Auszug
Die Innere Sicherheit, über die hier gesprochen wird, muss nach meinem Dafürhalten gedanklich stets in Anführungszeichen gesetzt werden. Denn eine zentrale Aufgabe kriminologischer Wissenschaft besteht darin, das mit dem Begriff gemeinte Konzept kritisch zu betrachten, nicht als verbindliche Vorgabe zu übernehmen. Zur Kritik gehört zunächst die Betonung der illusionären Komponente. Visionen können fruchtbar sein, Illusionen hingegen schaden nur. Zu ihnen zählt aber der Glaube, Sicherheit erreichen zu können. Wir alle wissen im Grunde, dass es in der Geschichte der Menschheit nie Sicherheit gegeben hat und dass sie selbst unter den Bedingungen nur relativer Handlungsfreiheit nicht hergestellt werden kann. Den Preis des Freiheitsverlustes in einem totalen Kontroll- und Überwachungsstaat möchte hoffentlich niemand bezahlen. Des Weiteren führt ein programmatisch stimulierter Wunsch nach Sicherheit bekanntlich zu ständig neuen Forderungen. Ein Ende im Sinne eines erfolgreichen Ausschlusses aller Gefahren — und damit ein Genug — ist ja nie erreichbar. Deswegen schließen sich an jeden neuen Skandalfall neue Interventionswünsche an. Das Konzept der Inneren Sicherheit ist ein Legitimationskonstrukt. Es können zusätzliche Grundrechtseinschränkungen vorgenommen werden, ohne dass deren Wirksamkeit und Notwendigkeit immer hinreichend geprüft werden. Um die Bedeutung des mit Innerer Sicherheit Gemeinten zu erschließen, bedarf es letztlich der Analyse des gesamten Welt- und Gesellschaftsbildes, das — unterschiedlich konkret — mitgedacht wird. Im Extrem kommen wir, wie gesagt, zum Polizeistaat.
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© 2007 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Walter, M. (2007). Innere Sicherheit und die Zukunft der Kriminologie —einige Anmerkungen—. In: Liebl, K. (eds) Kriminologie im 21. Jahrhundert. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90538-9_14
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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