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Sozialisation und Konstruktion von Geschlecht und Jugend

Empirischer Konstruktivismus und dokumentarische Methode

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Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis
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Zusammenfassung

In diesem Beitrag entfalte ich eine Perspektive der Geschlechter- und Jugendforschung, welche eine Verbindung konstruktivistischer und sozialisationstheoretischer Zugänge leistet. Methodologisch stütze ich mich dabei auf die dokumentarische Methode. Der hier vorgestellte Ansatz wurde in einem Jugendforschungsprojekt über Gleichaltrigenbeziehungen ausgearbeitet und wird im Folgenden in diesem Forschungskontext dargestellt.

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Notes

  1. 1.

    Das von der Autorin geleitete DFG-Forschungsprojekt mit dem Titel „Ausgestaltung und Bedeutung der Beziehungen zu Gleichaltrigen des eigenen und des anderen Geschlechts in der Adoleszenz“ wurde von 1996 bis 2000 an der Universität Osnabrück durchgeführt. Wissenschaftliche Mitarbeiterin war Sabine Kausträter.

  2. 2.

    Konstruktivismus ist ein schillernder Begriff, eine Sammelbezeichnung für widersprüchliche theoretische und methodologische Ansätze und Überlegungen. Die konstruktivistische Basisannahme, dass Erkenntnisse vom Erkennenden abhängen, dass sie Interpretationen der Wirklichkeit sind und deshalb keine Übereinstimmung von Theorie und Wirklichkeit oder Aussage und Sachverhalt behauptet werden kann, ist darüber hinaus keineswegs auf den Konstruktivismus beschränkt, sondern gehört zum Grundbestand wissenschaftlichen Denkens. Konstruktivistische Ansätze zeichnen sich dadurch aus, dass sie diese Einschränkung der Geltung von wissenschaftlichen Aussagen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen stellen und gleichzeitig die Konzeption einer „objektiven“ Wirklichkeit verwerfen (vgl. von Glasersfeld 1997; 1998). „Statt des Sehens (wie sowohl in der aprioristischen als auch in der empiristischen Tradition der Erkenntnistheorie) präferiert der Konstruktivismus das Tasten (Herv. i. Orig.) als Metapher der Wissensgewinnung“ (Herzog 1998, 531).

  3. 3.

    Vgl. Bohnsack 1989 sowie in diesem Band die Beiträge von Bohnsack, Nentwig-Gesemann, Fritzsche und Nohl.

  4. 4.

    Sedef Gümen (1998) weist jedoch darauf hin, dass sich auch in den Theoriesträngen, die die interaktive Herstellung des Geschlechts thematisieren, quasi unter der Hand die Geschlechterdifferenz als zentrale Differenz durchsetze und andere Formen der Differenz zum Besonderen vor diesem Allgemeinen werden. Die Ansprüche nach Pluralisierung von Differenzen und nach Kontextualisierung der Kategorie Geschlecht als einer grundlegend im Sozialen eingebundenen Kategorie würden damit unterlaufen.

  5. 5.

    Die Konzeption der Jugend als Moratorium geht auf Erik Erikson (z.B. 1997) zurück und wird bis heute in allen ihren Variationen mit ihm in Verbindung gebracht, zustimmend oder distanzierend, entweder inhaltlich oder zumindest als pflichtschuldige Fußnote. Erikson hat eine Theorie der Entwicklung in der Lebensspanne entwickelt, wobei in jeder Lebensphase ein bestimmtes Thema in den Vordergrund rückt, nicht aber einzig in einer Lebensphase überhaupt auftritt. Er konstituiert die jeweilige Thematik als ein Spannungsfeld zwischen zwei Polaritäten und damit als potenziell krisenhaft. Die Jugendphase konzipiert er als Krise zwischen Identität und Identitätsdiffusion und als eine Phase, die es, verkürzt gesagt, dem (männlichen, bürgerlichen) Individuum gestattet, diverse Identitäten auszuprobieren, um schließlich die richtige zu finden und sozial bestätigt zu sehen. Mit diesem Spielraum ist eine Abweichung von der Norm in die Normalität der Jugendphase integriert. Wie Bohnsack/Nohl (2001a) in einer empirischen Analyse zu männlichen Jugendlichen gezeigt haben, können sich in diesem Moratorium „Aktionismen“, d.h. ausgeprägt spontane, kollektive Handlungspraktiken entfalten. Dabei werden nicht nur gesellschaftliche Vorkehrungen für ein Moratorium genutzt, sondern diese zum Teil von den Jugendlichen selbst geschaffen.

  6. 6.

    Neben der hier dargestellten kommunikativen Beziehungskultur ließen sich in der weiteren Forschung mit Mädchen- und Jungengruppen noch zwei weitere Typen unterscheiden, nämlich eine aktionistische und eine zielorientierte Beziehungskultur (vgl. Breitenbach 2007). Diese drei Beziehungskulturen sind durch ihre je spezifische Praxis und Orientierung gekennzeichnet. Darüber hinaus lassen sie sich mit geschlechtstypischen, schulmilieutypischen und familientypischen Erfahrungshintergründen verbinden. Dabei zeigte die empirische Analyse, dass die Geschlechtszugehörigkeit lediglich bei der kommunikativen Beziehungskultur eine so entscheidende Rolle spielt, dass von einer Geschlechtstypik gesprochen werden kann. Bei aktionistischen und zielorientierten Beziehungskulturen hat die Geschlechtszugehörigkeit einen sehr viel geringeren

    Stellenwert. Sie ist lediglich bei der Entfaltung bestimmter aktionistischer Praktiken bzw. einer bestimmten Zielorientierung von Bedeutung. Die Performance der verschiedenen Praktiken orientiert sich häufig entlang geschlechtsbezogener Vorstellungen und Muster von Männlichkeit und Weiblichkeit – oder in Abgrenzung zu diesen. Dieser Befund verhindert die vorschnelle Verallgemeinerung von einer geschlechtstypischen weiblichen kommunikativen Freundschaftskultur auf alle Formen weiblicher jugendlicher Freundschaften oder Freundschaften insgesamt.

  7. 7.

    Zentral für meine Unterscheidung von Eltern- und Kindergeneration ist die Altersdifferenz und ihre Bedeutung für das ‚doing adolescence‘. Für eine Untersuchung von Generationen im Mannheim‘schen Sinne vgl. den Beitrag von Schäffer i. d. Band.

  8. 8.

    Der hier folgende Gesprächsabschnitt ist, wie die meisten unserer Passagen über Sexualität, von Gelächter und Gekicher untermalt.

  9. 9.

    Dieser technische Umgang mit dem Thema Sexualität findet sich nicht nur bei den jüngeren Mädchen, sondern ist ein durchgängig vorfindbares Muster.

  10. 10.

    In der theoretischen Fundierung jugendlicher Sexualität dominieren nach wie vor Ansätze, für welche die Pubertät den Auslöser jugendlicher Entwicklung und den individuellen Einstieg in die Jugendphase darstellt. Die Vorstellung, dass die Adoleszenz durch körperliche Prozesse eingeleitet und in entscheidendem Maße bestimmt (und möglicherweise auch in ihrem Ende festgelegt) sei, gibt ihr eine quasi natürliche und nicht hintergehbare Grundlage. Daneben gibt es jedoch gerade in den letzten Jahren ebenfalls empirische Studien, die vielfältige Funktionen jugendlicher Sexualität aufzeigen, unter anderem, inwieweit Sexualität im Prozess des Heranwachsens auch als Instrument zur Inszenierung von jugendlicher Weiblichkeit und Männlichkeit genutzt werden kann (vgl. Fritzsche 2003, Tervooren 2006).

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© 2013 Springer Fachmedien Wiesbaden

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Breitenbach, E. (2013). Sozialisation und Konstruktion von Geschlecht und Jugend. In: Bohnsack, R., Nentwig-Gesemann, I., Nohl, AM. (eds) Die dokumentarische Methode und ihre Forschungspraxis. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19895-8_8

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-19895-8_8

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  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-19894-1

  • Online ISBN: 978-3-531-19895-8

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