Auszug
Ökonomie und Politik sind differente Systeme, mit unterschiedlichen Codes: Effizienz und Macht. Ökonomische oder Effizienzinterpretationen der Politik geben nur ausschnittweise Einblicke in den Politikprozess. In den Politikarenen werden andere Argumentationen, wird anderes Wissen bevorzugt als ökonomisches. Anstatt die Eigenwelt der Politik in economics zu übersetzen, wird hier der Vorschlag gemacht, eine Politische Ökonomie als ein komplexeres Design zu verstehen, das die ‚anderen Argumentationen ‘als zweite Steuerungsebene einführt, d.h. Politikprozesse nicht nur durch incentive structures, sondern auch durch Meinungen und Überzeugungen zu koordinieren.1 Changes of policy regimes erweisen sich dann als diskursgesteuert, durch die Evolution von shifting linguistic communities and communicational attractors.2
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Literatur
Vgl. Maier 2003; aber auch Maier/Hurrelmann/Nullmeier/Pritzlaff/Wiesner 2003.
Vgl. Scarcinelli 1998; Kriesi 2001; Nullmeier/Saretzki 2002; Aaken 2002; Maier/Hurrelmann/Nullmeier/Pritzlaff/Wiesner 2003; Hellmann/Fischer/Bluhm 2003.
Zolo l992, Kap. 2.
Vgl. Brennan/ Lomasky 1983: Weil die Wähler glauben, dass ihre einzelne Stimme sowieso nichts bewirkt, fühlen sie sich frei, alles Mögliche zu wünschen. Generell vgl. Erlei/Leschke/Sauerland 1999, Kap. 6; Kasper/Streit 2001, Kap. 10.
Dixit 1996, 145; vgl. auch, mit unterschiedlichen Betonungen und Gründen, Martens/Slembeck/Wegner/Wohlgemuth in Pelikan/Wegner 2003. Zudem haben wir es, aufgefächert auf die verschiedenen Politikarenen, mit mehreren Stimmenallokationsprozessen zu tun: mit der Wählerwahl, mit den verschiedenen Gremienabstimmungen und den parlamentarischen Abstimmungen innerhalb des Politikprozesses.
Zum Konzept der ‚ideology‘, das später in ‚shared mental models ‘umgewandelt wurde, vgl. Denzau/ North 1994; Mantzavinos 2001; Mantzavinos/North/Shariq 2001. Zur Konzeption von Rationalität und belief-systems vgl. Maier 2003.
Eggertsson 1997, 5, eigene Hervorhebung.
Sudgen 1993, 1948.
Dixit 1996, 145. Vgl. auch Wohlgerauth 1999 und in Pelikan/Wegner 2003.
Dixit 1996, 20.
Dixit 1996, 20, mit Verweis auf Williamson 1985.
Dixit 1996, 20.
Williamson 1985, 1996b.
Dixit 1996, Kap. 2.
Dixit 1996, 145.
Zur Zeitlichkeit der Politik vgl. Bußhoff 2003.
Braithewait/ Levy 1998.
North 1990.
Vgl. dazu besonders Luhmann 2000, Kap. 5.
Folglich kann nicht mehr behauptet werden, dass aus dem Politikprozess (des Wählens) die beste Lösung für alle herauskommt. Für die, die nicht zur Mehrheit gehören, kommt itnmer eine schlechtere Lösung heraus. Sie haben sie nicht gewählt, sondern müssen sie kraft Verfahren tolerieren. Broome reformuliert das als ‚Wollheim’s paradox of democracy‘: „Suppose a choice has to be made between two alternatives. Suppose a democrat votes for the first because she be lieves it should come about. But suppose the democratic process comes out in favour of the second. Then the democrat will believe that the second should come out. So she believes both that the first should come about and that the second should come about. Yet these alternatives are incompatible. That is the paradox. I suggest that actually Wollheim’s democrat could never have believed in the first place that the first alternative should come about. As a democrat, she should have no views about what should come about until she knows the result of the democratic process. Her reason for voting for the first alternative must have been something different: that she believed it was better. This does not contradict her belief that the second alternative should come about“ (Broome 1995, 157). Broome zeigt, dass der demokratische Politikprozess kein automatischer Wohlfahrtsgenerator ist. Der demokratische Prozess setzt nur kontingent die Präferenzen der Wähler um. Unabhängig davon, was ein Wählerprincipal sich wünscht (was er für das beste hält), ist er, als Demokrat qua Legitimation durch Verfahren, an das Ergebnis des demokratischen Prozesses gebunden. Er hat zwar die Wahl der Politikalternativen, muss aber jedes Ergebnis akzeptieren. Die Unanwendbarkeit des Paretoprinzips, die Broome hier herausarbeitet, interessiert uns jetzt weniger (vgl. Broome 1995, 158). Es wird aber deutlich, dass es eine Illusion ist, den Politikprozess mit der Wahl der Politiker/Parteien für beendet zu halten.
Vgl. dazu Faber/ Proops 1993. In Kap. 7.2 wird „the notation of surprise“ eingeführt (von Shackle), mit dem Ausdruck „possibility of surprising, novel events“ (Faber/Proops 1993, 111, wobei Faber/Proobs annotieren, dass R. Manstetten das Kapitel 7 verfasst hat). Faber/Proobs verbinden den Modus der Möglichkeit mit subjektiver Wahrscheinlichkeit (dito), aber ‚Möglichkeiten’ sind different von ‚Wahrscheinlichkeiten‘, weil sie eine epistemologische Kontingenz aufweisen. Die Kategorie ‚möglich ‘unterscheidet sich von der Kategorie ‚unmöglich‘;, ‚wahrscheinlich/unwahrscheinlich‘, kann aber nur konstituiert werden, wenn beides möglich ist Folglich ist das, was möglich ist, kontingenter als das, was wahrscheinlich ist. Faber/Proops differenzieren Wahrscheinlichkeitsaussagen von ‚ignorance‘-Aussagen: „Surprise drives from two possible sources. First, when all possible outcomes are known, but where the probabilities of each possible outcome may be known (risk) or may be unknown (uncertainty). Alternatively, we may be in a state of ignorance, where all possible outcomes are not known“ (Faber/Proops 1993, 126). Hier wird, wenn auch noch implizit, die Differenz von ‚möglich/unmöglich ‘als zweite Ebene neben der ‚wahrscheinlich/unwahrscheinlich ‘eröffnet.
Vgl. dazu Maier/ Slembeck 1998; generell Wohlgemuth 1999, 2003; Luhmann 2000; etliche Artikel in Hellmann/Fischer/Bluhm 2003, aber auch Scarcinelli 1998 und Nullmeier/Sartezki 2002.
Mantzavinos 2001; vgl. die Neueinschätzungen der Lemen/Politik-Relation in den Aufsätzen von Maier/Hurrelmann/Nullmeier/Pritzlaff/Wiesner 2003.
Vgl. in Maier/ Hurrelmann/ Nullmeier/ Pritzlaff/ Wiesner 2003.
Vgl. Braun 1998. Immer noch erhellend Nullmeier 1993.
Vgl. Schiller 1998; Ebert 2001; Kriesi 2001; Maier 2003.
Zur Rolle der Kommunikation in Kapitalmärkten vgl. DeMarzo/ Vayanos/ Zwiebel 1997 und Bettzüge/Hens 2000. Zum Thema ‚New Economy-Phase zwei’ schreibt E. Jurtschitsch über die plötzlich umgeschlagenen venture capital-Bewertungen und den finance market: „Dabei haben sich die Fakten nicht geändert, nur die Stimmung“ (Jurtschitsch 2000).
Vgl. Nullmeier 2001.
Vgl. Zolo 1992, Kap. 5; Schiller 1998; Newman 1999; Kriesi 2001; Scarcinelli 1998 und Teile aus Nullmeier/Saretzki 2002.
Nicht unbedingt ihre politischen Präferenzen, sondern die durch die Medienpolitik symbolisch generierten. Die Antwort auf die Frage „warum wählen Sie x?“ mit „weil er ein schöner Mann ist“ kann nicht als politische Präferenz gedeutet werden; sie bezieht sich auf keinen content, auf keine Leistungsbewertung. Selbst die Antwort „weil ich ihm vertraue“ lässt keine politische Präferenz offenbaren, sondern nur die Delegation der eigenen Präferenzen. Den zwei Bewertungslinien der Wähler entsprechen dann zwei Präferenzräume, die ebenfalls oszillieren. Welche Präferenzen in der Wahl dominieren, hängt von Konstellationen ab, die z.T. kommunikativ generiert werden. Natürlich versucht die Politik, diesen Prozess kommunikationstaktisch zu steuern (vgl. Zolo 1992, Kap. 5; Newman 1999; Scarcinelli 1998), aber die endgültige Bewertung kann sie nicht steuern, sondern nur die Kommunikation anstoßen.
Maier 2003, 29.
Denzau/ North 1994; vgl. dazu auch Mantzavinos 2001.
Vgl. Ebert 2001; auch Weiß 2000, Kap. 8.
Vgl. Scarcinelli 1998; Eisenegger 2003. Man kann es so formulieren: Alte institutkmelle oder Anreizdesigns bleiben weiterhin bestehen, aber die Mitgliedschaft tauscht sich aus. Alle, die die alten Anreize neu interpretieren, wechseln die Institution oder verlassen sie. Wir haben es mit keiner Mechanik des institutional change zu tun, sondern oft nur mit exits. Oft diffundieren Institutionen, ohne dass Alternativen da sind. In den politischen Prozess übertragen, zeigt sich, dass Parteien, Politiker und ihre Optionen im politischen Diskurs ständig neu bewertet werden.
U. Witt hat den institutional change process als evolutive Diffusion der alten collective action dargelegt, in dem diffusion agents die propagation der neuen Institution betreiben — ein Kommunikationsprozess (Witt 1989, 166).
Wohlgemuth 1999, 15; Zitat von Hayek 1948, 106. Vgl. auch Wohlgemuth 2003. Vgl. aber auch Nullmeier: „Werden Argumentierende als Innovatoren im Bereich Gründe und Behauptungen verstanden, enthält diskursive Verständigung selbst einen anderen Charakter. Sie wird zu einem Entdeckungsverfahren, bei dem die Entfaltung des Neuen von eigenständiger Bedeutung ist, der die Entscheidung über die Gültigkeit immer nachhinkt“ (Nullmeier 2000, 348). Vgl. auch Willke, der von einer Optionenpolitik des Staates spricht (Willke 1992, 78).
Priddat 2000d; vgl. auch Baecker 2000, 43.
Die Vanberg/Buchanan als normativ überzogen kritisierten und Konsens als hypothetischen Konsensus dagegenhielten, der über choice and compensation erzeugt wird (Vanberg/ Buchanan 1989; vgl. auch van Aaaken 2002. Und Nullmeier 2001).
Nullmeier 2000, 346 und ff. (auch Nullmeier 2001). D. Baecker formuliert das als Oszillation zwischen Themen (der politischen Öffentlichkeit) und Meinungen (der Medienöffentlichkeit) (Baecker 2000, 43).
Dixit l996, 20.
Vgl. generell zum issue making: Liebl 2000, mit vielen Verweisen auf politische Kommunikationen.
Willke 1992, 78.
Priddat 1998; vgl. auch Männel 2002, Kap. 3.4.
Vgl. Männel 2002, Kap. 3. Wunderbar lässt sich dies an den Wählern der SPD im Jahr 2002 demonstrieren: So viele haben die SPD wiedergewählt, um ihr eine zweite Chance der Politik und Reformdurchsetzung zu geben. Aber nach der Wahl, in den Zumutungen der tatsächlichen Politik, will keiner mehr die SPD gewählt haben. Die virtual linguistic community der SPD-Wähler zerfällt rapide; ihr labiles shared mental model, das immerhin die Wahl entschieden hat, löst sich auf im Herbst 2002. Ähnlich, aus anderen Gründen, die FDP.
In der Politologie wird dieser Umstand bereits zu einer neuen Entscheidungsregel umgeschrieben: „An die Stelle der Entscheidungsregel, diejenige Handlungsalternative zu wählen, die den größten subjektiven Nutzen verspricht, tritt eine persuasive Handlungsorientierung. Gewählt wird diejenige Handlungsalternative, für die sich die größte argumentativ-rhetorische Stützungsleistung innerhalb des Wissenssystems des jeweiligen Akteurs mobilisieren lässt.... Handlungsleitend werden jene Gründe und Deutungen, die fur den Handelnden in gedachter Anwesenheit eines Publikums die größte persuasive Kraft auf ihn selbst entfalten können“ (Nullmeier 1993, 191; vgl. auch Nullmeier 2001).
Levy 1998; vgl. auch Jansen/Priddat 2001 und Priddat 2003.
Vgl. Drieschner 2003.
Vgl. dazu immer noch hervorragend Bachrach/ Baratz 1977, Kap. 1.3.
Vgl. dazu Baecker 2000, 42 ff., aber auch Liebl 2000.
Vgl. Krueger 1974; Buchanan/Tollison/Tullock 1980.
Luhmann, zit. in: Baecker 2000a, 211. Vgl. auch Luhmann 2000, Kap. 6.
Baecker 2000, 24 (Fn. 4).
In Deutschland aktuell öffentlich geworden: das System Kohl. Die Aufdeckung gehört zur ‚politischen Öffentlichkeitsarbeif, aber auch das dann weitere ‚Versanden ‘von Untersuchungen. Die politischen Entscheidungstrager sorgen dafür, dass ihre Legitimation wiederhergestellt wird (zur Legitimationsdimension der Politik vgl. Brunsson 1989).
Baecker 2000, 24 f. ‚Ämter’ sind hier nicht nur das, was traditionell als Amt bezeichnet wird, nämlich Mitglied einer Bürokratie oder Verwaltung zu sein; sondern jede politische Stelle: Abgeordneter, Minister etc,. die vom Staat finanziert wird zum Zwecke des Politikmachens.
Vgl. Arnim 1998 und 2003.
Zur Politikberatung vgl. Cassel 2001 und Príddat/ Theuerl 2004.
Baecker 2000, 26.
Baecker 2000, 27.
In diese Richtung argumentiert T. Slembeck in Pelikan/ Wegner 2003.
Vgl. auch die neo-institutionalistischen Analysen der Politik von Hasse/ Krücken 1999, 27 ff.
Vgl. Florence Proceedings 1999; Berlin Communiqué 2000; Priddat 2000; Schefczyk 2000; Peacock 2000; Jansen/Priddat 2001. Doch ist die De-Thematisierung 2002 längst eingeleitet: als reformschwache Regierung konnte die SPD/Grüne im Wahlkampf 2002 über ‚new governance ‘keine Stimmen einwerben.
Priddat 2001a; Smekal/ Theuerl 2001; Kneer 2003.
Vgl. Jansen/ Priddat 2001, Kap. 3 und 4.
Vgl. Barzel 2000; Priddat 2003.
North 1990.
Baecker 2000, 30.
Frick/ Penz/ Weiß 2001; auch Weiß 2000; Bonacker 2003.
Weiß 2000, 252.
Vgl. auch Wegner 1997; Weiß 2000.
Vgl. Scharpf/ Mohr 1994; Mayntz 1993; Weiß 2000, Kap. 8.
Vgl. Jansen/ Priddat 2001.
Baecker 2000, 32; bei den Verhandlungssystemen und anderen Koordinationsformen mit Verweis auf Hutter 1989, 90 ff.; Teubner 1989, 123 ff. und Willke 1995, 109 ff.
Vgl. z.B. Mayntz 1993; Scharpf 1993; Beiträge in Kenis/Schneider 1996. In diesen Netzwerken werden zwischen potentiellen Interventionsempfängern als traditionell konkurrierende oder indifferente Akteure Prozesse der Abstimmung und Koordination geschaffen. Diese Verhandlungs-netzwerke sind ein Zeichen für einen — in alter Terminologie — „schwachen Staat“ mit hoher Sensibilität für die erhöhte Komplexität politischer Steuerung. In diesen policy networks geht es einerseits um die wechselseitige Kontrolle der Chaotisierungspotentiale (negative Koordination) und andererseits um abgestimmte Strategien zur Schaffung eines gemeinsamen Mehrwertes von staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren (positive Koordination (Scharpf 1993).
Vgl. hierzu Priddat 2003.
Schroeder 2000; Gabriel 2000; einschätzend bis kritisch: Beck 2000; Streeck 2000; Priddat 2000; Kocka 2001.
Baecker 2000, 48.
Baecker 2000, 48.
Baecker 2000, 37.
Baecker 2000, 41.
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(2006). Political Governance (I): Politik als Oszillation zwischen Politik und Thematisierung. In: Irritierte Ordnung. Moderne Politik. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90101-5_2
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