Auszug
Anders als in vielen qualitativ ausgerichteten Studien stand für die vorliegende Untersuchung das Datenmaterial bereits zur Verfiigung, bevor ein Forschungsinteresse im Sinne einer angestrebten Zielsetzung entwickelt wurde. Demzufolge lag nicht zuerst ein Erkenntnisziel vor, aufgrund dessen im Weiteren gefragt wurde, welche methodische Herangehensweise zur Datenerhebung und welche Auswahl empirischen Materials geeignet und für das Gegenstandsfeld des Interesses angemessen ist, sondern es wurde auf der Grundlage der verfiigbaren autobiographischen Lebensbeschreibungen ein Forschungsinteresse entwickelt. Folglich bilden die im Rahmen des Preisausschreibens entstandenen Autobiographien den entscheidenden Ausgangspunkt für die vorliegende Studie. Sie weckten einerseits die Aufmerksamkeit für den Gegenstandsbereich,Leben im und Flucht aus dem nationalsozialistischen Deutschland’ und sie sind andererseits und gleichzeitig Teil des Datenmaterials. Darüber hinaus stellen sie das Verbindungsglied zwischen der im Jahr 1940 durchgefuhrten Untersuchung und der hier vorgestellten Studie dar (vgl. Kapitel 1.1), eine Verknüpfung, die im Folgenden unter methodologischen Gesichtspunkten deutlicher skizziert wird. Trotz der Verfiigbarkeit des Materials waren im Weiteren Entscheidungen bezüglich des Forschungsdesigns zu treffen, und dies aus zweierlei Gründen. Erstens offenbaren die Manuskripte nicht nur eine mögliche Fragestellung, sondern sie lassen vielfaltige Erkenntnisinteressen zu.23 Deshalb musste eine Entscheidung sowohl über die methodologischen Grundlagen der Studie als auch über Zielsetzung, theoretische Rahmung und konkrete Fragestellung (vgl. Kapitel 1.2; 1.3) getroffen werden. Zweitens impliziert die bereits erfolgte Erhebung des Materials keine Festlegung auf eine spezielle Auswertungsmethode, da diese abhängig von dem Erkenntnisinteresse überlegt und begründet werden muss. Für die vorliegende Studie gilt darüber hinaus, dass das Interesse an den Auswirkungen der in den Autobiographien geschilderten Erfahrungen auf das Leben nach der Emigration zu einer (weiteren) Erhebungsphase fuhrte, in der 60 Jahre nach der ersten Erhebung durch narrative Interviews mit lebenden Teilnehmern oder deren Kindern ein zweiter Datensatz gewonnen werden konnte. Auch wenn sich, wie bereits unter Kapitel 1.2 dargelegt, die ursprüngliche Fragestellung veränderte, so bleibt der zweite Datensatz dennoch für diese Studie aus zweierlei Gründen relevant. Erstens ist er entscheidend für die Samplekonstruktion und zweitens stellt die Erhebung und Auswertung dieses Materials eine Phase des Forschungsprozesses dar, wodurch das Verhältnis der beiden Datensätze im Folgenden einer Bestimmung bedarf (Kap. 2.3.3).
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© 2006 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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(2006). Methodische Anlage. In: Flüchten oder Bleiben?. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90203-6_3
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