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Gemeinwohl—a posteriori oder a priori? Ein Blick in die politische Ideengeschichte in pluralistischer Absicht

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Auszug

Dass der Mensch zuerst an sich und erst dann — wenn überhaupt — an die Gemeinschaft denken könnte, der er als Bürger angehört, ist seit jeher die Sorge politisch denkender Menschen gewesen. Um diese Sorge teilen zu können, muss man politisch allerdings nicht unbedingt so denken, wie man denkt, dass politisch denkende Menschen denken würden. Die Sorge ist selbst dann berechtigt, wenn man unter „Politik“ nicht ein Denken und Handeln im „Interesse der Gemeinschaft“ versteht, sondern damit ein Denken und Handeln verbindet, bei dem es um Fragen von „Macht“ und „Herrschaft“ geht. Wer politisch in diesem letzteren Sinne denkt, geht nicht weniger, sondern erst recht davon aus, dass der Mensch zuerst an sich und seine Interessen denken könnte und erst dann — wenn überhaupt — an diejenigen der Gemeinschaft. Er zieht nur eine ganz andere Schlussfolgerung daraus. Statt zu versuchen, das Problem an seinen Wurzeln zu beheben und darauf zu bauen, dass aus Menschen durch Erziehung, durch Vernunft, Einsicht und Tugend Bürger werden könnten, die von vorneherein erst an die Gemeinschaft denken und erst dann an sich und ihre Interessen (in diesem Sinne hat Rousseau im ersten Buch seines Émile gemeint, dass Platons Staat kein „politisches Werk“ sei, „wie diejenigen denken, die Bücher nur nach ihren Titeln beurteilen„), hofft er darauf, das Problem allein im Hinblick auf seine Auswirkungen in den Griff zu bekommen. Wer unter „Politik“ ein Denken und Handeln in den Kategorien von „Macht“ und „Herrschaft“ versteht, glaubt sozusagen, die rohen Kräfte des Menschen selbst zur Problemlösung nutzen zu können, indem er Interessen durch Interessen zu beharrschen sucht und insofern darauf setzt, dass sich Machtstreben am besten durch Machtstreben begegnen lässt.

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Nils C. Bandelow Wilhelm Bleek

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© 2007 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden

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Waas, L.R. (2007). Gemeinwohl—a posteriori oder a priori? Ein Blick in die politische Ideengeschichte in pluralistischer Absicht. In: Bandelow, N.C., Bleek, W. (eds) Einzelinteressen und kollektives Handeln in modernen Demokratien. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90303-3_14

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-90303-3_14

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

  • Print ISBN: 978-3-531-14877-9

  • Online ISBN: 978-3-531-90303-3

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