Skip to main content

Sozialpsychologische Faschismuskonzeptionen

  • Chapter
Faschismus
  • 1561 Accesses

Auszug

Wilhelm Reich498 hat seinen Klassiker „Massenpsychologie des Faschismus“499 nach eigenen Aussagen „im Verlaufe des Anwachsens der reaktionären Flut in Deutschland in den Jahren 1930 bis 1933“500 geschrieben. Im Nachwort zur zweiten Auflage, 1934 erschienen, teilt er dem Leser mit, es sei von sachlichem Interesse, „dass die Publikation dieses Buches, im besonderen die Feststellung der erlittenen Niederlage (der sozialistischen Arbeiterbewegung, R.S.) meinen Ausschluss aus der kommunistischen Partei zur Folge hatte; die Begründung lautete, meine Anschauungen wären ‚konterrevolutionär‘“.501 Wer Reichs Studie auf dem Hintergrund der zwischen 1930 und 1933 im kommunistischen Lager immer noch kanonisierten Sozialfaschismusthese502 liest, kann sich über diese Entwicklung nicht wundern: Sie verstieß so ziemlich gegen alle ideologischen Tabus jener Zeit, welche die kommunistische Generallinie für sakrosankt erklärte: seine Weigerung, die Massenbasis des Faschismus als bloßes Produkt kapitalistischer Propaganda einzustufen und den Zulauf zur NSDAP lediglich als Ausfluss einer Psychose zu deuten; sein Vorschlag, endlich den „subjektiven Faktor“ in der Geschichte ernst zu nehmen, indem in das Paradigma des Historischen Materialismus die auf der Freudschen Lehre aufbauende sozialpsychologische Dimension der faschistischen Massenbasis integriert wird; sein Postulat schließlich, die mechanistische Zuordnung des „Überbaus“ zur sozio-ökonomischen „Basis“ zu revidieren. Und selbst seine mit den Kommunisten geteilte prinzipielle Gegnerschaft zur Sozialdemokratie milderte Reich insofern ab, als er im Nachwort zur zweiten Auflage den Kampf reformistischer Arbeiter in Österreich gegen den Austrofaschismus im Februar 1934 lobend erwähnte503: Er hatte ihn so beeindruckt, dass er ihn durch die Widmung der zweiten Auflage seiner „Massenpsychologie des Faschismus“ mit den Worten würdigte: „Dem Andenken der gefallenen österreichischen Kämpfer für die sozialistische Zukunft“.504

502 Vgl. Kapitel II, z§ 1 u. 2.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 39.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 39.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Preview

Unable to display preview. Download preview PDF.

Unable to display preview. Download preview PDF.

Literatur

  1. Wilhelm Reich, österreichische Psychoanalytiker, wurde am 24.3.1897 in Dobrczynica (Galizien) geboren; er starb am 3.11.1957 in Lewisburg (Pa). Seit 1922 Leiter des Wiener Seminars für psychoanalytische Therapie, entfernte er sich durch die Übernahme marxistischer Gedanken von den Hauptvertretern der Psychoanalyse und ging 1939 in die USA. Reich hob die repressive Funktion von Familie und Gesellschaft hervor, die ihre autoritäre Ordnung vor allem durch sexuelle Unterdrückung (Monogamie, Inzestverbot) aufrechterhalte. Er entwickelte eine spekulative „Orgon“-Theorie (Biophysikalische Allkraft) und wurde wegen entsprechender Praktiken als Kurpfuscher verurteilt. Reich starb in Haft. Seine Gedanken wurden in den sechziger Jahren von der „Neuen Linken“ aufgegriffen (Quelle: Der große Brockhaus, 18. Aufl., Bd. 18, S. 84).

    Google Scholar 

  2. Vgl. Deleuze/ Guattari 1974, S. 153 u. passim; Wippermann 1976, S. 56–58 sowie Theweleit 2005, B. I, passim u. Bd. II, S. 404–405 sowie passim.

    Google Scholar 

  3. Reich 1934, S. 10.

    Google Scholar 

  4. A.a.O., S. 279.

    Google Scholar 

  5. Reich 1934, S. 281.

    Google Scholar 

  6. A.a.O., S. 3

    Google Scholar 

  7. A.a.O., S. 11.

    Google Scholar 

  8. Vgl. Freud 1994, S. 77.

    Google Scholar 

  9. Vgl. a.a.O., S. 78.

    Google Scholar 

  10. Vgl. a.a.O., S. 76.

    Google Scholar 

  11. Reich 1934, S. 44.

    Google Scholar 

  12. Ebd.

    Google Scholar 

  13. A.a.O., S. 46.

    Google Scholar 

  14. A.a.O., S. 47.

    Google Scholar 

  15. A.a.O., S. 30.

    Google Scholar 

  16. Vgl. Broszat 1986, S. 13.

    Google Scholar 

  17. Reich 1934, S. 19.

    Google Scholar 

  18. A.a.O., S. 20.

    Google Scholar 

  19. Vgl. Müller-Hegemann 1955.

    Google Scholar 

  20. Wippermann 1975, S. 59.

    Google Scholar 

  21. Vg. Müller-Hegemann 1955, S. 7.

    Google Scholar 

  22. Reich 1934, S.37.

    Google Scholar 

  23. A.a.O., S. 50.

    Google Scholar 

  24. A.a.O., S. 50f.

    Google Scholar 

  25. A.a.O., S. 84–90.

    Google Scholar 

  26. A.a.O., S.120.

    Google Scholar 

  27. A.a.O., S. 127.

    Google Scholar 

  28. A.a.O., S. 94.

    Google Scholar 

  29. Erich Fromm, Psychoanalytiker und Schriftsteller, wurde am 23.3.1900 in Frankfurt am Main geboren; er starb am 18.3.1980 in Muralto bei Locarno. Fromm arbeitete zunächst am Frankfurter Institut für Sozialforschung und emigrierte 1934 in die USA, wo er 1940 eingebürgert wurde. Professor ab 1935 u.a. an der Michigan State University, an der Universidad Nacional Autonoma de Mexiko und an der New York University, enwickelte Fromm eine psychotherapeutische Methode, die sich vorwiegend auf Verschmelzung von Psychoanalyse und marxistischer Soziologie stützt. Wegen seiner kritischen Einstellung gegenüber Sigmund Freud wird er zu den Neopsychoanalytikern gezählt (Quelle: Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Bd. 7, S. 694).

    Google Scholar 

  30. Fromm 2005, S. 11. Die deutsche Übersetzung wurde verglichen mit Fromm 1971.

    Google Scholar 

  31. A.a.O., S. 12.

    Google Scholar 

  32. A.a.O., S. 13.

    Google Scholar 

  33. Ebd.

    Google Scholar 

  34. Vgl. Freud 1974, S. 76.

    Google Scholar 

  35. Fromm 2005, S. 15.

    Google Scholar 

  36. Ebd.

    Google Scholar 

  37. A.a.O., S. 74.

    Google Scholar 

  38. Ebd.

    Google Scholar 

  39. A.a.O., S. 85.

    Google Scholar 

  40. A.a.O., S. 154f.

    Google Scholar 

  41. A.a.O., S. 159.

    Google Scholar 

  42. Vgl. a.a.O., S. 162–173.

    Google Scholar 

  43. Vgl. Saage 1981, passim.

    Google Scholar 

  44. Vgl. a.a.O., S. 23–38.

    Google Scholar 

  45. Vgl. neuerdings Saage 2005, S. 120–127.

    Google Scholar 

  46. Vgl. Adorno/ Frenkel-Brunswik/ Levinson/ Sanford 1982, passim.

    Google Scholar 

  47. Neumann 1977, S. 117.

    Google Scholar 

  48. Weber 1964, S. 179.

    Google Scholar 

  49. Vgl. Saage 1981, S. 23–61.

    Google Scholar 

  50. Neumann 1977, S. 124f.

    Google Scholar 

  51. A.a.O., S. 130.

    Google Scholar 

  52. Ebd.

    Google Scholar 

  53. Ebd.

    Google Scholar 

  54. Neumann 1967, S. 200.

    Google Scholar 

  55. A.a.O., S. 200f.

    Google Scholar 

  56. A.a.O., S. 201.

    Google Scholar 

  57. Mason 1968, S. 195.

    Google Scholar 

  58. Vgl. Kapitel II, § 4 sowie Horrn 1974, S. 173.

    Google Scholar 

  59. Vgl. Neumann 1977, S. 153–158. Vgl. hierzu auf erweiterter Quellenbasis Aly 2005.

    Google Scholar 

  60. A.a.O., S. 159.

    Google Scholar 

  61. Vgl. hierzu die erschütternde Dokumentation bei Levi 2006.

    Google Scholar 

  62. A.a.O., S. 163.

    Google Scholar 

  63. Ebd.

    Google Scholar 

  64. A.a.O., S. 158.

    Google Scholar 

  65. Neumann 1967, S. 190.

    Google Scholar 

  66. Bauer 1976, S. 137f.

    Google Scholar 

  67. Klaus Theweleit, geboren 1942 in Ostpreußen, studierte Germanistik und Anglistik und lebt heute als freier Publizist und Dozent in Freiburg im Breisgau. 2003 wurde er mit dem Johann-Heinrich-Merck-Preis der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung ausgezeichnet (Quelle: Theweleit 2005, S. 2).

    Google Scholar 

  68. Vgl. Stelly/ Brock 1977; Augstein 1977; Baier 1978; Kunert 1978; Stelly 1978, Pietzker 1979, S. 936–942.

    Google Scholar 

  69. Theweleit 2005, Bd. I, S. 1–509.

    Google Scholar 

  70. Theweleit 2005, Bd. II, S. 1–460.

    Google Scholar 

  71. Theweleit 2005, Bd. I, S. 33.

    Google Scholar 

  72. Ebd.

    Google Scholar 

  73. Ebd.

    Google Scholar 

  74. Theweleit 2005, Bd. I, S. 33.

    Google Scholar 

  75. Ebd.

    Google Scholar 

  76. Ebd.

    Google Scholar 

  77. Vgl. Canetti 1960 und Canetti 1972.

    Google Scholar 

  78. Vgl. Deleuze/ Guattari 1974.

    Google Scholar 

  79. Theweleit 2005, Bd. I, S. 114.

    Google Scholar 

  80. A.a.O., Bd. II, S. 248f.

    Google Scholar 

  81. A.a.O., S. 374.

    Google Scholar 

  82. A.a.O., S. 375.

    Google Scholar 

  83. Horn 1974, S. 175.

    Google Scholar 

Download references

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2007 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

(2007). Sozialpsychologische Faschismuskonzeptionen. In: Faschismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90551-8_8

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-90551-8_8

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-15387-2

  • Online ISBN: 978-3-531-90551-8

  • eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)

Publish with us

Policies and ethics