Auszug
Das Untersuchungsinteresse der meisten bislang vorliegenden Studien zu dem Ausmaß, den Ursachen und den Konsequenzen der Kinderlosigkeit in (West-) Deutschland ist entweder auf Frauen (Dorbritz und Schwarz 1996; Grünheid 2003) oder — allerdings wesentlich seltener — auf Männer gerichtet (Tölke und Hank 2005). Im Unterschied hierzu gibt es bislang kaum Untersuchungen, die den Paarkontext explizit berücksichtigen (Klein 2003; Onnen-Isemann 2003; Kurz 2005). Dies steht in einem gewissen Kontrast zu der aktuellen sozialpolitischen Diskussion, die das Phänomen der Kinderlosigkeit primär im Paarkontext ansiedelt und den Fokus vor allem auf Paare richtet, bei welchen beide Partner hochqualifiziert sind. Für diese Paare wird mehr oder weniger implizit eine deutlich erhöhte Tendenz zur Kinderlosigkeit postuliert. Theoretisch lässt sich diese These über die Annahme eines Zusammenwirkens zweier sozialer Verhaltensmuster begründen: Zum einen ist es die im Vergleich zu anderen Bildungsgruppen wesentlich geringere Neigung zur Familiengründung von Frauen mit Fachhochschul- oder Universitätsabschluss. Zum anderen wird die ausgeprägte Homogamietendenz bei der Partnerwahl, d. h. die Neigung von Männern und Frauen bildungs- bzw. statusgleiche Partner zu präferieren (Wirth und Lüttinger 1998; Teckenberg 2000; Wirth 2000; Blossfeld und Timm 2003), als Ursache angenommen. Insofern hochqualifizierte Frauen — auf der Individualebene gemessen — überdurchschnittlich häufig kinderlos sind und — sofern sie in einer Paargemeinschaft leben — ihre Partner meist ebenfalls über ein hohes Ausbildungsniveau verfügen, ist es nahe liegend für diese hochqualifizierten Paare, eine gleichfalls überdurchschnittlich hohe Kinderlosigkeit anzunehmen.
Ich danke Klaus-Jürgen Duschek für Anregungen zu einer früheren Version dieses Beitrags.
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Wirth, H. (2007). Kinderlosigkeit von hoch qualifizierten Frauen und Männern im Paarkontext — Eine Folge von Bildungshomogamie?. In: Konietzka, D., Kreyenfeld, M. (eds) Ein Leben ohne Kinder. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90323-1_6
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
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