Auszug
Die Frage nach dem Wesen von Demokratie gehört in der politischen wie politikwissenschaftlichen Diskussion sicherlich zu den komplexeren; schließlich lässt sich begriffs- und ideengeschichtlich auf eine lange Tradition demokratietheoretischer und -praktischer Entwicklungen zurückblicken, eine Tradition, die sich alles andere als einheitlich gestaltet hat. Die antike „Demokratie“ griechischer Stadtstaaten und die sie begleitende normative Theoriebildung haben nur wenig gemeinsam mit den sich allmählich entwickelnden „Flächendemokratien“ der Neuzeit und der ihnen in der Regel vorausgehenden „modernen“ Erörterung von demokratierelevanten Theorieaspekten. Die vertraut gewordenen nationalstaatlich verfassten Demokratien, wie sie sich erst im Europa des 20. Jahrhunderts allmählich und — an dessen Ende — in zuvor nicht gekannter geographischer Reichweite durchgesetzt haben, scheinen wiederum deutlich anderen Prinzipien und Erfordernissen zu folgen, als sie im Zeitalter transnationaler Politik im allgemeinen und im Zusammenhang mit dem Staatsgrenzen relativierenden Projekt europäischer Integration im besonderen noch vorausgesetzt werden können. Aber nicht nur die traditionsreiche Verwendung eines Begriffes für extrem unterschiedliche historische Situationen ist problematisch: Auch seine unablässige (und regelmäßig unreflektierte) Verwendung im alltäglichen wie oft auch wissenschaftlichen Sprachgebrauch für nahezu jeglichen politischen Kontext erschwert seine Fassbarkeit, wird doch der Bedeutungsgehalt von „Demokratie“ dadurch eher verschleiert als erhellt.
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Literatur
Vgl. demgegenüber Czada (2000), der sich mit dem Ziel, die Erklärungskraft des verhandlungsdemokratischen Konzepts zu erhalten, für die analytische Differenzierung zwischen parteipolitischer Konkordanz, neokorporatistischer Verbändeeinbindung und konstitutionellen Vetostrukturen ausspricht. In der Tat blieben korporatistische Formen der Interessenvermittlung nicht auf Proporzdemokratien beschränkt.
Indes blieb die Wahlberechtigung (bis heute) an die Staatsbürgerschaft gebunden; nicht zuletzt darüber zementierte sich die Selbstverständlichkeit von national definierten Ein-und Ausgrenzungen demokratischen Regierens in Verbindung mit kollektiven Identitätskonstruktionen (auch) in der Demokratietheorie für lange Zeit; vgl. auch Huget 2005.
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© 2007 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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(2007). Demokratische Legitimation politischer Herrschaft. In: Demokratisierung der EU. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90510-5_3
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-90510-5_3
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-15295-0
Online ISBN: 978-3-531-90510-5
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