwähnen wie erst recht der Movimento federalista des eher linksstehenden Italieners Altiero Spinelli (seit 1942), mit dem der Christdemokrat De Gasperi wegen Europa gut zusammengearbeitet hat; vgl. hierzu Lill, Rudolf: Zur Erinnerung an Alcide De Gasperi, in: Historisch Politische Mitteilungen 11/2004, S.171–181. Zu den Entscheidungen des Jahres 1957 siehe Schwarz, Hans-Peter: Adenauer: der Staatsmann 1952–1967, Stuttgart 1991, S.285–348. Kurz zusammenfassend Morsey, Rudolf: Die Bundesrepublik Deutschland, in: Grundriss der Geschichte, Bd.19, 4. Aufl., München 2000, S.56f., 259–263.

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  2. Neben dem Kanzler unterzeichnete ein zweiter prominenter „Europäer“ aus dem Umkreis der CDU, Staatssekretär Walter Hallstein, der zum 1. Januar 1958 erster Präsident der Kommission der EWG geworden ist. Da Hallstein bei allen Verhandlungen um die europäischen Verträge mitgewirkt hatte, wurde er im März 1957 dem Außenminister Heinrich von Brentano (1955–1961) vorgezogen, der ebenfalls um die europäische Einigung sehr bemüht war. Daniel Kosthorst und Wilfried Loth, in: Winfried Becker u.a. (Hrsg.), Lexikon der christlichen Demokratie in Deutschland, Paderborn u.a. 2002, S.205f., 261f. Vgl. darin auch die Kurzbiographien der anderen hier erwähnten Christdemokraten. Siehe zu Hallstein Ramonat, Wolfgang: Rationalist und Wegbereiter. Walter Hallstein, in: Thomas Jansen/Dieter Mahnke (Hrsg.), Persönlichkeiten der Europäischen Integration: 14 biographische Essays, Bonn 1981.

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  3. Adenauer, Konrad: Erinnerungen 1955–1959, Stuttgart 1957, S.265.

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  4. Lill, R.: Zur Erinnerung an Alcide de Gasperi, S.181.

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  5. Deshalb wollte Adenauer als Voraussetzung für die Westbindung eines neuen Deutschlands die Errichtung seines politischen Zentrums im Westen. Im April 1946 hat er „ausdrücklich erklärt, daür den Westen wie für den Süden Deutschlands ganz ausgeschlossen sei, daß nach einer Wiedererrichtung Deutschlands die politische Zentrale Deutschlands in Berlin ihren Sitz finde“. „Auch der Sitz der künftigen Parteileitung (dürfe) nicht Berlin oder ein Ort der russischen Zone“ sein. Siehe hierzu Adenauer, Konrad: Briefe 1945–1947, bearbeitet von Hans Peter Mensing (Rhöndorfer Ausgabe), Berlin 1983, Nr.200, 200 A.

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  6. Die Zeitgenossen, von denen viele zwei Weltkriege erlitten hatten und die mit Geschichtsbildern aufgewachsen waren, in denen die Nationalkriege eines ganzen Jahrhunderts verherrlicht wurden, verstanden dagegen sehr wohl, was Adenauer öfter und besonders prägnant vor den „Grandes Conférences Catholiques“ am 25. September 1956 in Brüssel ausführte: „Ich bin der Auffassung, daß das Ziel der ersten Periode der Europäischen Integration erreicht ist: Kriege unter europäischen Völkern gehören endgültig der Vergangenheit an.“ Schwarz, H.-P. (Hrsg.): Konrad Adenauer, Reden, S.328. Dass es in den 1990er-Jahren zum Krieg in Jugoslawien gekommen ist, spricht nicht gegen die Richtigkeit der Feststellung Adenauers. Denn den Kern seiner Europapolitik bildete die Versöhnung Deutschlands und Frankreichs, deren frühere Gegensätze die meisten der Nationalkriege hervorgerufen hatten. Die Völker des Ostblocks erhielten erst ein halbes Jahrhundert später die Möglichkeit zur Teilnahme an europäischen Prozessen.

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  7. Vgl. für die frühe Konsensbildung in der CSU: Adenauer, K.: Briefe 1945–1947, Nr.65, 85, 151, 198 A, 200, 200 A, 210, 221, 276 (in Bayern wandte Adenauer sich zuerst an den Münchener Oberbürgermeister Karl Scharnagl) sowie die Erinnerungen von Müller, Josef: Bis zur letzten Konsequenz: ein Leben für Frieden und Freiheit, München 1975; Schlemmer, Thomas: Aufbruch, Krise und Erneuerung. Die CSU 1945–1955, München 1998.

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  8. In seiner ersten Rundfunkansprache als bayerischer Ministerpräsident; siehe Altgeld, Wolfgang: Deutschland und die Deutschen im Jahr 1945, in: MUT, Nr.452, April 2005, S.30–46

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  9. 21. August 1945: Adenauer, K.: Briefe 1945–1947, Nr.65. Vgl. zu den ethisch-moralischen Postulaten bereits die „Kölner Leitlinien“ vom 1. Juli 1945, die ein erstes vorläufiges Programm der CDU bildeten und von der CSU akzeptiert wurden. In München gefiel darin besonders das Bekenntnis zum Föderalismus, der das innenpolitische Pendant zum Europagedanken geworden ist. In den Gründungsdokumenten der CSU wurde er allerdings einseitig herausgestellt. Siehe dazu Hübler, Martin: Die Europapolitik des Freistaates Bayern, München 2002, S.26–35. über europäisch inspirierte kulturpolitische Initiativen des aus der CSU hervorgegangenen Diplomaten Dieter Sattler in den 1950er-Jahren: Stoll, Ulrich: Kulturpolitik als Beruf, Paderborn u.a. 2005, Kap. IV und V.

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  10. Schon nach dem Ersten Weltkrieg hatte Adenauer entsprechende Pläne entwickelt, die damals am Nationalismus, nicht nur am deutschen gescheitert waren. Erdmann, Karl Dietrich: Adenauer in der Rheinlandpolitik nach dem Ersten Weltkrieg, Stuttgart 1966. Vgl. auch Adenauers Rede zur Wiedereröffnung der Kölner Universität am 12. Juni 1919: Schwarz, H.-P. (Hrsg.): Konrad Adenauer, Reden, S.38ff. („Vor allem soll sie — d.h. die Universität — das Wesensverwandte aller europäischen Kulturen zeigen;... daäischen Völkern schließlich doch viel mehr des Gemeinsamen als des Trennenden ist.“)

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  11. Konrad Adenauer und die CDU der britischen Besatzungszone, hrsg. v. d. Konrad-Adenauer-Stiftung, Bonn 1975, S.64; Loth, W.: Der Weg nach Europa, S.48f.; Lill, Rudolf: über die Anfänge der CDU in Köln 1945–1948, in: Historisch Politische Mitteilungen 12/2005, S.157–172.

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  12. Siehe Becker, W.: Die europäische Einigung und die Unionsparteien; Becker, Winfried: CDU und CSU 1945–1950. Vorläufer, Gründung und regionale Entwicklung bis zum Entstehen der CDU-Bundespartei, Mainz 1987; die Erinnerungsbände der beteiligten Politiker, darunter aus der CSU Müller, J: Bis zur letzten Konsequenz, S.360ff. Aus der neueren Forschung: Durand, Jean-Dominique: Christliche Demokratie und europäische Integration, in: Historisch Politische Mitteilungen 1/1994, S.155–182; Gehler, Michael/Kaiser, Wolfram/Wohnout, Helmut (Hrsg.): Christdemokraten in Europa im 20. Jahrhundert, Wien 2001; Buchstab, Günter (Hrsg.): Brücke in eine neue Zeit. 60 Jahre CDU, Freiburg u.a. 2005, darin bes. die Beiträge von Ulrich Lappenküper über die Verständigung mit Frankreich (S.265–287) und von Hans-Otto Kleinmann über Europa (S.288–321).

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  13. Hans-Otto Kleinmann in: G. Buchstab (Hrsg.), Brücke in eine neue Zeit, S.294.

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  14. Schwarz, H.-P. (Hrsg.): Konrad Adenauer, Reden, S.122–131, hier 128f.

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  15. Dokumentation: Kölner Domjubiläum 1948, Düsseldorf 1950; Fünfzig Jahre Internationaler Karlspreis zu Aachen 1950–2000, Aachen o. J. (2001). Siehe aus den neueren Forschung die Studien von Matthias Pape, bes.: Der Karlskult an Wendepunkten der neueren deutschen Geschichte, in: Historisches Jahrbuch 120/2000, S.238–181; Karl der Große — Karlsbild und Karlskult in der Gründungsphase der BRD: Jahrbuch für Europäische Geschichte 4/2003, S.243–254; Lechfeld-Schlacht und NATO-Beitritt. Das Augsburger „Ulrichsjahr“ 1955 als Ausdruck der christlich-abendländischen Europa-Idee, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Schwaben 94/2001, S.269–308; Uertz, Rudolf: Konservative Kulturkritik — Die Abendländische Akademie in Eichstätt (1952–1956), in: Historisch Politische Mitteilungen 8/2001, S.45–71.

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  16. Becker, W.: Die europäische Einigung und die Unionsparteien, S.138; siehe auch Loth, W.: Der Weg nach Europa.

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  17. Bei der ersten Bundestagswahl am 14. August 1949 hatten CDU und CSU zusammen 31% der Stimmen erhalten und damit nur einen knappen Vorsprung vor der SPD (29,9%). Die FDP erreichte 11%, die niedersächsisch-konservative Deutsche Partei 4%. Die großen Erfolge beim Wiederaufbau und auch in der Europapolitik ließen den Anteil der CDU/CSU 1953 auf 45,2%, 1957 sogar auf 50,2% steigen. Vgl. Morsey, R.: Die Bundesrepublik Deutschland, S.48f.

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  18. Schwarz, H.-P. (Hrsg.): Konrad Adenauer, Reden, S.192. Der Parteitag stimmte einmütig zu. Vgl. seine Resolution vom 22. Oktober 1950 in Becker, W.: CDU und CSU, S.446ff.

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  19. Vogel, Rolf (Hrsg.): Deutschlands Weg nach Israel. Eine Dokumentation, mit einem Geleitwort von Konrad Adenauer, Stuttgart 1967.

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  20. Hallstein als erster Präsident der Kommission der EWG (bis 1967) setzte sich das Ziel der „Vergemeinschaftung der nationalen Politiken“ auf der Grundlage der Römischen Verträge und der Gesetze der Gemeinschaft. Das noch stark staatliche Selbstbewusstsein der Mitgliedsländer und der neue „Bilateralismus“, für den Charles de Gaulle (1958 wieder Ministerpräsident, 1959 Präsident der Republik) Adenauer gewann, haben diese Entwicklung jedoch verlangsamt. Siehe hierzu Becker, W.: Die europäische Einigung und die Unionsparteien, S.147ff.; Ramonat, W.: Rationalist und Wegbereiter. Walter Hallstein, S.337–378.

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  21. Vgl. Aretz, Jürgen: Von der „Bonner Republik“ zur „Berliner Republik“? (Kirche und Gesellschaft 334), Köln 2006.

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Lill, R. (2007). Die Europapolitik der CDU/CSU und die ersten großen Schritte zu deren Verwirklichung. In: Zehetmair, H. (eds) Politik aus christlicher Verantwortung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90651-5_10

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