Zusammenfassung
Wenn die Grounded Theory explizit die Anpassungsbedürftigkeit methodischer „rules of thumb“ betont und zur Begründung auf die interpretationsbedürftige Lücke zwischen Regel und Situation verweist sowie auf die Dynamik der fortwährend neu geschaffenen sozialen Welt, dann bleibt es nicht aus, dass auch dieser Forschungsstil selbst nicht statisch bleibt, sondern fortwährenden Veränderungen unterliegt. Waren in den 1960er Jahren ambitionierte Gegenentwürfe zur Überwindung der Unzulänglichkeiten standardisierter Sozialforschung gefragt, so muss sich die Grounded Theory inzwischen in einem Geflecht unterschiedlicher methodologischer Positionen und methodischer Verfahren innerhalb des Spektrums der qualitativ-interpretativen Sozialforschung verorten und zugleich die Ausdifferenzierung auch der sozialtheoretischen Positionen (und ihrer methodologischen Implikationen) reflexiv auf die eigene Forschungspraxis beziehen. Daraus resultierten eine Reihe von Verfahrensvarianten, deren bedeutendste, die konstruktivistische Grounded Theory nach Kathy Charmaz und die Situationsanalyse von Adele Clarke, nachfolgend kurz dargestellt und diskutiert werden.
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Notes
- 1.
Trotz historisch weiter zurückliegender Vorläufer wurde die Postmoderne als gesellschaftstheoretische Konzeption erst mit den französischen Poststrukturalisten sozialwissenschaftlich relevant. Nach wesentlichen Vorarbeiten vor allem von Foucault war es insbesondere Loyotards zuerst 1979 erschienene Schrift „Das postmoderne Wissen“, die dem „postmodern turn“ Sichtbarkeit verschaffte.
- 2.
STS = Sciecne and Technologiy Studies, ein Forschugnsprogramm der neueren Wissenschafts- und Tehcnikforschung ab den späten 1970er Jahren (vgl. Heintz 1998).
- 3.
Mit Keller (2011, S. 235) verstehe ich unter Diskurs „einen Komplex von Aussagereignissen und darin eingelagerten Praktiken, die über einen rekonstruierbaren Strukturzusammenhang miteinander verbunden sind und spezifische Wissensordnungen der Realität prozessieren“.
- 4.
Hinweise auf die Theorie Sozialer Welten und das weitere theoretische Werk von Strauss sind hier unvermeidlich und zugleich notwendig kurz gehalten. Zum besseren Verständnis s. Clarke 1991 und Strübing 2007a.
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Strübing, J. (2014). Grounded Theory und Situationsanalyse: Zur Weiterentwicklung der Grounded Theory. In: Grounded Theory. Qualitative Sozialforschung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19897-2_7
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