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Michael Th. Greven und die kritische Theorie der politischen Gesellschaft. Einige einleitende Bemerkungen

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Zur kritischen Theorie der politischen Gesellschaft

Zusammenfassung

Wenn ein Wissenschaftler wie Michael Th. Greven seinen 65. Geburtstag begeht, kann er auf Jahrzehnte eines wissenschaftlichen, akademischen und öffentlichen Wirkens zurückblicken, dessen Breite, Vielfalt und Einfluss kaum noch überschaubar ist. Berücksichtigt man allein seine publizierten Schriften, so stehen Auseinandersetzungen mit politischen Parteien und Neuen Sozialen Bewegungen, mit politischer Bildung, Demokratie, Terrorismus oder Herrschaftspraktiken der DDR neben der Beschäftigung mit konservativer Kulturkritik und kritischer Gesellschaftstheorie, dem politischen Denken Carl Schmitts, Luhmanns Systemtheorie oder mit Rudi Dutschkes politischer Anthropologie. Und damit sind nur einige wenige der Themen und Probleme genannt, mit denen er sich über Jahrzehnte hinweg befasst hat.

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Notes

  1. 1.

    Vgl. hierzu die Bibliographie seiner Schriften am Ende dieses Bandes.

  2. 2.

    Man denke an die Debatte über den „Tod“ von Autor und/oder Subjekt, die seit Roland Barthes und Michel Foucault poststrukturalistisches und postmodernes Denken durchzieht. Auf den Umstand, dass die postmoderne These vom „Tod“ des Autors ihrerseits angesichts der Traditionslinie von Hegel über Marx bis zur Kritischen Theorie an sich kaum Originalität beanspruchen, soll hier nicht näher eingegangen werden; vgl. hierzu die folgende Anm. 3.

  3. 3.

    In seiner Habilitationsschrift hatte Michael Th. Greven seine Relativierung der „Sprecherposition“ von Autoren noch auf anderen methodologischen Grundlagen formuliert, als er Johannes Agnoli zitierte: „Ein wissenschaftlicher Anspruch im Sinne gängig-akademischer Vorstellungen (Vorstellungen in dem von Hegel benutzen, genauen Sinn des Wortes) wird nicht erhoben, noch wird Originalität behauptet. Letztere ist inzwischen ohnehin unsinnig geworden. Wer heute ,große‘ wissenschaftliche Werke verfasst: als abgeschlossene Systemtheorien oder als enzyklopädische Darstellungen, usurpiert nur den Titel der Autorenschaft. Die Vergesellschaftung der Erkenntnis hat einen derart hohen Grad erreicht, dass ‚Autoren‘ in Wirklichkeit kollektiv erarbeitete Materialien, Informationen und Reflexionen sowie kollektiv erfahrene Ergebnisse der Praxis lediglich registrieren und redigieren.“ (Johannes Agnoli zit. n. Greven 1977, S. 375). – Diesen Hinweis verdanke ich Veith Selk; O.A.

  4. 4.

    Vgl. z.B. Greven 1990, S. 18; Greven 1998a, S. 193, Greven 1998b oder Greven 2001a, S. 207; hierzu auch weiter unten.

  5. 5.

    Vgl. die 1994 unter dem Titel „Kritische Theorie und historische Politik“ versammelten Aufsätze Grevens über wichtige Vertreter und Probleme der Tradition kritischer Gesellschaftstheorie aus den 80er und frühen 90er Jahren des 20. Jahrhunderts, die er im Untertitel explizit als „Beiträge zur gegenwärtigen Gesellschaft“ verstanden wissen will (Greven 1994a).

  6. 6.

    Diese Thematik zeigt sich auch in der sich durchhaltenden, mit der ersten publizierten Schrift von 1974 beginnenden kritischen Auseinandersetzung mit der Systemtheorie insbesondere Niklas Luhmanns; vgl. Greven 1974, Greven 1982, Greven 1998 oder Greven 2001a; vgl. hierzu auch in diesem Band den Beitrag von Karsten Fischer.

  7. 7.

    Greven 1999, S. 21; vgl. ein Vierteljahrhundert früher hierzu Greven 1974, S. 9.

  8. 8.

    „Die Politikwissenschaft ist theoretische Reflexion und empirische Untersuchung der politischen Gesellschaft, sie hat allein in dieser ihre historische und erfahrungswissenschaftliche Grundlage“ (Greven 1990, S. 11).

  9. 9.

    Seiner schon genannten ersten Publikation schickt Greven als Motto ein Zitat Adornos voraus, das das Konzept des „Systems“ als „Darstellungsform einer Totalität“ als prinzipiell idealistisch kritisiert (Greven 1974, S. 7), ohne doch die reale Vermitteltheit alles Besonderen durch ‚systemische‘ Verhältnisse und Zwänge auszublenden.

  10. 10.

    Vgl. programmatisch Greven 1990, dann systematisch Greven 1999.

  11. 11.

    So Greven 2010, S. 68; schon dreieinhalb Jahrzehnte zuvor sah er die „heutige Situation (…) gekennzeichnet durch eine zunehmende Politisierung aller Bereiche, die man lange als unpolitische, gesellschaftliche dem Staat gegenüberstehend glaubte“ (Greven 1974, S. 51).

  12. 12.

    Vgl. die jüngsten, gegenüber jeder „Revolutionssemantik“ skeptischen Bemerkungen, wonach „[m]it dem Wandel zur politischen Gesellschaft (…) die Voraussetzungen d[es] Paradigmas von intentional herbeizuführender und zu steuernder Revolution und Systemveränderung entfallen“ sind (Greven 2011, S. 280).

  13. 13.

    Zu dieser Problematik, die sich auch in der gegenwärtigen Debatte über die Konsequenzen einer vertraglich begründeten Fiskalunion spiegelt (vgl. etwa Beckert u. Streeck 2012), vgl. auch den Beitrag von Beate Kohler-Koch in diesem Band.

  14. 14.

    In diesem historisch spezifischen Sinne also gehören „Politik“ und „Demokratie“ für Greven zusammen: „‚Politik‘ war seit ihrer ‚Erfindung‘ in Griechenland der Versuch, aktiv und selbstbewusst jene ‚Gesellschaft‘ zu gestalten und hervorzubringen, in der Menschen nach dem jeweiligen Stand ihrer ökonomischen und kulturellen Entwicklungen leben; ‚Demokratie‘ zielte historisch darauf ab, in diese Entwicklung immer mehr Menschen einzubeziehen und sie auf die verschiedensten gesellschaftlichen Bereiche auszudehnen.“ (Greven 1994c, S. 121; vgl. auch Greven 1993, S. 401 ff.).

  15. 15.

    Vgl. etwa Greven 2003, S. 77 ff.; er bezieht sich hier auf einen Hinweis von Giovanni Sartori, dass „Demokratie (…) nicht fortbestehen kann, wenn ihre Grundsätze und Mechanismen den geistigen Horizont des Durchschnittsbürgers übersteigen“ (Sartori 1997, S. 23).

  16. 16.

    Denn „[a]uch die sogenannten ‚Spielregeln‘ der Demokratie, wie die Anerkennung des Mehrheitsprinzips und anderer Mehrheitsregeln, verlieren heute aus strukturellen und subjektiven Gründen ihren unproblematischen Status“ (Greven 1996, S. 247).

  17. 17.

    „Demokratie ist mehr als jede andere Regierungs- und Lebensform nicht nur auf ihr Verständnis, sondern auch auf die Intelligenz von Bürgern und Bürgerinnen angewiesen. Diese intellektuelle Fähigkeit und die entsprechende Motivation muß (…) bewußt hervorgerufen und (…) gefördert werden“ (Greven 1999, S. 228).

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Asbach, O. (2012). Michael Th. Greven und die kritische Theorie der politischen Gesellschaft. Einige einleitende Bemerkungen. In: Asbach, O., Schäfer, R., Selk, V., Weiß, A. (eds) Zur kritischen Theorie der politischen Gesellschaft. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19669-5_1

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