Anerkennung, Macht und Gemeinsinn Voraussetzungen eines neuen Altersbildes

Auszug

„Je älter wir werden, desto jünger werden wir“ (Luhmann) — mit dieser paradoxen Formulierung kann man gegenwärtige ‘Entstrukturierungen’ der Altersphase auf den Begriff bringen. Die Steigerung von Lebens- und Gesundheitserwartungen auf der einen Seite und die zeitliche Vorverlagerung des Eintritts in die nachberufliche Lebensphase auf der anderen Seite führen dazu, dass die korrespondierende soziale Praxis, die „soziale Materialität“ von „Alter“ als sozialer Konstruktion (Göckenjan 2000) zusehends diffundiert. Altersphasen lassen sich nicht mehr umstandslos anhand von Unterschieden in den zentralen Dimensionen der „Erwerbsarbeit“ und der „Generation“ beschreiben. Damit wird es auch schwieriger, aus solchen Unterschieden spezifische moralische Ansprüche an die „ältere Generation“ zu begründen. Gegenüber zunehmenden „Spielräumen“ älterer Menschen, die etwa von der Lebenslagenforschung in den Blick genommen werden, „bleiben die daraus abzuleitende soziale Stellung und der soziale Status der Alten nebulös“ (Schroeter 2006: 49). Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass Moralansprüche in Larmoyanz umschlagen. An die Stelle mehr oder weniger klar umrissener Verhaltenserwartungen treten Klagen über ökonomische Egoismen der Älteren und inzwischen auch über eine „Enteignung der Jugendkultur“ durch die Älteren (vgl. Gaschke 2006).