Auszug
Chaos und Linkspartei — an diese Konnotation hat man sich irgendwie schon gewöhnt. Erstaunlich allerdings ist, wie wenig das der Partei links von der SPD bislang in den Umfragen geschadet hat. Der Anhang des Linkssozialismus ist loyaler und stabiler, als man das einer „populistischen“ Protestpartei gemeinhin unterstellt. Mit dem Etikett des Populismus allerdings ist die Lafontaine / Gysi-Partei fest behaftet, ja unzweifelhaft stigmatisiert. Natürlich begreift alle Welt den attestierten populistischen Charakter negativ. Populisten sind schließlich Demagogen, Schwarz-Weiß-Maler, Simplifizierer; sie operieren mit undifferenzierten Feindbildern, politisch: ohne realistisches Programm. Das wird in der Tat so sein. Doch: Was erklärt es schon? SchlieÜlich kommen die bösen populistischen Belzebuben nicht, gleichsam wie Phönix aus der Asche, in einer rundum gelungenen Demokratie grundlos nach oben. Populisten reüssieren allein dann, wenn in einer Gesellschaft etwas nicht stimmt, präziser: wenn die öffentlichen Einrichtungen an Legitimation verloren haben, wenn die Führungsschichten nicht mehr überzeugen, wenn ganze Gruppen von den entscheidenden politischen Vereinbarungen ausgenommen sind, wenn sie sich also sozial verloren, kulturell entfremdet, ökonomisch betrogen fühlen Kurzum: es hilft wenig, sich über Populisten selbstgerecht zu ereifern; man wird schon nach den Ursachen ihres Rückenwinds in spezifischen Bevölkerungskreisen fragen müssen.
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© 2007 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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Walter, F. (2007). Die Linkspartei zwischen Populismus und Konservatismus Ein Essay über „Vergreisung als Chance“. In: Spier, T., Butzlaff, F., Micus, M., Walter, F. (eds) Die Linkspartei. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90326-2_10
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-14941-7
Online ISBN: 978-3-531-90326-2
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