Auszug
Mit der Bekämpfung des Internationalen Islamistischen Terrorismus durch die Bundesrepublik Deutschland widmet sich dieses Forschungsvorhaben einem illustren Gegenstand. Seine Bedeutung ist offenkundig, nicht nur angesichts der intensiven Reaktion vieler Staaten auf die Anschläge des 11. September 2001. Spätestens seit dem so spektakulären wie folgenreichen Fall der Zwillingstürme gilt der Internationale Islamistische Terrorismus1 als zentrale sicherheitspolitische Herausforderung unserer Zeit. Hatten zuvor nur wenige Politikwissenschaftler die zerstörerische Kraft des militanten Islamismus erkannt, kommt der Auseinandersetzung mit ihr seither eine Schlüsselrolle in der Außen- und Sicherheitspolitik besonders der westlichen Demokratien zu.2 Dabei entfalten Bekämpfungsmaßnahmen, nicht zuletzt weil sie die Grenze zwischen „Äußerer“ und „Innerer“ Sicherheit verwischen, erhebliche Wirkungen auf das Werte- und Rechtssystem sowie die politischen Institutionen einer Gesellschaft.3 Entsprechend umstritten ist der Forschungsgegenstand. Vor jeder Analyse staatlicher Bekämpfungsmaßnahmen sind deshalb die wesentlichen Probleme ihrer wissenschaftlichen Diskussion zu behandeln. Eine knappe Darstellung der Grundannahmen der Studie soll diesen Problemen so weit wie möglich Rechnung tragen.
Zu Beginn von Kapitel II wird die Bezeichnung aus einer Typologie von Terrorismus-Formen hergeleitet.
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Literatur
Zu den prominenten Stimmen zählten u.a. Bassam Tibi, Walter Laqueur und Bruce Hoffman, vgl. Bassam Tibi, The Challenge of Fundamentalism, Berkely 1998; Bruce Hoffman, Terrorismus — der unerklärte Krieg, Frankfurt am Main 2001; Walter Laqueur, Die Globale Bedrohung. Neue Gefahren des Terrorismus, Berlin 1998.
Vgl. Philip B. Heyman, Dealing with Terrorism: An Overview, in: International Security, 26 (2001) 3, S. 24–38, hier S. 38.
Einige Kritiker der Terrorismusbekämpfiing sehen bereits im Begriff eine militaristische Wertung, ohne jedoch bei Begriffen wie „Bekämpfung von Armut“ u.ä. denselben Maßstab anzulegen oder eine alternative, beide Bekämpfungsverständnisse umfassende Begrifflichkeit vorzuschlagen (vgl. u.a. Sebastian Scheerer, Die Zukunft des Terrorismus. Drei Szenarien, Lüneburg 2002, S. 17f.). In Anlehnung an die politische Wirklichkeit und im Sinne einer transparenten, Euphemismen vermeidenden Normativität wird deshalb der Begriff „Bekämpfung“ für die Gesamtheit der gegen Terrorismus gerichteten Maßnahmen gebraucht.
Dies gilt überwiegend für Dokumente der Bundesregierung sowie für den politischen Diskurs im Parlament. Nach anfänglichen Begriffstreitigkeiten setzte sich spätestens mit den „konzeptionellen Festlegungen“ der Bundesregierung aus dem Jahre 2004 die Bezeichnung „Terrorismusbekämpfung“ gegen die ebenso nebulöse wie euphemistische Bezeichnung von Bekämpfungsmaßnahmen als „ATP-Maßnahmen“ durch, vgl. Deutscher Bundestag (Hrsg.), Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage von Abgeordneten der Fraktion der CDU/CSU — Drucksache 15/2868 — Fortführung der Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, Drucksache 15/3142, Berlin 2004.
Vgl. Robert Jervis, An Interim Assessment of September 11: What Has Changed and What Has Not?, in: Political Science Quarterly, 117 (2002) 1, S. 37–54, hier S. 45–50.
Robert Jervis, An Interim Assessment of September 11: What Has Changed and What Has Not?, S. 37.
So Walter Laqueur, Krieg gegen den Westen. Terrorismus im 21. Jahrhundert, München 2002, S. 7.
So etwa Heribert Prantl für das Gebiet der Innen-und Rechtspolitik, vgl. ders., Verdächtig — Der starke Staat und die Politik der inneren Unsicherheit, Hamburg 2002; Harald Müller für das Gebiet der Außen-und Sicherheitspolitik, vgl. ders. Supermacht in der Sackgasse? Die Weltordnung nach dem 11. September, Frankfurt am Main 2003.
Vgl. Thomas Risse, Das große Schweigen? Vier Thesen zum 11. September 2001 und seinen Folgen für das Fach Internationale Beziehungen, Vortrag bei der Sektion „Internationale Politik“ auf dem Kongress der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft, Mainz 2003, S. 2f.
Vgl. Robert Jervis, An Interim Assessment of September 11: What Has Changed and What Has Not?, S. 54.
Uwe Backes/ Eckhard Jesse, Totalitarismus, Extremismus, Terrorismus, Opladen 1984, S. 13.
Vgl. Bassam Tibi, Fundamentalismus im Islam, Darmstadt 2002, S. 2f.
Thomas Risse, Das große Schweigen? Vier Thesen zum 11. September 2001 und seinen Folgen für das Fach Internationale Beziehungen, S. 4.
Für eine Diskussion aktueller Veröffentlichungen siehe u.a. Johannes Urban, Islamistischer Terrorismus versus liberale Demokratie. Deutungen, Verlauf und Auswirkungen eines Weltkonflikts, in: Uwe Backes/ Eckhard Jesse (Hrsg.), Jahrbuch Extremismus & Demokratie, Band 17, Baden-Baden 2005, S. 239–263.
Der Begriff „Schwerpunkt“ wird hier nicht im von Clausewitz entwickelten Verständnis gebraucht. In mehrdimensionalen Systemen existieren mehrere Schwerpunkte, vgl. Chester W. Richards, A Swift, Elusive Sword, Center for Defense Information (CDI), Washington D.C., 2001.
Russel D. Howard/ Reid L. Sawyer (Hrsg.), Terrorism and Counterterrorism. Understanding The New Security Environment, Guilford 2002.
James M. Smith/ William C. Thomas (Hrsg.), The Terrorism Threat and U.S. Government Response: Operational and Organizational Factors, USAF Institute for National Security Studies US Air Force Academy, Colorado 2001.
Gideon Rose/ James F. Hoge Jr. (Hrsg.), How Did This Happen? Terrorism and the New War, Council of Foreign Relations, New York 2001; Craig Calhoun/Paul Price/Ashley Timmer (Hrsg.), Understanding September 11, New York 2002.
Hans Frank/ Kai Hirschmann (Hrsg.), Die weltweite Gefahr, Berlin 2002; Kai Hirschmann/Christian Leggemann (Hrsg.), Der Kampf gegen den Terrorismus. Strategien und Handlungserfordernisse in Deutschland, Berlin 2003.
Werner Weidenfeld (Hrsg.), Herausforderung Terrorismus — Die Zukunft der Sicherheit, Wiesbaden 2004.
Dies gilt für die meisten europäischen Aufsatzsammlungen, vgl. z.B. für Großbritannien Lawrence Freedman (Hrsg.), Superterrorism — Policy Responses, Oxford 2002.
Der Autor verwendet die deutsche Ausgabe, vgl. Bruce Hoffman, Terrorismus — der unerklärte Krieg. Neue Gefahren politischer Gewalt, Frankfurt am Main 2001.
Siehe besonders Walter Laqueur, Terrorismus — die globale Herausforderung, Frankfurt am Main 1987 und Walter Laqueur, Die Globale Bedrohung. Neue Gefahren des Terrorismus, Berlin 1998.
Vgl. u.a. Uwe Backes/ Eckhard Jesse, Totalitarismus, Extremismus, Terrorismus, Opladen 1984; Eckhard Jesse, Politischer Extremismus heute: Islamistischer Fundamentalismus, Rechts-und Linksextremismus, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 46/2001, S. 3–5; Armin Pfahl-Traughber, Islamismus in der Bundesrepublik Deutschland. Ursachen, Organisationen, Gefahrenpotenzial, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, B 51/ 2001. S. 43–53.
David C. Rapoport, Sacred Terror: A contemporary example from Islam, in: Walter Reich (Hrsg.), Origins of Terrorism, New Haven 1990.
Dennoch wäre eine in die Tiefe gehende Analyse der islamistischen Bewegung ohne die religionswissenschaftlichen Arbeiten kaum möglich. Besonders gehaltvoll ist etwa die jüngste Aktualisierung des Standardwerks von Mark Jürgensmeyer, vgl. ders., Terror im Namen Gottes. Ein Blick hinter die Kulissen des gewalttätigen Fundamentalismus, Freiburg 2004.
Tibi gab hier sicher wichtige Anstöße, zuletzt mit ders., Der neue Totalitarismus. „Heiliger Krieg“ und westliche Sicherheit, Darmstadt 2004. Weit verständlicher, da systematisch ging Tibi vor in ders., The Challenge of Fundamentalism, Berkely 1998. Für die bisher lesbarste Anwendung des Konzepts siehe jedoch Paul Berman, Terror and Liberalism, New York 2003. Die neue Relevanz und Akzeptanz des Totalitarismus-Konzepts im Kontext des islamistischen Terrorismus unterstrich zuletzt die Zeitschrift „Internationale Politik“, vgl. Sabine Rosenbladt, Terror: Der neue Totalitarismus (Editorial), in: Internationale Politik, 60 (2005) 11, S. 1.
Zu den Grundlagen des Totalitarismus-Konzepts vgl. insbesondere Eckhard Jesse (Hrsg.), Totalitarismus im 20. Jahrhundert. Eine Bilanz der internationalen Forschung, Baden-Baden 1999; zur Anwendbarkeit auf die islamistische Bewegung siehe u.a. Bernard Lewis, Der Untergang des Morgenlandes, Bergisch Gladbach 2002; Benjamin R. Barber, Jihad vs. McWorld, New York 2001; Bassam Tibi, Der neue Totalitarismus, Darmstadt 2004.
Herangezogen wird neben den grundlegenden Werken Sayid Qutbs u.a. das von Tilman Seidensticker übersetzte „politische Manifest“ Mohammed Attas, vgl. Hans G. Kippenberg/ Tilman Seidensticker (Hrsg.), Terror im Dienste Gottes. Die „Geistliche Anleitung“ der Attentäter des 11. September 2001, Frankfurt am Main 2004.
Siehe Adel Theodor Khoury, Der Islam und die westliche Welt, Darmstadt 2001; Udo Steinbach, Islamischer Terrorismus als intellektuelle Herausforderung?, in: Orient Journal, 2 (2001) 3, S. 28.
Gilles Kepel, Das Schwarzbuch des Dschihad. Aufstieg und Niedergang des Islamismus, München 2002.
Peter L. Bergen, Holy War, Inc. Inside The Secret World of Osama Bin Laden, New York 2001.
Rohan Gunaratna, Inside Al Qaeda. Global Network of Terror, New York 2002.
Vgl. u.a. Jessica Stern, The Protean Enemy, in: Foreign Affairs, 82 (2003) 4, S. 27–41.
Montasser al-Zayyat, The Road to AI-Qaeda. The Story of bin Laden’s Right-Hand Man, London 2004.
Ulfkotte stützt sich vor allem auf Informationen aus Geheimdienst-und Polizeikreisen, was zu erheblichen juristischen Verwicklungen führte. Vgl. Udo Ulfkotte, Der Krieg in unseren Städten, Frankfurt am Main 2003.
Elmar Theveßen, Schläfer mitten unter uns. Das Netzwerk des Terrors in Deutschland, München 2002.
Vgl. zum Beispiel Johannes und Germana von Dohnanyi, Schmutzige Geschäfte und Heiliger Krieg. Al-Qaida in Europa, Zürich 2002.
Siehe u.a. Bundesamt für Verfassungsschutz (Hrsg), Verfassungsschutzbericht 2004, Köln 2005; Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Islamismus, Texte zur Inneren Sicherheit (Band 1), Berlin 2004.
Vgl. u.a. Paul Wilkinson, Terrorism versus Democracy. The Liberal State Response, Portland 2000 und Boaz Ganor, The Counterterrorism Puzzle, New Brunswick/London 2005.
Der Band gibt einen Überblick über Elemente und Defizite der Terrorismusbekämpfung, die Herausgeber vermögen jedoch nicht, die Einzelbeiträge — wie im Untertitel angekündigt — in eine strategische Systematik einzuordnen, vgl. Johannes Urban, Kaum Strategiediskussion — großer Handlungsbedarf, in: Uwe Backes/ Eckhard Jesse (Hrsg.), Jahrbuch Extremismus & Demokratie, Band 16, Baden-Baden 2004, S. 395–396.
Vgl. The White House (Hrsg.), National Strategy To Combat Terrorism, Washington D.C. 2003 und Deutscher Bundestag (Hrsg.), Fortführung der Maßnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus, Drucksache 15/3142, Berlin 2004.
Vgl. statt vieler Brookings Institution (Hrsg.), Protecting the American Homeland, Washington D.C. 2002.
Vgl. RAND Europe (Hrsg.), Quick scan of post 9/11 national counter-terrorism policymaking and implementation in selected European countries, MR 1590, Leiden 2002.
Vgl. Peter Roell, Deutschlands Beitrag zur internationalen Terrorismusbekämpfung, in: Hirschmann/ Leggemann (Hrsg.), Der Kampf gegen den Terrorismus, Berlin 2003.
Vgl. Heribert Prantl, Verdächtig — Der starke Staat und die Politik der inneren Unsicherheit, Hamburg 2002; Harald Müller, Supermacht in der Sackgasse? Die Weltordnung nach dem 11. September, Frankfurt am Main 2003.
Vgl. Markus Rau, Country Report on Germany, in: Christian Walter/ Silja Vöneky/ Volker Röben/ Frank Schorkopf (Hrsg.), Terrorism as a Challenge for National and International Law: Security vs. Liberty?, Heidelberg 2004, S. 311–362.
Bundesakademie für Sicherheitspolitik (Hrsg.), Sicherheitspolitik in neuen Dimensionen. Kompendium zum erweiterten Sicherheitsbegriff, Hamburg 2001.
Vgl. u.a. Carl von Clausewitz (Hrsg.), Vom Kriege (Ausgabe 2003), Erftstadt 2003; Martin Van Creveld, The Transformation of War, New York 1991; John Baylis/James J. Wirtz (Hrsg.), Strategy in the Contemporary World, Oxford 2002.
Vgl. Herfried Münkler, Die neuen Kriege, Reinbeck bei Hamburg 2002.
Herangezogen wurden u.a. Eckhard Jesse, Streitbare Demokratie, Berlin 1980; Josef Isensee, Das Grundrecht auf Sicherheit. Zu den Schutzpflichten des freiheitlichen Verfassungsstaates, Berlin 1983; Erhard Denninger, Freiheit durch Sicherheit? Anmerkungen zum Terrorismusbekämpfungsgesetz, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung „Das Parlament“, B 10–11 2002, S. 22–30; Markus Thiel (Hrsg.), Wehrhafte Demokratie. Beiträge über die Regelungen zum Schutze der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, Tübingen 2003.
Vgl. statt vieler Michael Mousseau, Market Civilization and its Clash with Terror, in: International Security, 27 (2002) 3, S. 5–29.
Vgl. National Commission on Terrorist Attacks upon the United States (Hrsg.), The 9/11 Commission Report, New York 2004.
Vgl. Maria Behrens, Quantitative und qualitative Methoden in der Politikfeldanalyse, in: Klaus Schubert/ Nils Bandelow (Hrsg.), Lehrbuch der Politikfeldanalyse, München 2003, S. 205–238, hier S. 208.
Ebd., S. 213.
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