Auszug
Seit dem Beginn der 90er Jahre lässt sich eine Zunahme staatlicher Zerfallsprozesse beobachten. Failing states — scheiternde bzw. zerfallende Staaten — wurden geradezu zu einem Kennzeichen der neuen Ära nach dem Kalten Krieg. Mit dem gewaltsamen Auseinanderbrechen Jugoslawiens rückte dieses Phänomen auch in Europa zeitweise ins Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit. Seitdem die kriegerischen Auseinandersetzungen auf dem Balkan beendet sind und Staatszerfallsprozesse nur mehr an der Peripherie des Kontinents — vornehmlich im Kaukasus — zu beobachten sind, hat das Thema jedoch scheinbar an unmittelbarer Brisanz für Europa verloren. Es wird nun vor allem als ein Problem der Entwicklungs- und Schwellenländer aufgefasst. Diese Sichtweise trügt. Schließlich stehen staatliche Zerfallsprozesse in engem Zusammenhang mit den neuen transnationalen Sicherheitsbedrohungen: internationaler Terrorismus, Waffen-, Drogen- und Menschenschmuggel, illegale Immigration sind teils Ursache, teils Folge scheiternder Staatlichkeit. Konsequenterweise führt die Europäische Sicherheitsstrategie, die im November 2003 unter Federführung Javier Solanas entstand, failing states und deren spill-over-Effekte als eine der „Hauptbedrohungen“ auf, denen das Europa des neuen Jahrtausends ausgesetzt sei (Europäische Sicherheitsstrategie 2003).
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Literatur
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Straßner, A., Klein, M. (2007). Staatszerfall — ein neuer Untersuchungsgegenstand?. In: Straßner, A., Klein, M. (eds) Wenn Staaten scheitern. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90554-9_1
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