Zusammenfassung
Womit soll begonnen werden, um eine Gesellschaft in der späten Moderne zu begründen: mit Individuen, die sich zusammentun oder mit Gemeinschaften, die nicht in Individuen zerlegbar sind oder schließlich mit einem Vorrang des anderen Menschen vor dem eigenen Ego? Der Liberalismus antwortet: mit Individuen und ihren Assoziationen. Der Kommunitarismus antwortet: mit Gemeinschaften und ihrer Organisation.
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Notes
- 1.
„Sie glaubten nämlich, dass nach dem Tode die Seele ins Wasser zurückkehre, wo sie einen anderen, weissen Körper und einen anderen Namen annehmen würde.“ (Gründer 1992, S. 52).
- 2.
Über Levinas’ Uminterpretation der „Metaphysik“ in diesem Kontext: Taureck (1991, S. 44 ff.).
- 3.
Bauman geht hierbei von der weitgehend konsensfähigen Definition von „Völkermord“ aus, die Chalk und Jonassohn liefern. Sie lautet: „Genocide is a form of one-sided mass killing in which a state or other authority intends to destroy a groupo, as that group and membership in it are defined by the perpetrator.“ (Chalk und Jonassohn 1990, S. 23, Herv.i.O.).
- 4.
Levinas selbst hat an zwei Stellen ein Verhalten offenkundiger Ungerechtigkeit im sensiblen Bereich politischer Beurteilung gezeigt, das mit den ethischen Standards nicht vereinbar ist, die spätestens seit der Aufklärung gelten. Er spricht bezüglich Israels nicht nur von „schmerzhaften Notwendigkeiten der Besetzung“ (schmerzhaft für die Palästinenser, notwendig dagegen für die Israelis) und verurteilt nicht jenes von den israelischen Soldaten geduldete Massaker von christlichen Milizen an Hunderten von Zivilisten im Libanon (Sabra und Chatila im Jahre 1982). Das israelische Militär hatte offiziell mit der Begründung im Libanon interveniert, Gewalttaten zu verhindern (Taureck 1991, S. 86 ff.)
Die zweite Irritation geht von Levinas’ Bestätigung der Verfluchung Spinozas aus. Baruch de Spinoza hatte bekanntlich im 17. Jahrhundert Widersprüche und Ungereimtheiten im Alten Testament entdeckt. Bevor man ihn exkommunizierte, ließ man ihn durch Spitzel aushorchen, versucht ihn zu bestechen und es kommt sogar zu einem Mordanschlag auf ihn. Die Ausstoßung aus der jüdischen Gemeinde von Amsterdam enthält wüste Verwünschungen: „Verflucht sei er am Tage und verflucht sei er bei Nacht; verflucht sei er, wenn er sich niederlegt, und verflucht sei er, wenn er aufsteht; verflucht sei er bei seinem Ausgang und verflucht sei er bei seinem Eingang. Möge Gott ihm niemals verzeihen, möge der Zorn und der Grimm Gottes gegen diesen Menschen entbrennen […] und seinen Namen unter dem Himmel austilgen.“ (Zitiert nach Weischedel 1999, S. 134). Als David Ben Gourion 1955 dieses Anathema gegenüber Spinoza aufgehoben wissen möchte, protestiert Levinas und schreibt, Spinoza habe „Verrat“ betrieben und das Alte dem Neuen Testament untergeordnet. Spinoza sei zu verdanken, dass das Christentum heimlich über das Judentum gesiegt habe. Ihm sei ein „Skandal der Abtrünnigkeit“ (scandale de l’apostasie) zu verdanken. (Levinas 1983, S. 140 ff.) Dass Levinas die kulturelle Identität des Judentums durch Spinoza gefährdet sieht, mag einem legitimen Interesse entsprechen. Nicht legitimierbar erscheint es dagegen, dieses Interesse zu verfolgen, indem die Gewalttätigkeit einer voraufklärerischen religiösen Verfluchung ausdrücklich bestätigt werden soll. Es scheint methodisch geboten, beide Irritationen nicht aus dem ethischen Asymmetrismus von Levinas abzuleiten, sondern als Verhalten zu werten, das durch den Asymetrismus offenbar nicht auflösbar ist. In beiden Fällen hätte man sich weitere Rechtfertigungen durch denjenigen gewünscht, der den Asymmetrismus zuerst konzipiert hat.
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Taureck, B. (2014). Asymmetrismus – Zum Spannungsverhältnis zwischen Gerechtigkeit und Alterität bei Zygmunt Bauman. In: Junge, M., Kron, T. (eds) Zygmunt Bauman. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19903-0_15
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