Auszug
Bei häuslicher Gewalt besteht einerseits eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass Kinder selbst unmittelbar Opfer häuslicher Gewalt werden, andererseits sind Mädchen und Jungen immer schwer belastet durch das Miterleben von Gewalt in ihrer Familie (s. Kindler in diesem Band). Das öffentliche Bekanntwerden von häuslicher Gewalt, sei es dadurch, dass eine Frau in ein Frauenhaus geht, sei es dadurch, dass sie um Schutz im Rahmen des Gewaltschutzgesetzes nachsucht, oder sei es auf anderen Wegen, ist deshalb, wenn Kinder beteiligt sind, strukturell immer ein Indikator für eine mögliche Kindeswohlgefährdung und sollte deshalb die Kinder- und Jugendhilfe in ihren präventiven, ihren unterstützenden und ihren schützenden Funktionen aktivieren:
„Partnerschaftsgewalt ist ein sicherer Indikator für Hilfebedarf nach dem SGB VIII. Dem wird sich auch die Kinder- und Jugendhilfe offensiver zu stellen haben, als sie das möglicherweise noch vor dem Gewaltschutzgesetz getan hat.“ (Meysen 2004: 66) Dabei bleibt zunächst offen, wie die Kinder- und Jugendhilfe diese Funktion wahrnehmen soll und welche Leistungen oder Maßnahmen im Einzelf all angezeigt sind. Wichtig ist dabei auch, dass die Aktivitäten der Kinder- und Jugendhilfe nicht den notwendigen Schutz ihrer Mütter vor häuslicher Gewalt konterkarieren. Der Schutz vor häuslicher Gewalt kann nur in koordinierten Konzepten entwickelt werden, in denen nicht etwa Verfahrensregelungen die häufig entscheidend gebotene Schnelle von Handlungen und Maßnahmen torpedieren. Derzeit kann allerdings noch mit Thomas Meysen konstatiert werden:
„Weder Polizeirecht noch Sozialrecht tragen jedoch diesem Umstand Rechnung, dass Gefahrenabwehrbehörden und Hilfesysteme im Kontext von Partnerschaftsgewalt auf Zusammenarbeit angewiesen sind.“ (Meysen 2004: 65 f)
Im Folgenden werde ich zunächst allgemein die Aufgaben der Kinder- und Jugendhilfe im Kontext häuslicher Gewalt, der von Frauen öffentlich gemacht wird, indem sie um Unterstützung nachsuchen, charakterisieren; dann einen knappen Überblick über das System der Hilfen zur Erziehung geben und schließlich die Frage der Erfordernisse rechtlicher und konzeptioneller Weiterentwicklungen der Kinder- und Jugendhilfe diskutieren im Hinblick auf die Fragestellung einer Verbesserung von Prävention, Unterstützung und Schutz von Kindern bei häuslicher Gewalt.
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Literatur
Birtsch, Vera; Münstermann, Klaus; Trede, Wolfgang (Hrsg.) (2001): Handbuch Erziehungshilfen. Münster
Hartwig, Luise (2005): Handlungsorientierungen zum Schutz von Mädchen und Jungen; in: Forum Erziehungshilfen, 2: 80–83
Meysen, Thomas (2004): Brücken vom Gewaltschutzgesetz zur Kinder-und Jugendhilfe. In: Das Jugendamt, 2: 61–70
Schone, Reinhold; Wagenblass, Sabine (2002): Wenn Eltern psychisch krank sind… Kindliche Lebenswelten und institutionelle Handungsmuster, Münster
Schröer, Wolfgang; Struck, Norbert; Wolff, Mechthild (Hrsg.) (2002): Handbuch der Kinder-und Jugendhilfe. Weinheim/München
Struck, Norbert (2002): Kinder-und Jugendhilfegesetz/SGB VIII. In: Schröer, W.; Struck, N.; Wolff, M. (Hrsg.): Handbuch der Kinder-und Jugendhilfe. Weinheim/München: 529–544
Wabnitz, Reinhard Joachim (2005): Rechtsansprüche gegenüber Trägern der öffentlichen Kinder-und Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch — SGB VIII. Berlin
Weber, Monika (2005): Häusliche Gewalt und die Aufgaben der Jugendämter. In: Forum Erziehungshilfen, 2: 68–73
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Struck, N. (2007). Möglichkeiten der Absicherung von Unterstützungsangeboten für Kinder und Jugendliche bei häuslicher Gewalt — Konsequenzen für die Jugendhilfe. In: Kavemann, B., Kreyssig, U. (eds) Handbuch Kinder und häusliche Gewalt. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90550-1_34
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