Auszug
Die Argumente, mit denen die These vom herannahenden Ende der Arbeitsgesellschaft gestützt wurde, lassen sich in zwei Gruppen zusammenfassen. Zum einen, so hieß es in der damaligen Debatte, nimmt die Zahl der Arbeitslätze immer mehr ab. Als Indiz dafür wurde die wachsenden Arbeitslosenzahlen und als Ursache davon der säkulare technische Fortschritt genommen. Der systemischer Zwang zu Effizienzsteigerung in der kapitalistischen Arbeitsgesellschaft untergrabe deren sozialintegrative Grundlage: Arbeit - „also die einige Tätigkeit, auf die sie sich noch versteht. Was könnte verhängnisvoller sein?“ (Arendt 1960: 11; vgl. Dahrendorf 1980). Das war der Ausgangspunkt der Diskussion um die „Krise der Arbeitsgesellschaft“ (Matthes 1983). Zum anderen war von der abnehmenden individuellen und gesellschaftlichen Bedeutung abhängiger Erwerbstätigkeit die Rede. Abhängige Erwerbstätigkeit sei in abnehmendem Maße individuell identitätsstiftend, verbürge immer weniger gemeinsame, kollektivierbare Interessenprofile und verliere ihre strukturierende Kraft für individuelle Biographien. Abhängige Erwerbstätigkeit sei darum immer weniger als Bezugspunkt für das Wirken von Institutionen, insbesondere von sozialstaatlichen Institutionen, geeignet. Daraus wurde das Erfordernis abgeleitet, Politik ebenso wie die soziologische Theorie entsprechend zu adaptieren (vgl. Offe 1983). Insgesamt rückte Arbeit aus dem Zentrum der Beobachtung gesellschaftlicher Entwicklungsdynamiken (vgl. Habermas 1985). Dies ist die Gruppe der qualitativen Argumente für die These vom Ende der Arbeitsgesellschaft.
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(2006). Die flexible Arbeitsgesellschaft. In: Entkoppelung von Arbeit und Einkommen. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90220-3_11
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