Auszug
Die Totalitarismustheorie ist keine Erfindung westlicher Intellektueller, um in der Zeit des Kalten Krieges kommunistische Herrschaftssysteme als freiheitsfeindlich zu stigmatisieren: Sie ist nämlich so alt, wie die älteste Variante des Faschismus, nämlich die Diktatur Mussolinis, selbst.260 Die Autoren, die das faschistische Regime in Italien bereits in den 1920er Jahren als „totalitär“ bezeichneten, reichen von Hermann Heller und Filippo Turati über Palmiro Togliatti bis hin zu Giovanni Amendola und Luigi Sturzo. Besonders Amendola und Sturzo haben in ihren Versuchen, das faschistische Regime in Italien als „totalitär“ zu charakterisieren, wichtige Stichwörter für die später entwickelten „klassischen“ Totalitarismustheorien geliefert. Amendola betonte die tödliche Bedrohung, die der liberalen Demokratie nicht nur vom Totalitarismus des faschistischen Italiens, sondern auch von der kommunistischen Sowjetunion drohe. Beide Regime schickten sich an, „die mehr als hundertjährigen Grundlagen des modernen Lebens umzustürzen“. In Kommunismus und Faschismus sah er „eine ‚totalitäre Reaktion auf Liberalismus und Demokratie“.261 Und Luigi Sturzo, der Gründer des Partito Popolare Italiano, stellte die neuartige Gewaltkonzentration in Gestalt des italienischen Faschismus heraus, ebenfalls in Konfrontation mit den liberalen Werten der westlichen Demokratie: „Der Instinkt der Selbsterhaltung treibt den Fascismus zur Errichtung eines Gewaltsystems, das der einzige und ausschließliche Ausdruck des Landes sein soll. Das führt zur Unterdrückung seines Gegners um jeden Preis. Die Gegner werden unter dem Namen Antifascismus zusammengefaßt. Dies Wort hat keinen eigentlichen Sinn, weil es Menschen, Parteien, Richtungen, Ideen von großer Verschiedenheit, ja völlig widersprechender Art zusammenfasst. Es hat aber wohl einen bestimmten Sinn, wenn es als der Gegenpol der eigenen Totalitäts- und Absolutismusstellung des Fascismus (...) verstanden wird, nämlich als Forderung und Betonung des Freiheitsprinzips“.262
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Literatur
Zur Geschichte der Totalitarismustheorie vgl. grundlegend Jänicke 1971.
Zit. n. Petersen 1996, S. 22.
Zit. n. a.a.O., S. 23.
Zit. n. a.a.O., S. 29.
A.a.O., S. 30.
Ebd.
Schlangen 1976, S. 19.
Ebd.
Schlangen 1976, S. 18.
Bracher 1980, S. 20.
Hannah Arendt, amerikanische Gesellschafts-und Politikwissenschaftlerin deutscher Herkunft, wurde in Hannover am 14.10.1906 geboren und starb in New York am 4.12.1974. Schülerin u.a. von M. Heidegger, E. Husserl und K. Jaspers, musste sie als Jüdin Deutschland 1933 verlassen, ging zunächst nach Frankreich und 1940 in die USA. 1963–1967 war sie Professorin in Chicago, seitdem in New York. Sie befasste sich u.a. mit dem Totalitarismus, trat aber auch mit Veröffentlichungen in deutscher und englischer Sprache zu politisch-philosophischen Grundsatzfragen hervor (Quelle: Brockhaus Enzyklopädie, 22. Auflage, Bd. 2, S. 89).
Vgl. u.a. Schlangen 1976, S. 45.49; Gess 1995, S. 331–343; Schönherr-Mann 2006.
Arendt 1974, S. 135.
Ebd.
Vgl. insbesondere Popper 1992.
Arendt 1974, S. 136.
A.a.O., S. 147.
A.a.O., S. 153.
Ebd.
A.a.O., S. 145f.
A.a.O., S. 159.
Ebd.
Kershaw 2002, S. 45.
A.a.O., S. 46.
Der amerikanische Politikwissenschaftler deutscher Herkunft Carl Joachim Friedrich wurde am 5. 6. 1901 in Leipzig geboren und starb am 22.9.1984 in Lexington (Mass.). Seit 1922 in den USA, lehrte er von 1927 bis 1971 an der Harvard University, von 1956 bis 1966 an der Universität Heidelberg. Er befasste sich mit den Grundlagen und der Entwicklung des heutigen Verfassungsstaates (Quelle: Brockhaus Enzyklopädie, Bd. 7, 22. Auflage, S. 580).
Zbigniew Brzezinski, amerikanischer Politikwissenschaftler polnischer Herkunft, wurde in Warschau am 28.3.1928 geboren. 1949 in den USA naturalisiert, wurde er 1961 Direktor des Instituts für kommunistische Angelegenheiten an der Columbia University. 1962 dort zum ordentlichen Professor aufgestiegen, gehörte er von 1966 bis 1968 dem politischen Planungsstab des amerikanischen Außenministeriums an. 1977–81 leitete er unter Präsident J. Carter den Nationalen Sicherheitsrat (Quelle: Brockhaus Enzyklopädie, 22. Auflage, Bd. 4, S. 72).
Vgl. Friedrich/ Brzezinski 1974, S. 601–603.
A.a.O., S. 605.
Ebd.
A.a.O., S. 606.
A.a.O., S. 609.
A.a.O., S. 607.
A.a.O., S. 608.
Ebd.
A.a.O., S. 609f.
A.a.O., S. 610f.
A.a.O., S. 614.
A.a.O., S. 616.
Vgl. Fraenkel 1969, S. 165–189.
Kershaw 2002, S. 46.
Ebd.
Karl Dietrich Bracher, Politikwissenschaftler, wurde am 13.3.1922 in Stuttgart geboren. Seit 1959 war er Professor für politische Wissenschaften und Zeitgeschichte in Bonn, von 1962–68 Vorsitzender der Kommission für Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien, wissenschaftlicher Leiter der Dokumente zur Deutschland-Politik (seit 1972), Vorsitzender des Beirats des Instituts für Zeitgeschichte (seit 1980), mit H. P. Schwarz Herausgeber der „Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte“. Neben Forschungen zur Weimarer Republik und zum Nationalsozialismus traten Untersuchungen zur Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (Quelle: Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Bd. 3, S. 594).
Vgl u.a. Kershaw 2002, S. 27–38.
Bracher 1980, S. 43.
Bracher 1981, zit. n. Funke 1989, S. 182.
Vgl. Bracher 1980, S. 42f.
Bracher 1969, S. 258.
Ebd.
A.a.O., S. 272f.
Zit. n. a.a.O., S. 273.
A.a.O., S. 174.
A.a.O., S. 273.
Hildebrand 1981, S. 73.
Vgl. Hildebrand 1979.
Hildebrand 1981, S. 80f.
Hildebrand 1981, S. 74.
Zit. n. a.a.O., S. 76.
A.a.O., S. 77.
Ebd.
Ebd.
Mommsen 1995, S. 257.
A.a.O., S. 271.
A.a.O., S. 297
Vgl. ebd.
Vgl. Fetscher 1995, S. 245–256.
Mommsen 1996, S. 299f.
Kraushaar 1996, S. 457.
Vgl. Grebing 1971.
Kershaw 2002, S. 376.
Vgl. Kraushaar 1996, S. 467f.
Marx 1970, S. 226.
Kershaw 2002, S. 146.
Nolte 1979, S. 55.
Jäckel 1981, S. 7.
Kershaw 2002, S. 145.
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(2007). Der totalitarismustheoretische Ansatz. In: Faschismus. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90551-8_5
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