Auszug
Der cartesianische Ausgangspunkt der klassischen Erkenntnistheorie wurzelte in einer Kritik der Möglichkeit, über die Sinneserfahrung zu verlässlichen, das heißt wahren, Aussagen zu kommen. Wenngleich eine solche Kritik seit der Antike bekannt war, spielt sie bei Descartes insofern eine prominente Rolle, als er damit auf den entscheidenden Anteil des Verstandes im Erkenntnisprozess verweisen kann. Dennoch suspendiert Descartes die Sinneserfahrung nicht grundsätzlich. Mit seinem Dualismus zementiert er die Frontstellung eines Subjektes gegenüber einem Objekt, wobei das Subjekt Informationen über die ‚res extensa’ immer auch mittels der sensuellen Erfahrung erhält. Die Philosophen nach ihm arbeiten sich dann in verschiedenen Fassungen an der durch Descartes vorgegebenen Subjekt-Objekt-Dichotomie ab. Und wenngleich die rationalistische Tradition die aktiven Potentiale, die das Subjekt notwendig mitbringen muss, will es zu wahren Aussagen kommen, betont, bleibt eine Restpassivität erhalten, die sich durch die Reize seitens des Objektes manifestiert. Selbst Kant, der mit seiner Drehung der Subjekt-Objekt-Achse das Subjekt pointiert als aktives und autonomes Subjekt konzipiert, hält sich die Hintertür eines Anstoßes durch die bewusstseinsunabhängige Außenwelt in Form des ‚Ding an sich’ offen. Und Fichte, der durch die Positionierung des Subjektes am Ausgangspunkt seiner Deduktionen die Subjektstellung nochmals radikalisiert, sieht sich vor dem Problem, die Aktivität des Subjektes durch das Nicht-Ich begrenzt zu sehen, so dass aufwendige Theoriekonstruktionen notwendig werden, um diesem Problem entgehen zu können.
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© 2007 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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(2007). Die erfundene Wirklichkeit: Der Radikale Konstruktivismus. In: Erkenntniskritische Sozialisationstheorie. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90553-2_6
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-90553-2_6
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