Auszug
„Geld ist kein Mysterium, Geld ist Handlungsorientierung“ (Kellermann 2005: 115ff.). Diese Kernaussage hat Paul Kellermann im Verlauf der weiteren Diskussion zugespitzt und präzisiert: Eine Verbesserung der Lebensbedingungen sei nicht zu erreichen, solange Geld mystifiziert und ihm eigene Handlungsfähigkeit zugeschrieben werde. Die Chance auf eine ausgeglichenere Gestaltung der Lebensbedingungen sei nur dann umzusetzen, wenn der Zusammenhang von Produktivität, Bedarf, Leistungsvermögen und Kaufkraft, wie er in dem heute dominierenden Gesellschaftssystem des industriellen Konkurrenzkapitalismus gegeben ist, wahrgenommen und geschickt gesteuert werde (Kellermann, Aussendung vom 3.3.2006). Zweifellos, Kellermanns Argumentation steht in der Tradition der Aufklärung, wie sie heute im deutschsprachigen Raum prominent wohl noch am ehesten von Habermas verkörpert wird. Ihr ist er ungebrochen verpflichtet und insofern mag seine Aussage in ihrer Zuspitzung als Fortschritt in der Abarbeitung unserer ursprünglichen Fragestellung gemeint sein. Sie ist aber insofern problematisch, als sie, indem sie den möglichen Erfolg politischer Eingriffe unterstellt, weitergehende Fragen abschneidet. Denn, erinnern wir uns, Geld ist Handlungsorientierung für rational agierende Politiker ebenso wie für kriminelle Börsenspekulanten. Der wachsenden Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Steuerung, wie Kellermann sie im Auge hat, stehen, worauf Fritz Fiehler (2000: 223) hingewiesen hat, abnehmende Wertmaßstäbe und zunehmende Probleme in der gesellschaftlichen Willensbildung gegenüber.
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Bammé, A. (2007). Vom Fetisch zum Simulakrum. In: Kellermann, P. (eds) Die Geldgesellschaft und ihr Glaube. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90573-0_14
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