Zusammenfassung
Im Internet stehen Rezipienten vielfältige Partizipationsmöglichkeiten zur Verfügung, die es in traditionellen Medienangeboten nicht gab. Ein Wandel der Beziehung zwischen Medien und Rezipienten erscheint möglich: Die vormals klaren Grenzen zwischen Kommunikator und Rezipient verschwimmen zusehends, auch Rezipienten können sich im Internet als Kommunikatoren betätigen. Der vorliegende Beitrag untersucht, inwieweit im Rahmen dieser Partizipationsmöglichkeiten auch ein politischer Rollenwandel der Rezipienten möglich ist, ob also neue Beteiligungsmöglichkeiten im Internet eine aktivere Teilhabe an politischen Prozessen nach sich ziehen. In diesem Zusammenhang wird analysiert, ob auf massenmedialen Internetseiten politische Diskurse im Sinne einer deliberativen Demokratietheorie stattfinden. In einer Inhaltsanalyse wurden dazu 1.390 Leser-Kommentare auf den Internetseiten von sechs deutschen Printmedien untersucht. Es zeigt sich, dass viele der formalen und normativen Forderungen deliberativer Demokratietheorien auf diesen Plattformen nicht vollständig erfüllt werden. Es lassen sich dennoch Anzeichen dafür finden, dass auf massenmedialen Internetseiten durchaus Diskurse im Sinne der Demokratietheorie zustande kommen können. Hier liegt jedoch noch viel ungenutztes Potenzial, mit dem die Dialogizität der Diskussionen gesteigert werden kann.
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Notes
- 1.
Nicht zu allen ausgewählten Artikeln waren Kommentare vorhanden, und nicht alle Diskussionen erreichten die Anzahl von 50 Kommentaren. Daher wurden weniger Kommentare als die mit diesem Design maximal mögliche Anzahl von 3600 Kommentaren analysiert.
- 2.
IVW-Reichweiten April 2010, Quelle: http://ausweisung.ivw-online.de.
- 3.
Das gesamte Kategoriensystem sowie die genauen Codieranweisungen können der Arbeit von Lolies (2011) entnommen werden.
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Jakobs, I. (2014). Diskutieren für mehr Demokratie?. In: Loosen, W., Dohle, M. (eds) Journalismus und (sein) Publikum. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19821-7_11
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