Auszug
Seit Ende des Kalten Krieges sieht sich die westliche Staatengemeinschaft „neuen“, äußerst komplexen Konflikten gegenüber. Während die USA und die Sowjetunion bis in die 1990er eine Reihe schwacher Staaten wie Afghanistan aus strategischen Gründen stützten, schwand mit der Rivalität der beiden Supermächte auch die Stabilität des internationalen Staatensystems: Für die Vereinigten Staaten bestand nicht mehr das Erfordernis, fragile Regime aufrechtzuerhalten und Stellvertreterkriege auszufechten, der ehemaligen UdSSR fehlte dazu schlicht die Fähigkeit. „Denied such support, (...) these states disintegrated“ (Dobbins 2003: XIV). Diese schwachen oder zerfallenden Staaten entwickelten sich zu einem gravierenden Sicherheitsrisiko. Ob unkontrollierte Zuwanderung, Drogenschmuggel, organisierte Kriminalität, Proliferation von Massenvernichtungswaffen oder transnationaler Terrorismus - das Konfliktpotential von „failing states“ ist für den Westen nicht zu unterschätzen. In den betroffenen Ländern selbst zeigt sich die Lage für die Menschen nicht minder verheerend: Sie sehen sich ökonomischen, politischen und ökologischen Krisen, Hunger, Gewalt und Vertreibung ausgesetzt. Sogar der Staat selbst ist mancherorts eine Bedrohung für seine eigenen Bürger. Die Schwäche von Staaten zeitigt ob ihrer globalen Auswirkungen für die internationale Politik im neuen Jahrtausend eine immense strategische Herausforderung. Die Frage nach Erfolg versprechenden Konzepten und Methoden stellt sich daher immer dringlicher: Wie lässt sich ein überlebensfähiger Staat aufbauen?
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
Anderson, Benedict, 1993, Die Erfindung der Nation, Frankfurt/Main.
Anter, Andreas, 2003, Im Schatten des Leviathan — Staatlichkeit als Ordnungsidee und Ordnungsinstrument, in: Bendel, Petra/ Croissant, Aurel/ Rüb, Friedbert W. (Hrsg.), Demokratie und Staatlichkeit — Systemwechsel zwischen Staatsreform und Staatskollaps, Opladen, S. 35–55.
Assmann, Alida, 1998, Die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen. Nationale Diskurse zwischen Ethnisierung und Universalisierung, in: Bielefeld, Ulrich/ Engel, Gisela (Hrsg.), Bilder der Nation — Kulturelle und politische Konstruktionen des Nationalen am Beginn der europäischen Moderne, S. 379–401.
Assmann, Jan, 1988, Kollektives Gedächtnis und kulturelle Identität, in: Ders./Hölscher T., Kultur und Gedächtnis, Frankfurt/Main, S. 9–19.
Bell, Wendell/ Freeman, Walter E., 1974, Ethnicity and nation-building: comparative, international, and historical perspectives, Beverly Hills.
Bendel, Petra/ Krennerich, Michael, Staat und Rechtsstaat in jungen Demokratien — eine Problemskizze, in: Bendel, Petra/ Croissant, Aurel/ Rüb, Friedbert W. (Hrsg.), Demokratie und Staatlichkeit — Systemwechsel zwischen Staatsreform und Staatskollaps, Opladen, S. 9–35.
Benz, Arthur, 2001, Der moderne Staat: Grundlagen der politologischen Analyse, München.
Böckenförde, Ernst-Wolfgang, 1999, Staat, Nation, Europa: Studien zur Staatslehre, Verfassungstheorie und Rechtsphilosophie, Frankfurt/Main.
Debiel, Tobias/ Klingebiel, Stephan/ Mehler, Andreas/ Schneckener, Ulrich, 2005, Zwischen Ignorieren und Intervenieren — Strategien und Dilemmata externer Akteure in fragilen Staaten, Policy Paper 23, Stiftung Entwicklung und Frieden, Bonn.
Debiel, Tobias, 2003, Staatsversagen, Gewaltstrukturen und blockierte Entwicklung: Haben Krisenländer noch eine Chance?, in: APuZ, B 13–14, S. 15–23.
Dobbins, James, 2003, America’s Role in Nation-Building: From Germany to Iraq, Santa Monica.
Ehrhart, Hans-Georg, 2004, Bedrohung Staatszerfall — Antwort Nation-building?, in: Weller, Christoph/ Ratsch, Ulrich/ Schoch, Bruno/ Hauswedell, Corinna (Hrsg.), Friedensgutachten 2004, Duisburg/Heidelberg/Hamburg/Frankfurt/Main/Bonn, S. 52–61.
Erdmann, Gero, 2003, Apokalyptische Trias: Staatsversagen, Staatsverfall und Staatszerfall — strukturelle Probleme der Demokratie in Afrika, in: Bendel, Petra/ Croissant, Aurel/ Rüb, Friedbert W. (Hrsg.), Demokratie und Staatlichkeit — Systemwechsel zwischen Staatsreform und Staatskollaps, Opladen, S. 267–293.
Etzioni, Amitai, 2004, A self-restrained approach to nation-building by foreign powers, in: International Affairs 80,I, S. 1–17.
Fukuyama, Francis, 2004, Staaten bauen — Die neue Herausforderung der internationalen Politik, Berlin.
Gellner, Ernest, 1964, Thought and Change, London.
Gellner, Ernest, 1995, Nationalismus und Moderne, Hamburg.
Gellner, Ernest, 1997, Nationalismus. Kultur und Macht, Frankfurt a.M.
Goldstone, Jack/ Ulfelder, Jay, 2004–05, How to construct stable democracies, in: The Washington Quarterly, Center for strategic and international studies, Winter 2004–05, Vol. 28, S. 9–20.
Grabendorff, Wolf, 2003, Lateinamerikas unsichere Zukunft, in: APuZ, B 38–39, S. 3–5.
Gusy, Christoph, 1987, Legitimität im demokratischen Pluralismus, Stuttgart.
Heckmann, Friedrich, 1992, Ethnische Minderheiten, Volk und Nation, Stuttgart
Hippler, Jochen, 2004, Gewaltkonflikte, Konfliktprävention und Nationenbildung — Hintergründe eines politischen Konzepts, in: Ders. (Hrsg.), Nation-Building — ein Schlüsselkonzept für friedliche Konfliktbearbeitung?, Bonn, S. 14–31.
Jackson, Robert H., 1990, Quasi-States: sovereignity, international relations, and the Third World, Cambridge.
Kaplan, Robert D., 2000, The coming anarchy, New York.
Krasner, Stephen D./ Pascual, Carlos, 2005, Addressing State Failure, in: Foreign Affairs, Volume 84 No. 4, S. 153–163.
Krennerich, Michael, 2003, Demokratie in Lateinamerika — eine Bestandsaufnahme nach der Wiedergeburt vor 25 Jahren, in: APuZ, B 38—39, S. 6–14.
Krumwiede, Heinrich-W., 1998, Regulierungsmöglichkeiten von Bürgerkriegen: Fragen und Hypothesen, in: ders./Waldmann, Peter (Hrsg.), Bürgerkriege: Folgen und Regulierungsmöglichkeiten, Baden-Baden, S. 37–61.
Lange, Klaus, 2004, Einführung, in: Hanns-Seidl-Stiftung (Hrsg.), „Failing States“ — Ursachen, Verlaufsformen, Sicherheitsprobleme, Politische Studien 393, München, S. 19–21.
Mair, Stefan, 2004, Intervention und „state failure“: Sind schwache Staaten noch zu retten?, in: IPG 3/2004, S. 82–98.
Richter, Solveig, 2005, Frieden schaffen mit den Waffen der Demokratie? Theorie und Praxis von Demokratisierung als Friedensstrategie, in: Zeitschrift für internationale Beziehungen, ZIB 1/2005, S. 77–111.
Rokkan, Stein, 1970, Die vergleichende Analyse der Staaten-und Nationenbildung, in: Zapf, W., Theorien des sozialen Wandels, Köln, S. 228–252.
Salih, Khaled, 1996, State-Making, Nation-Building and the Military, Göteborg,.
Schlichte, Klaus/ Wilke, Boris, 2000, Der Staat und einige seiner Zeitgenossen. Die Zukunft des Regierens in der „Dritten Welt“, in: Zeitschrift für internationale Beziehungen, 7/2000, S. 359–384.
Schneckener, Ulrich, 2004, States at Risk — Zur Analyse fragiler Staatlichkeit, SWP, Berlin.
Schulze, Hagen, 1994, Staat und Nation in der europäischen Geschichte, München.
Schulze, Hagen, 2004, Europa: Nation und Nationalstaat im Wandel, in: Weidenfeld, Werner (Hrsg.), Die Europäische Union — Politisches System und Politikbereiche, Bonn, S. 49–81.
Steiger, Heinhard, 2002, Geht das Zeitalter des souveränen Staaates zu Ende?, in: Der Staat, Zeitschrift für Staatslehre und Verfassungsgeschichte, deutsches und europäisches öffent-liches Recht, 41. Band, 2002, Heft 1/4, S. 331–357.
Tull, Denis M., 2005, Stabilisierungsstrategien in Failing states, SWP, Berlin.
Van Edig, Helmut, 2004, Nation-Building: Eine Strategie für regionale Stabilisierung und Konfliktprävention, in: Hippler, Jochen (Hrsg.), Nation-Building — ein Schlüsselkonzept für friedliche Konfliktbearbeitung?, Bonn, S. 215–232.
Waldmann, Peter, 1998, Bürgerkrieg — Annäherung an einen schwer faßbaren Begriff, in: Krumwiede, Heinrich W./ Waldmann, Peter (Hrsg.), Bürgerkriege: Folgen und Regulierungsmöglichkeiten, Baden-Baden, S. 15–37.
Waldmann, Peter, 2000, Bildung von Nationalstaaten im 19. Jahrhundert, in: Informationen zur politischen Bildung, Nr. 226, S. 13–16.
Wilke, Boris, 2004, Staatsbildung in Afghanistan?, SWP, Berlin.
Zinecker, Heidrun, 2001, State-building und/oder Nation-building? Konsequenzen für nichtstaatliche Gewaltakteure in Kolumbien und El Salvador, in: Gärtner, Peter (Hrsg.), Staatlichkeit im Epochenbruch? Antworten aus der Perspektive des Südens und Ostens, Hamburg, S. 135–158.
Author information
Authors and Affiliations
Editor information
Rights and permissions
Copyright information
© 2007 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Bürger, A. (2007). Nation-building und state-building Zur empirischen Fruchtbarkeit eines politischen Ordnungskonzeptes. In: Straßner, A., Klein, M. (eds) Wenn Staaten scheitern. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90554-9_2
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-90554-9_2
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-15407-7
Online ISBN: 978-3-531-90554-9
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)