Soziologisch-intellektuelles Selbstverständnis

Auszug

Kurz nach Pierre Bourdieus Tod im Januar 2002 erschien neben zahllosen Nachrufen ein Auszug aus einer seiner letzten Arbeiten, den der Nouvel Observateur Pierre par Bourdieu überschrieb. Es geht darin um die Adoleszenz des späteren Soziologen, um einen fünfzehnjährigen Internatsschüler namens Pierre, gesehen mit den Augen des Soziologen Bourdieu im Herbst 2001. Der Text ist ein illustrativer Ausdruck eines Leitmotivs des Soziologen, sich in seinem soziologischen Handeln stets seines Ausgangs- und Standpunktes zu vergewissern. Auf Streifzügen durch Bourdieus Schriften ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, auf reflexive Passagen zu stoßen, in denen abwechselnd die Aufmerksamkeit auf den Wissenschaftler, den Soziologen, den Kulturproduzenten und den Intellektuellen gelenkt wird, als der er das Wort ergriffen hat. In diesem Kapitel soll dem, mehr als es auf Streifzügen möglich wäre, Rechnung getragen werden. Gemäß dem Motto Bourdieu par Bourdieu soll der Kern seiner reflexiven Soziologie herausgearbeitet werden. Ausgehend von einem Selbstverständnis der Disziplin Soziologie, die sich selbst zu transzendieren versucht (4.1.1), wird nach Bourdieus Analyse der kulturellen Produktionsfelder, insbesondere des intellektuellen Felds, gefragt (4.1.2). Die darin liegende Entzauberung durch Erdung eines freischwebenden Idealtypus des Intellektuellen stellt das Fundament einer eigenen Konzeption intellektuellen Engagements im Dienste der Allgemeinheit dar. (4.1.3)