Demokratische Identität und Erinnerung. Mikrosoziologie der intergenerationellen Vermittlung

Auszug

Erinnerung, Identität, politische Kultur — die drei Begriffe wie auch die individuellen und gesellschaftlichen Realitäten, die sie zu bezeichnen suchen, sind wechselseitig aufeinander bezogen. Immer wenn man feststellt, dass sich etwas in der Geschichte der Individuen und Gesellschaften ereignet hat, geht man auch davon aus, dass diese Vergangenheit erinnert — oder vergessen — wird, besonders wenn diese Vergangenheit rückblickend als „traumatisch“ angesehen wird. Und immer wenn die Vergangenheit erinnert wird, geht man davon aus, dass sich diese Erinnerung auf die gegenwärtige Identität auswirkt, die somit als Konsequenz der Vergangenheit in der Gegenwart gedacht wird. Umgekehrt wird aber auch angenommen, dass sich die gegenwärtige Identität aus der Vergangenheit speist, aus einer realen, aus einer manipulierten, instrumentalisierten, eben fiktiven Vergangenheit. Die Erinnerung wird somit als Auswirkung der Gegenwart auf die Vorstellungen über die Vergangenheit gedacht.

unter Mitarbeit von Marina Chauliac