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Demokratisierung im Verlauf von drei Generationen? Zu Wandel und Kontinuität in der Erinnerung an die nationalsozialistische Vergangenheit bei Familien aus Ost- und Westdeutschland

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Book cover Demokratische politische Identität

Auszug

Die öffentliche Auseinandersetzung mit der NS-Zeit hat sich in Deutschland im Verlauf der letzten 60 Jahre grundlegend gewandelt.1 Die politische Selbstverortung der Bundesrepublik bzw. des wiedervereinigten Deutschlands2 fand bzw. findet auch heute dabei nicht zuletzt in den Debatten um die Interpretation der Vergangenheit statt. Die Entwicklung des Vergangenheitsbezugs und der politischen Identität auf der Makro- und Meso-Ebene gibt jedoch nur bedingt Auskunft über die Entwicklung der individuellen Erinnerung und des jeweiligen politischen Selbstverständnisses des Einzelnen, da sich hier — so die These, mit der ich von den gemeinsamen Grundannahmen abweiche — das Verhältnis zwischen der Deutung der NS-Vergangenheit und dem Bezug zur Demokratie nicht ganz so eindeutig darstellt. Auch das individuelle politische Selbstverständnis beruht freilich auf der Interpretation vergangener Erlebnisse und Erfahrungen. Welche Erlebnisse und Erfahrungen jedoch für die Konstitution der politischen Identität des Einzelnen jeweils von Bedeutung sind, und inwiefern diese in Zusammenhang mit der nationalsozialistischen Vergangenheit stehen, ist nicht a priori, sondern allein empirisch festzustellen. Dies gilt auch für die Frage, welche Rolle die Erinnerung an die NS-Zeit für einen etwaigen Demokratisierungsprozess im Verlauf der Generationen spielt: Betrachtet man Erinnerung als elementaren Bestandteil politischer Identität, geht die Demokratisierung der Erinnerung mit einer Demokratisierung der politischen Identität einher. Entsprechend der Grundannahmen des Projektes bedeutet Demokratisierung eine Pluralisierung der Erinnerung im Sinne einer zunehmenden Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven, die zugleich eine klare Bewertung der Vergangenheit einschließt.

Siehe hierzu den Beitrag von Peter Hurrelbrink zur Entwicklung der Deutung des 8. Mai 1945.

Auf die DDR, deren Selbstverständnis sich ex negativo ebenso auf den Nationalsozialismus bezieht, gehe ich hier nicht weiter ein, da mit der Wiedervereinigung auch die westdeutsche Art des Umgangs mit der Vergangenheit in Politik und Öffentlichkeit für ganz Deutschland übernommen worden ist.

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Leonhard, N. (2006). Demokratisierung im Verlauf von drei Generationen? Zu Wandel und Kontinuität in der Erinnerung an die nationalsozialistische Vergangenheit bei Familien aus Ost- und Westdeutschland. In: Schwan, G., Holzer, J., Lavabre, MC., Schwelling, B. (eds) Demokratische politische Identität. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90269-2_4

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften

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  • Online ISBN: 978-3-531-90269-2

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