Auszug
Wenn man in früheren Jahrzehnten das Thema Deutschland-Lateinamerika aus politikwissenschaftlicher Sicht behandelte, musste man aus Gründen fairer Gewichtungen den Blick darauf lenken, dass die außenpolitischen Prioritäten der (alten) Bundesrepublik unmissverständlich außerhalb Lateinamerikas lagen. Sie waren leicht zu definieren: Die europäische Integration und die Aussöhnung mit den westlichen und später auch den östlichen Nachbarn, das Atlantische Bündnis und nicht zuletzt die deutsche Sicherheitslage erlaubten zusätzliche, aber eben nicht mehr weitere prioritäre Engagements. Dem deutschen Verhältnis zu Lateinamerika kam unter diesen Prämissen eine gewisse Gebrochenheit zu. Auf der einen Seite war Lateinamerika ein Teil jener Dritten Welt, zu der man im Ganzen schon deshalb ein gutes Verhältnis aufbauen konnte, weil in Afrika, Asien und auch Lateinamerika Deutschlands imperialistische Vergangenheit nicht ins Gewicht fiel, und weil die damalige BRD unter wirtschaftswie entwicklungspolitischen Gesichtspunkten als ein konstruktiv prägender Teil des Westens geschätzt wurde. Deutschland konnte daher mit einer breiten Akzeptanz in Übersee rechnen. Für Lateinamerika zählten zusätzliche Besonderheiten, auf die auch die Bonner Regierungen immer setzen konnten, nämlich eine relativ starke deutsche Immigration in etlichen lateinamerikanischen Ländern, ein historisch gewachsener, freundschaftlicher Respekt vor der Kultur des Anderen und sehr konkrete und breit gestreute Verflechtungen auf transnationalen Ebenen, wie sie in dieser Form zu keiner anderen überseeischen Region bestanden, auch nicht zu den USA. In diesem Sinne lag im deutsch-lateinamerikanischen Verhältnis eine Besonderheit vor, die sich vom allgemeinen Dritte Welt-Verhältnis der alten BRD unterschied (Mols/ Wagner 1994).
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Weiterführende Literatur
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Mols, M. (2007). Lateinamerika. In: Schmidt, S., Hellmann, G., Wolf, R. (eds) Handbuch zur deutschen Außenpolitik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90250-0_41
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