Skip to main content

Krankenhausarzt: Beruf und Profession im Wandel

  • Chapter
Die Transformation des Marburger Bundes

Zusammenfassung

Der Beruf definiert als grundlegende Kategorie die Organisationsdomäne eines Berufsverbandes. Dieser wird sich in seinem Handeln daher an dem der Mitgliedschaft zugrundeliegenden Beruf, dessen Berufsbild und -profil orientieren. Berufsorganisationen und Beruf(sprofil) beeinflussen sich somit wechselseitig. Dies trifft insbesondere auf den Marburger Bund zu. Denn beim Arztberuf handelt es sich um eine Profession, bei der Standes- und Statusfragen aufs Engste mit beruflichen Aspekten verwoben sind. Umfassend soziologisch bearbeitet wurde die ärztliche Profession von Eliot Freidson (1979: 23), der auf die Bedeutung „ offizieller Organisationen von Berufsständen“ für die Professionund deren Standesverständnis hinweist. Die Wechselwirkung zwischen der Berufsentwicklung und der Organisation des Berufs wird auch in dem von Jütte 1997 herausgegebenen Sammelband zur „Geschichte der deutschen Ärzteschaft“ betont. Die Autoren stellen in einer umfassenden Analyse der historischen Genese der „Standesvertretung der Ärzte“ den Zusammenhang zwischen der sich entwickelnden Verbandslandschaft, der ärztlichen Standesfrage und dem Arztberuf her (Jütte 1997b: 12). Diese Feststellung ist zunächst ein Indiz dafür, dass sich Stand und Status im Laufe der Zeit wandeln. Sie unterliegen in Abhängigkeit von der sie umgebenden Umwelt einem steten Anpassungs- und Veränderungsdruck. Zugleich sind Berufsgruppen diesem Druck nicht ohnmächtig ausgeliefert. Sie können kollektiv versuchen, auf die Entwicklung des Berufsstandes Einfluss zu nehmen. Die Herausbildung der ärztlichen Profession kann daher nicht „ohne die ausführliche Behandlung der Berufsverbände“ verstanden werden (Rauskolb 1976: 92f.).

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 39.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Freidsons einschlägige Monographie „Der Ärztestand. Berufs- und wissenschaftssoziologische Durchleuchtung einer Profession“ liefert detaillierte Einsichten in die Professionalisierung des Arztberufes und die arbeitsteilige Gestaltung des Beschäftigungsplatzes Krankenhaus. Kritisch zu berücksichtigen ist die hauptsächlich amerikanische Perspektive seiner aus dem Jahr 1970 stammenden Untersuchung.

  2. 2.

    Eine Verknüpfung des ärztlichen Berufsstandes und der Sozialgeschichte findet sich auch in der Arbeit von Gabriele Moser (2011), die allerdings zeitlich auf das Kaiserreich und die Weimarer Republik beschränkt ist.

  3. 3.

    Mitunter impliziert diese Metapher den Vorwurf eines elitären Habitus, der den Ärzten zugeschrieben wird (vgl. Interview MB (1) vom 23.04.2008, Bezirksverband, Ehrenamt; Interview ver.di (2) vom 03.03.2009, Bundesverband, FB 3 Betriebs- und Branchenpolitik).

  4. 4.

    Da der Begriff Freie Berufe hauptsächlich nur noch der Abgrenzung gegenüber einem Gewerbe beziehungsweise einer gewerblichen Tätigkeit dient, wird in dieser Arbeit vornehmlich der Begriff Profession verwandt. Für einen soziologische Betrachtung von Profession und Freiberuflichkeit vgl. bspw. Kairat 1969. Bezogen auf die Unterteilung der Ärzteschaft in niedergelassene und angestellte Ärzte ergäbe sich darüber hinaus das Problem, dass mit einer freiberuflichen Tätigkeit zugleich eine wirtschaftliche Selbstständigkeit verbunden wird, die sich auf die Krankenhausärzte (mit Ausnahmen der Chefärzte) nicht anwenden lässt. Hier ist der professionsbezogene Aspekt der beruflichen Autonomie passender. Speziell zur Freiberuflichkeit des Arztberufes vgl. bspw. Rauskolb 1976: 29–38, 44–49.

  5. 5.

    Stark vereinfacht charakterisiert auch Rauskolb (1976: 99) drei Phasen ärztlicher Berufsorganisation, die sie anhand ihrer primären Zielsetzung unterscheidet: 1. Phase: Wissenschaftliche Zielsetzung; 2. Phase: Standespolitische Zielsetzung; 3. Phase: Wirtschaftliche Zielsetzung.

  6. 6.

    Die Medizinalordnung oder auch Medizinalverfassung kann im Unterschied zur heutigen Trennung zwischen Berufsordnung und Ärzteordnung (vgl. Kapitel 3.2.2) als Mischform der beiden angesehen werden (vgl. Stobrawa 1979: 28).

  7. 7.

    Die Heterogenität ergab sich aus der nicht einheitlichen Regelung von Zugang und Prüfung der Ärzte in den Staaten des Deutschen Bundes sowie der Ausbildung in mindestens zwei unterschiedlichen, konkurrierenden Klassen (praxisorientierte Wundärzte und akademische Ärzte). Zusätzlich führte die bis in die 1830er-Jahre steigende Studierendenzahl zu Konkurrenz zwischen den Ärzten, die sich auch auf die allgemeine materielle Lage der Ärzteschaft auswirkte (vgl. Jütte 1997a: 26f.).

  8. 8.

    Das Großherzogtum Baden erließ eine Verordnung, durch die ein gewählter ärztlicher Ausschuss ins Leben gerufen wurde. Außerdem wurde die Vereinsbildung ausdrücklich erlaubt (vgl. Jütte 1997a: 37).

  9. 9.

    Bezogen auf das Sozialprestige bedeutete diese Einordnung des Arztberufes als „gewöhnliche Erwerbstätigkeit“ aus Sicht der Ärzte, dass auch ihnen zugeschrieben würde „das Streben nach Profit unter Hintanstellung aller ethisch-moralischen Prinzipien“ in den Vordergrund zu stellen, was sich nicht mit ihrem Berufsethos und ihrer Standesehre vereinbaren ließ (Moser 2011: 48).

  10. 10.

    Zur Kurpfuscherei zählten nicht naturwissenschaftliche Behandlungsmethoden (wie Naturheilverfahren oder Homöopathie), die Behandlung durch medizinische Laien oder die „Kompetenzüberschreitungen zugelassener niederer Heilpersonen“ (Herold-Schmidt 1997: 60). Diese Konkurrenz war aufgrund der Kurierfreiheit möglich, die mit der Aufnahme des Arztes in die Gewerbeordnung einherging (vgl. Moser 2011: 22)

  11. 11.

    „Für die Legitimation beruflicher Autonomie- und herausgehobener Sozialstatusforderungen spielte somit die Bedeutung der Ärzte für die öffentliche Gesundheit eine zentrale Rolle. Immer wieder wurde daher auf das Volkswohl, ja sogar auf das des Reiches und die Erhaltung des politischen Status quo Bezug genommen“ (Herold-Schmidt 1997: 81). Einen wichtigen Beitrag zu dieser Interpretation leistete die Einführung der Krankenversicherung für Arbeiter im Jahr 1883. Damit erschloss sich ein neues Klientel, das sich vorher eine ärztliche Behandlung kaum leisten konnte. Zugleich wurde die Verantwortung und der Nutzen der Ärzteschaft für die gesamte Gesellschaft evident (vgl.Moser 2011: 27f., 33).

  12. 12.

    Aufgrund der Entwicklung des ärztlichen Arbeitsmarktes schloss sich der Leipziger Verband jedoch bereits 1903 dem Ärztevereinsbund an (vgl. Kapitel 2.3.2).

  13. 13.

    Mit der gesetzlichen Krankenversicherung trat die Ausgestaltung der Beziehungen zwischen Krankenkassen und niedergelassener Ärzteschaft auf die Agenda (vgl. Stobrawa 1979: 23). Wegen des Fokus der Arbeit auf den angestellten Krankenhausarzt wird diese Entwicklung (vgl. Rauskolb 1976: 109–112) nicht vertieft.

  14. 14.

    Die Ärzte taten sich mit den neuen Fachgebieten schwer. Die anerkannten Disziplinen (wie Innere Medizin) fürchteten um ihren Einfluss und generell sollte die Ärzteschaft nicht in zwei Klassen gespalten werden (weshalb auch eine Spezialarzt- bzw. Facharztprüfung abgelehnt wurde) (vgl. Herold-Schmidt 1997: 65, 74).

  15. 15.

    Verstärkt wurde der Ärzteüberschuss durch die in den Kriegsjahren mit verkürztem Studium und Notapprobation rekrutierten Jungärzte. Diese drängten nach dem Ende des Krieges „auf den ärztlichen Arbeitsmarkt und verschärften den Konkurrenzdruck“ (Moser 2011: 58).

  16. 16.

    Die Beschränkung der Kassenzulassung war im Oktober 1923 durch eine Notverordnung erlassen worden (Moser 2011: 72).

  17. 17.

    Zur ärztlichen Tätigkeit im Dritten Reich und die Verstrickungen der Ärzteschaft in die nationalsozialistischen Verbrechen, Euthanasie und Eugenik sei an dieser Stelle beispielsweise auf Rüther (1997) und Wolff1997: 134–142) verwiesen (vgl. auch Rauskolb 1976: 135–139). Sowie zur Vergangenheitsbewältigung der deutschen Ärzteschaft auf Jachertz (1997).

  18. 18.

    Dies zeigte sich beispielsweise in den 1950er-Jahren, als im Marburger Bund Debatten über die Frage, inwieweit Streiks mit dem ärztlichen Professionsstatus vereinbar sind, geführt wurden. Ein weiteres Beispiel ist die Frage nach dem gewerkschaftlichen Selbstverständnis bei den MB-Mitgliedern.

  19. 19.

    Nicht alle Fachärzte können irgendwann auf eine der begrenzten Oberarztstellen wechseln.

  20. 20.

    Zur Erläuterung sei an dieser Stelle kurz darauf verwiesen, dass von neuen tariflichen Regelungen beziehungsweise Kürzungen immer zunächst die jungen Assistenzärzte mit Neuverträgen betroffen sind und nicht die Assistenzärzte mit Altverträgen (diese erst bei Arbeitgeberwechsel oder einem Neuvertrag aufgrund von Befristung) (vgl. Kapitel 5.1). Normalerweise handelt es sich bei diesen Jungärzten tatsächlich auch altersbezogen um junge Ärzte.

  21. 21.

    Die Regelstudienzeit wird im Durchschnitt leicht überschritten. Im Jahr 2003 lag sie bei 12,9 Semestern. „Der durchschnittlich geringe Quartilsabstand von nur 1,8 Semestern ist Ausdruck einer starken Kohärenz der Studiengänge.“ 54 Prozent der Erstsemester hatte 2003 ihren Abschluss innerhalb von 13 Semestern, 77 Prozent innerhalb von 14 Semestern (vgl. Wissenschaftsrat 2005: 100).

  22. 22.

    Die Dauer und die weiteren erforderlichen Bestandteile des Studiums (wie der 3-monatige Krankenpflegedienst, die Erst-Hilfe-Ausbildung und die Famulatur (Praktikum) von 4 Monaten) sind in der Approbationsordnung für Ärzte (ÄAppO) geregelt (vgl. Nagel 2007: 318f.).

  23. 23.

    In einigen Bundesländern, beispielsweise in Baden-Württemberg, ist die fachgebundene Hochschulreife ausreichend.

  24. 24.

    Die 18 Monate dauernde Phase des Arztes im Praktikum (AiP) vor der Approbation wurde am 01.10.2004, nicht zuletzt aufgrund der Trendwende auf dem ärztlichen Arbeitsmarkt, abgeschafft. Diese feierte der Marburger Bund als großen Erfolg. Ver.di weist jedoch darauf hin, dass die ÖTV bei der Einführung des AiP konsequent gegen diesen war, während der Marburger Bund ihn mit getragen hat. „Eingeführt wegen ärztlichem Überhang und Klage über praxisferne Ausbildung und hohen Einarbeitungsaufwand. Ärzteschaft und MB waren sich einig, das AiP das richtige Mittel für die Praxisphase ist. […] AiP war aber zu Lasten der Betroffenen: 3 AiPler teilen sich eine Arztstelle“ (Interview ver.di (3), Bundesverband, FB 3 Berufspolitik).

  25. 25.

    Die BÄO regelt gesetzlich das Verhältnis von Ärzteschaft und Staat (Zulassung, Berufsausübung). Die BO dagegen reguliert das Verhältnis der Ärzte untereinander sowie zum Patienten (Verhaltensregeln, Ethik). Sie wird von der ärztlichen Selbstverwaltung (Ärztekammern) erlassen (vgl. Stobrawa 1979: 28).

  26. 26.

    Durch die MBO sollen die Berufsordnungen,die von den einzelnen Landesärztekammern verabschiedet werden, möglichst einheitlich ausfallen. Der 1949 unternommene Versuch, eine bundeseinheitliche Regelung einzuführen, scheiterte an verfassungsrechtlichen Bedenken. Die föderale Struktur der Bundesrepublik spricht den Ländern die alleinige Kompetenz in Bezug auf die Ärztegesetzgebung zu (Gerst 1997: 213). Durch die Einführung der MBO durch die Bundesärztekammer, die aus gleichem Grund nur eine privatrechtliche Organisation und keine Körperschaft öffentlichen Rechtsist, sollte auch „die Befähigung des ärztlichen Standes zur Selbstverwaltung“ unter Beweis gestellt werden, weshalb die Landesärztekammern die MBO dann auch weitestgehend übernahmen (ebd.: 214). Bundesweit festgelegt wurde 1961 in der Bundesärzteordnung (BÄO) lediglich die Approbationsregelung (vgl. ebd.: 215).

  27. 27.

    Die MBO (§3 Abs. 1) verdeutlicht, dass sich berufs(un)würdiges Verhalten nicht nur auf die ärztliche Tätigkeit bezieht: „Ärztinnen und Ärzten ist neben der Ausübung ihres Berufs die Ausübung einer anderen Tätigkeit untersagt, welche mit den ethischen Grundsätzen des ärztlichen Berufs nicht vereinbar ist“ (Bundesärztekammer 2006a: 8).

  28. 28.

    Ein Beispiel für derartiges Fehlverhalten ist der Abrechnungsbetrug.

  29. 29.

    Die Einheitlichkeit der WBOs ist nicht verbindlich. Die Bundesärztekammer stellt nur eine (Muster-)Weiterbildungsordnung mit „empfehlenden Charakter“ zur Verfügung (Bundesärztekammer 2010a). Neben der Weiterbildung regeln die Ärztekammern über die Berufsordnung auch die Fortbildungspflichten von Ärzten. Darüber hinaus werden sie, wie auch die wissenschaftlichen Fachgesellschaften und andere Träger, durch eigene Akademien selber zu Anbietern von Fortbildungen (vgl. Nagel 2007: 321).

  30. 30.

    Interview MB (4) vom 02.03.2009, Bundesverband, Ehrenamt.

  31. 31.

    Für die Heterogenität spielen des Weiteren die Arzthierarchie (vgl. Kapitel 3.3.1) sowie, bezogen auf die gesamte Ärzteschaft, die unterschiedlichen Interessen zwischen niedergelassenen und angestellten Ärzten (vgl. Kapitel 3.1) eine Rolle.

  32. 32.

    Vgl. dazu auch Kapitel 2.2.3 zu Entwicklung der Beschäftigtenzahlen, Kapitel 2.2.4 zum Ärztemangel und Kapitel 3.3.2 zur Ausweitung von Feminisierung und Teilzeitarbeit.

  33. 33.

    Vgl. dazu auch Kapitel 3.1 zu Stand, Status und Macht.

  34. 34.

    Vgl. dazu auch Kapitel 3.3.1 zur Hierarchie im Krankenhaus und Kapitel 3.3.3 zur Arbeitszeit.

  35. 35.

    „Schlechtere Perspektive, wenn wir uns nicht niederlassen können. […] Niederlassung war keine Perspektive mehr. […] Es wurde erst dann vielen klar, die Anstellung im öffentlichen Dienst, das ist mein Job bis 67. Das mussten viele erst mal begreifen (Interview MB (12) vom 07.06.2011, Bezirksverband, Ehrenamt.

  36. 36.

    Interview MB (2) vom 13.05.2008, Landesverband, Ehrenamt.

  37. 37.

    In Krankenhäusern kirchlicher Träger kommt als viertes die Oberin hinzu, die für „die Umsetzung der (Träger-)Leitlinien […] für Kultur und Entwicklungsförderung zuständig ist“ (Degenhardt 1998: 7).

  38. 38.

    Vgl. auch Interview MB (4) vom 02.03.2011, Bundesverband, Ehrenamt.: „heilige Dreieinigkeit“.

  39. 39.

    „Der Verwaltungsdirektor ist eine aussterbende Spezies – jetzt eher Geschäftsführer oder kaufmännischer Direktor“ (Interview DKG (1) vom 15.07.2009, Personalwesen Krankenhaus).

  40. 40.

    In Form des Kollegialsystems kommt es auch vor, dass zwei Chefärzte gemeinsam eine Abteilung leiten.

  41. 41.

    Obwohl Chefärzte leitende Funktionen ausüben, sind sie nicht automatisch als Leitende Angestellte (LA) anzusehen (vgl. Kapitel 4.3.2).

  42. 42.

    Das Krankenhaus ist an den Einkünften prozentual beteiligt, der Großteil verbleibt aber bei den Chefärzten.

  43. 43.

    „Chefärzte sind die heimlichen Herrscher. Privatliquidation gleich Selbstbedienung“ (Interview ver.di (2) vom 23.03.2009, Bundesverband, Betriebs- und Branchenpolitik).

  44. 44.

    Die Praxis der Verbeamtung stand zuletzt wegen des Disziplinarverfahrens gegen den Freiburger Unfallchirurgen Hans Peter Friedl, der wegen Kunstfehlern suspendierten wurde, zur Debatte. Der Baden-Württembergische Wissenschaftsminister Peter Frankenberger kündigte eine Gesetzesänderung an, nach der Chefärzte an Unikliniken nur noch angestellt werden sollten (vgl. Badische Zeitung 2009).

  45. 45.

    Aufgrund vieler Altverträge lag, nach der Umfrage des Krankenhaus Barometers, 2007 der Anteil der Chefärzte mit Liquidationsrecht in öffentlichen und privaten Krankenhäusern immer noch bei etwa 60 Prozent, in Kliniken unter freigemeinnütziger Trägerschaft sogar bei 80 Prozent. Bei Neuverträgen ließ sich dagegen eine beachtliche Verschiebung feststellen. In diesen bekamen nur noch 54 Prozent der Chefärzte an öffentlichen Krankenhäusern, 40 Prozent an privaten und knapp 70 Prozent der Chefärzte an freigemeinnützigen Kliniken ein Liquidationsrecht eingeräumt. Abgelöst wird dieses durch neue Ausgestaltungsformen von Chefarztverträgen durch Zielvereinbarungen, Erlösbeteiligung oder die Übernahme von Nebentätigkeiten in den Dienstaufgabenkatalog (vgl. Blum et al. 2007: 49–55).

  46. 46.

    Funktionelle Oberärzte sind Fachärzte in Funktion eines Oberarztes, die aber keine Oberarzt-Planstelle innehaben.

  47. 47.

    „Ausbeutung der Ärzte ist zu 75 Prozent Ausbeutung zwischen den Ärzten selbst“ (Interview DKG (1) vom 15.07.2009, Personalwesen Krankenhaus).

  48. 48.

    An kommunalen Kliniken erfolgt die Eingruppierung analog in die Entgeltgruppen I-IV (vgl. VKA/Marburger Bund 2010: 18).

  49. 49.

    Der Anteil der leitenden Ärzte an der gesamten Krankenhausärzteschaft lag 1980 bei 12,3 Prozent und 1994 bei 9,2 Prozent.

  50. 50.

    Unter Umständen existiert mit der Krankenhauskonferenz eine beratende Instanz aus führenden Mitarbeitern.

  51. 51.

    Interview ver.di (4) vom 31.08.2011, Bundesverband, Hauptamt.

  52. 52.

    Interview MB (1) vom 24.04.2008, Bezirksverband, Ehrenamt.

  53. 53.

    Angeordnete Überstunden sind abrechenbar und wirken sich damit zulasten des Abteilungsbudgets des Chefarztes aus.

  54. 54.

    Vgl. bspw. Braun et al. 2010: 143–150. Ein Überblick über quantitative Studien in US-Krankenhäusern findet sich bei Vera (2007: 309–313), eine deutsche Klinikstudie bei Hucke (2010: 41–50).

  55. 55.

    Interview MB (4) vom 02.03.2011, Bundesverband, Ehrenamt.

  56. 56.

    Interview ver.di (2) vom 23.03.2009, Bundesverband, FB 3 Betriebs- und Branchenpolitik.

  57. 57.

    „Die Macht der Chefärzte wurde zwar beschnitten, die junge Ärzte stehen aber immer noch wegen der Facharzt-Weiterbildung in einer hoher Abhängigkeit zum Vorgesetzten“ (Interview ver.di (3) vom 07.05.2009, Bundesverband, FB 3 Berufspolitik).

  58. 58.

    Angehende Krankenschwestern und Pflegern sowie Ärzten und Ärztinnen wurden in der Untersuchung Videoaufzeichnungen verschiedene Krankenhausuntersuchungen vorgespielt. In 68 Prozent der gezeigten Situationen, in denen weibliche Ärzte mit Patienten interagieren, wurden diese fälschlicherweise der Statusgruppe Krankenschwestern zugeordnet. Andersherum wurden 74 Prozent der männlichen Krankenpfleger der Statusgruppe der Ärzte zugeordnet. Signifikante Unterschiede zwischen Geschlecht und Berufsgruppe der Befragten konnten dabei nicht festgestellt werden (vgl. Horman et al. 1987: 850f.).

  59. 59.

    Negative Effekte einer Verweiblichung auf Status und Einkommen wurde in der Genderforschung für andere Berufsbilder wie beispielsweise das des Sekretärs nachgewiesen.

  60. 60.

    Das Statistische Bundesamt (2011f: 28, Tab. 3.1.1) weist mit 370.000 Ärzten, darunter 166.000 Ärztinnen, insgesamt etwas höhere Zahlen aus und kommt auf einen Frauenanteil von 44,9 Prozent.

  61. 61.

    Der Anteil der Ärztinnen im Krankenhaus lag im Jahr 1991 bei 33,8 Prozent.

  62. 62.

    Die Zahlen beziehen sich auf deutsche und ausländische Studierenden an deutschen Hochschulen.

  63. 63.

    Neben der Diskrepanz zwischen männlichen und weiblichen Erwerbstätigen, fällt der – im Vergleich zu allen Erwerbstätigen – niedrige Anteil an Teilzeiterwerbstätigkeit auf. Teilweise erklärt sich dies dadurch, dass die Zahlen die niedergelassenen Ärzte mit berücksichtigen. Darüber hinaus rangieren Arbeitszeit und Arbeitsbelastung der Krankenhausärzte generell erheblich über denjenigen anderer Beschäftigtengruppen (vgl. dazu ausführlich Kapitel 3.3.3 zur Arbeitszeitentwicklung).

  64. 64.

    Ein Anstieg von 121.610 Vollkräften im Jahr 2005 auf 134.079 im Jahr 2010.

  65. 65.

    Gefragt wurde nach der tatsächlichen Wochenarbeitszeit inklusive Überstunden und Bereitschaftsdienste. Gegenüber 2007 war ein Rückgang um 5 Prozentpunkte festzustellen. Gleichzeitig sank der Anteil derjenigen, die mehr als 10 Überstunden in der Woche ableisten von 40 auf 36 Prozent.

  66. 66.

    Weiterhin gaben 39 Prozent der Ärzte 2010 an, dass der Arbeitgeber nicht systematisch alle Arbeitszeiten erfasst (2007 waren es 49 Prozent) (vgl. Marburger Bund 2010b: 26).

  67. 67.

    Die Zahlen lassen nicht den Schluss zu, dass 50 Prozent der Ärzte Überstunden ohne jeden Ausgleich absolvierten. So gaben 2010 insgesamt 78 Prozent der Befragten an, Überstunden teilweise in Freizeitausgleich umwandeln zu können (vgl. Marburger Bund 2010b: 20).

  68. 68.

    Richtlinie 89/391/EWG des Rates über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit.

  69. 69.

    Richtlinie 93/104/EWG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung. Abgelöst durch: Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.

  70. 70.

    Arbeitszeitgesetz vom 6. Juni 1994 (BGBI. I S. 1170, 1171).

  71. 71.

    Im Durchschnitt von 12 oder 6 Monaten je nach Regelungsfall (§7 Abs. 8, ArbZG).

  72. 72.

    EuGH Urteil vom 03.10.2000, Rs C 303/98 – Simap.

  73. 73.

    BAG Urteil vom 18.02.2003, 1 ABR 2/02.

  74. 74.

    EuGH Urteil vom 09.09.2003, Rs C 151/02 – Jäger.

  75. 75.

    Die Übergangsregelung sah das Nachwirken auch gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstoßender Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen vor. So konnte „der Status Quo der Arbeitszeitgestaltung der Krankenhäuser weiterhin als gesetzeskonform gerechtfertigt werden“ (Füllekrug 2008: 15; vgl. auch Hensche 2010b). Für mögliche rechtliche Probleme, die sich aus der Nichtbeachtung des Arbeitszeit für Arzt oder Klinikleitung ergeben können (wie haftungsrechtliche Fragen), vgl. bspw. Füllekrug 2008: 16ff..

  76. 76.

    Die Deutsche Krankenhausgesellschaft prognostizierte beispielsweise für 2006 Mehrkosten durch die Änderung der Arbeitszeitgesetzgebung in Höhe von 1,3 Milliarden Euro (vgl. DKG 2006: 648).

  77. 77.

    Vgl. Interview MB (19) vom 09.09.2011, Mitglied ohne Funktion.

  78. 78.

    „Helfersyndrom […] Durch die Arbeit am Menschen sind sie zufrieden trotz prekärer Arbeitssituation“ (Interview ver.di (2) vom 23.03.2009, Bundesverband, FB 3 Betriebs- und Branchenpolitik).

  79. 79.

    Für eine Überblicksdarstellung vgl. bspw. Nickel et al. 2008.

  80. 80.

    Zahlen für alle (angestellten und niedergelassenen) Ärztinnen und Ärzte ohne Apotheker auf der Grundlage des Mikrozensus.

  81. 81.

    Ein Nettolohn von 2.600 Euro und mehr bezogen48,8 Prozent aller Ärztinnen und 76 Prozent aller Ärzte(vgl. Statistisches Bundesamt 2011f: 64f., Tab. 3.3).

  82. 82.

    Hauptgrund war, dass die am Ende des Studiums anschließende, niedrig entlohnte 18-monatige Phase des Arztes im Praktikum (AiP) zum 1. Oktober 2004 abgeschafft worden war. Die tariflich festgelegte Entlohnung von zuletzt 1.185,28 Euro im Monat im ersten Jahr der Tätigkeit beziehungsweise 1.350,57 Euro im zweiten Jahr, zog den Durchschnittsverdienst in der DIW-Studie nach unten (vgl. BMI et al. 2003: 2).

  83. 83.

    Noch niedriger lag der Anteil mit 7,6 Prozent bei den Ärzten außerhalb des öffentlichen Dienstes. Über 53 Prozent verdienten 3.200 Euro und mehr, was auf Anreize für eine Niederlassung hinweist. Im öffentlichen Dienst verdiente der gleiche Anteil nur 2.600 Euro und mehr (vgl. Spengler 2005a: 490).

  84. 84.

    Mittelwert und Median des monatlichen Nettoeinkommens junger Ärzte lagen 1993 bei 2.170 beziehungsweise 2.149 Euro.

  85. 85.

    Im Median steigerte sich das Einkommen aller Krankenhausärzte von 2.577 auf 2.677 Euro.

  86. 86.

    Die Wochenarbeitszeit stieg im Mittel von 44,9 auf 46,1 Stunden.

  87. 87.

    Der Abstand beim Stundenlohn zu sonstigen jungen Akademikern im öffentlichen Dienst verringerte sich auf 34 Cent.

  88. 88.

    Vgl. Interview MB (8) vom 28.09.2009, Bundesverband, Hauptamt.

  89. 89.

    Ähnliche Befunde weist die DIW Studie unter Anwendung anderer Ungleichheitsmaße wie Variationskoeffizient oder Perzentilvergleiche nach (vgl. Spengler 2005a: 493).

  90. 90.

    Erstellt wurde die Studie von der Consulting-Firma National Economic Research Associates(NERA), weshalb auch von der NERA-Studie gesprochen wird.

  91. 91.

    Für den Vergleich wurden die Daten durch eine Kaufkraftparitätsberechnung korrigiert. Die Einkommensspanne für Deutschland lag bei 35.465 bis 56.455 $PPP.

  92. 92.

    In der Regel wurden mehrere Quellen aus den einzelnen Ländern herangezogen. Bei der Mehrzahl der Quellen handelt es sich um Statistikämter (vgl.: Barham/Bramley-Harker 2004: 5, 7).

  93. 93.

    Die Autoren der Studie weisen selbst in ihrer Quellenübersicht darauf hin: „unclearifincludes all sourcesofincome“ (Barham/Bramley-Harker 2004: 5). Hinzukommt, dass „all earnings data for hospital doctors includes junior doctors“ (ebd.: 4). Es ist daher möglich, dass für die niedrigsten durchschnittlichen Einkommen der noch bis 2004 existierende Arzt im Praktikum (AiP) berücksichtigt wurde. Das monatliche Entgelt im ersten Jahr der Tätigkeit lag beim AiP bis Ende 2003 bei nur 1.161,92 Euro (vgl. BMI et al. 2003: 2).

  94. 94.

    Großbritannien gehört nach den USA zu den Ländern, in denen die meisten im Ausland tätigen deutschen Ärzte zu finden sind (vgl. Kopetsch 2008: 716; Kapitel 2.2.4).

  95. 95.

    „There is often a lack of data and where data are available, there is often a lack of detailed data description to ensure like is being compared with like. […] Overall, this work has highlighted difficulties involved in comparing doctors’ earnings across countries. We have found it very difficult to answer the relatively straight forward question; ‚how much do different doctors earn in different countries?’“ (Barham/Bramley-Harker 2004: ii, iv; vgl. auch 24).

  96. 96.

    Verweise auf den internationalen Vergleich finden sich jedoch bereits vor der Abspaltung von ver.di. Beispielsweise hieß es in einem Schreiben des 1. Vorsitzendenden des Marburger Bundes Landesverband Baden-Württemberg an Ministerpräsident Oettinger, datiert vom 11.07.2005: „Wegen ihrer Verantwortung und ihrer Arbeitsbelastung erwarten Hochschulmediziner, dass das bisherige BAT-Vergütungsniveau durch neue tarifliche Festlegungen um 30% erhöht wird. Der internationale Vergleich zeigt, dass diese Forderung gerechtfertigt ist.“

  97. 97.

    MB-Vorsitzender Bielefeld und Präsident Ärztekammer Westfalen-Lippe.

  98. 98.

    Ein Beispiel ist der Bericht der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (2006b: 42) zum Ärztestreik im März 2006.

  99. 99.

    Vogd (2006) dokumentiert beispielsweise auf der Grundlage von Interviews und teilnehmenden Beobachtungen, aus der Tradition der Berufsbildung- und Biographieforschung, anhand von Einzelfällen, Auswirkungen der Umweltveränderungen auf den ärztlichen Alltag. Er bietet damit eine Vielzahl von Indizien, deren Verallgemeinerung wegen der nicht repräsentativen Erhebungsgrundlage aber stark eingeschränkt ist.

  100. 100.

    Die Arbeitsverdichtung kann darüber hinaus Auswirkungen auf die Hierarchiestruktur haben (vgl. Kapitel 3.3.1). So stellt beispielsweise Vogd(2006: 58, 73, 87f.) fest, dass bezogen auf Entscheidungsprozesse die hierarchische Ordnung tendenziell flacher wird, weil die schnelleren Arbeitsabläufe kürzere Kommunikationswege unter Umgehung der klassischen Hierarchiefolge erforderlich machten.

  101. 101.

    Eine Vollkraft war in Krankenhäusern mit mehr als 800 Betten für 9,6 Betten und 91 Fälle zuständig, in Kliniken mit weniger als 150 Betten dagegen für 21,4 bis 24,9 Betten und 188 bis 197 Fälle.

  102. 102.

    In öffentlichen Krankenhäusern kam eine Vollkraft auf 13 Betten und 119 Fälle, in privaten und freigemeinnützigen Häusern auf 16,6 Betten und 146 beziehungsweise 158 Fälle.

  103. 103.

    2009 kamen auf 100 stationäre Fälle im Durchschnitt 11,2 ambulante Operationen, 2001 waren es 2,7. Damit hat sich die Zahl ambulanter Fälle von 448.000 auf etwa 2.000.000 gesteigert (vgl. Blum et al. 2010: 89; Blum et al. 2004: 45).

  104. 104.

    Die Ärzte unterschieden sich damit im Übrigen kaum von den Pflegekräften mit einer Verteilung von 50 zu 25 zu 25 Prozent (vgl. Braun et al. 2010: 111).

  105. 105.

    In der Frage nach der Stärke der Belastung standen diese strukturellen Bedingungen aber nur an dritter Stelle. An erster Stelle der stärksten Belastungsfaktoren fanden sich „emotionale Schwierigkeiten im Umgang mit den Patienten“ und an zweiter Stelle Belastungen im Privatleben in Folge der Arbeitsbedingungen (Arbeitszeiten und Bereitschaftsdienste) (Herschbach 1993: 128).

  106. 106.

    Beispielsweise beauftragte die DKG das DKI eine Studie zur „Neuordnung von Aufgaben des Ärztlichen Dienstes“ zu erstellen (vgl. Offermanns 2008).

  107. 107.

    Point of Care meint hier den örtlich direkten Kontakt zum Patienten – also am Krankenhausbett oder in der Arztpraxis. Der Begriff stammt ursprünglich aus der Medizintechnik und steht für eine patientennahe Sofortdiagnostik (vgl. Bundesärztekammer 2006e).

  108. 108.

    In welchem Umfang und wie regelmäßig die Übernahme stattfindet, wurde nicht erhoben.

  109. 109.

    Interview DKG (1) vom 15.07.2009, Personalwesen Krankenhaus.

  110. 110.

    Der Begriff paramedizinisch bezeichnet nach Freidson (1979: 43) nichtärztliche Berufsgruppen, die Tätigkeiten im ärztlichen Umfeld übernehmen. Diese Tätigkeiten fallen (oder fielen) in den ärztlichen Aufgabenbereich und unterliegen weiterhin der Kontrolle der Ärzte.

  111. 111.

    Verbände und Infusionen anzulegen, wurde 2007 in 80 Prozent aller Krankenhäuser auch von nichtärztlichen Berufsgruppen übernommen. Venöse Blutentnahmen und Injektionen bereits in zwei Drittel und das Legen von Magensonden in 37 Prozent aller Kliniken (vgl. Blum et al. 2007: 37). Die Übertragung von Aufgaben betrifft neben den Ärzten auch die Pflegekräfte. „Die Pflege empfindet Blutabnahme eher nicht als Aufwertung, sondern als zusätzliche Belastung. Anders als Anlegen von Wundverbänden, das eher als Aufwertung empfunden wird (Interview ver.di (3) vom 07.05.2009, Bundesverband, FB 3 Berufspolitik). „Die Übertragung erfolgt dabei nicht unter Aspekten einer angemessenen Versorgung, sondern unter ökonomischen Gesichtspunkten. Und führt bei Pflegekräften dazu, dass sich das Aufgabenspektrum verändert, was sie aber nicht zwangsweise entlastet“ (Interview ver.di (4) vom 31.08.2011, Bundesverband, FB 3 Betriebs- und Branchenpolitik).

  112. 112.

    Eine neue Berufsgruppe könnte der Arzt-Assistent (physicianassistant) darstellen. Ein DKG-Vertreter erklärt, man müsse prüfen, ob dessen Einführung „sinnvoll ist“ (Interview DKG (1) vom 15.07.2009, Personalwesen Krankenhaus). Laut ver.di gebe es in Berlin bereits einen entsprechenden Bachelor-Studiengang (als Weiterbildungsangebot) (Interview ver.di (3) vom 07.05.2009, Bundesverband, FB 3 Berufspolitik).

  113. 113.

    Daher kommt auch ver.di zu der Einschätzung, dass diese Bestrebungen „auf Dauer keine Chance [haben], da damit das Heilkundemonopol der Ärzte geknackt würde. […] Die Ärzte sind nicht bereit, dieses Heilkundemonopol abzugeben“ (Interview ver.di (3) vom 07.05.2009, Bundesverband, FB 3 Berufspolitik).

  114. 114.

    Anordnungspflicht und Weisungsrechte verlaufen zunächst ausschließlich vertikal innerhalb der drei Funktionskreise. Es muss also explizit geregelt werden, in welchen Fällen bei einer teilweisen Übernahme ärztlicher Aufgaben durch eine Pflegekraft, dem Arzt Weisungsbefugnisse zugesprochen werden (vgl.Bergmann 2009: 120f.;Offermanns 2008: 46–63).

  115. 115.

    Angefangen bei einfachen Tätigkeiten wie Blut abnehmen. In Deutschland dem Arzt vorbehalten, wird diese Tätigkeit in anderen Ländern dagegen von Pflegekräften vorgenommen (vgl. Geissler et al. 2010: 27; Offermanns 2008: 144).

  116. 116.

    „Jetzt mit der Ökonomisierung verstärkt in allen Krankenhäusern. Auch vorangetrieben durch die Pflegedirektoren mit dem Argument einer Aufwertung der Pflege. Tatsächlich sind das aber billige Arbeitskräfte für höherwertige Tätigkeiten“ (Interview ver.di (3) vom 07.05.2009, Bundesverband, FB 3 Berufspolitik).

  117. 117.

    Vgl. Kapitel 3.2 zur Aus- und Weiterbildung, langen Ausbildungszeiten und nicht möglichem Quereinstieg.

  118. 118.

    Vgl. Kapitel 3.3.4 zum Streit um die Übertragung ärztlicher Aufgaben auf andere Berufsgruppen.

  119. 119.

    Vgl. dazu auch die Ausführungen zu den Anerkennungsaspekten einer Profession weiter unten.

  120. 120.

    Daneben gibt es kritischere Stimmen. Braun (2009: 136) konstatiert, dass „sich bisher weder auf der Makroebene der Krankenhäuser noch bei den äußeren Strukturen und Prozessen der stationären Versorgung weit verbreitete, relevante oder stabile Hinweise auf Ökonomisierung im Sinne des raschen Eindringens ökonomischer Kalküle in das patientenbezogene Denken und Handeln der Akteure des Krankenhauses“ finden lassen. Gleichwohl sieht er „auf der Ebene der subjektiven Mikrobedingungen der Krankenhausbehandlung spürbare Veränderungen im Sinne von Ökonomisierung“, was weitere quantitative wie qualitative Untersuchungen angeraten erscheinen lasse (ebd.: 137).

  121. 121.

    In den quantitativen Erhebungen im Zug des WAMP-Projektes (Wandel von Medizin und Pflege im DRG-System), einem Kooperationsprojekt der Arbeitsgruppe Public Health des Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung und dem Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen, sank der Anteil derjenigen Ärzte, die angaben, in ihrem Alltag zur Behandlung von Patienten die „besten Mittel, Instrumente und personellen Ressourcen“ einzusetzen von 72 auf 62 Prozent (2004 bis 2007) (Braun 2009: 132).

  122. 122.

    Simon (2008a: 36) weist, bezogen auf Budgetdeckelung und Ökonomisierung, auf ein weiteres grundlegenden Problem hin, dass den Versichertenanspruch auf die notwendige medizinische Leistung betrifft. „Die Kompetenz zur Feststellung des Bedarfs liegt bei der Profession der Mediziner“ und für diesen Bedarf bestehe Finanzierungspflicht seitens der Krankenkassen. Ökonomische Gründe dürften dem nicht entgegenstehen.

  123. 123.

    Die Einschränkung der ärztlichen Autonomie erfolgt jedoch nicht durch eine Aberkennung der Gemeinwohlorientierung, sondern in Folge einer Verschiebung hin zum Vorrang ökonomischer (Eigen-)Interessen. „Das Bewußtsein, daß die Profession ihre Autonomie dem Staat verdankt und ihrer Aufrechterhaltung von der Gesellschaft abhängig ist, mag die nervöse Aufmerksamkeit erklären, mit der die Profession gesellschaftliche Veränderungen und staatliche Eingriffe in das Gesundheitswesen verfolgt, die die Autonomie bedrohen könnten“ (Groser 1992: 45).

  124. 124.

    „Gemeinwohl ist danach eine evidente, nicht übermäßig interessante, rhetorische Figur, die die Beteiligten verwenden, um ihre Interessen besser durchsetzen zu können“ (Groser 1992: 17). Rauskolb (1976: 269ff.) stellt ebenso eine generelle Gemeinwohlorientierung in Abrede. Es ginge den Ärzten primär um eine Absicherung ihrer historisch erlangten Privilegien.

  125. 125.

    Die Auswertung der im Rahmen des WAMP-Projektes (vgl. Fußnote 385) befragten Patienten ergab, dass deren Erwartungen zumeist „auf [die] Einhaltung der traditionellen berufsethischen Norm gerichtet“ waren (Braun 2009: 132).

  126. 126.

    Auf zwei die Aussagekraft der Umfrage einschränkende Designentscheidungen sei hingewiesen: Zunächst wird eine geschlossene Frage eingesetzt: „Hier sind einige Berufe aufgeschrieben. Können Sie bitte die fünf davon heraussuchen, die Sie am meisten schätzen, vor denen Sie am meisten Achtung haben?“ Ermittelt wird daher die Rangfolge bereits vorher festgelegter Berufe, aus denen gewählt werden kann. Des Weiteren erfolgt die Reihung nur durch diese fünf ungewichteten Nennungen. Der Befragte selbst führt keine Abstufung der Berufe durch. Wenn der Arztberuf 2011 mit 82 Prozent an die erste Stelle der Berufsprestige-Skala kam, heißt dies formal korrekt, dass der Arzt bei 82 Prozent der Bevölkerung ab 16 Jahren (für diese Grundgesamtheit ist die Umfrage repräsentativ) zu den fünf am meisten geschätzten Berufen gehörte.

  127. 127.

    Die Umfragen zum Berufsprestige finden in der Regel in Abständen zwischen zwei bis drei Jahren statt.

  128. 128.

    Jörg-Dietrich Hoppe, Präsident ÄK Nordrhein, ehemaliger Vorsitzende MB-Bundesverband.

  129. 129.

    Für eine starke Abhängigkeit des beruflichen Ansehens von Medienberichterstattung und aktuellen Vorkommnissen spricht vor allem die Berufsprestigeentwicklung des Pfarrers. Bei den fünf Umfragen zwischen 1993 und 2008 lag er im Bereich zwischen 39 und 42 Prozent. Von der Umfrage 1988 auf 1993 nahm das Ansehen von 47 auf 40 Prozent ab, was mit Wiedervereinigung und der geringen Kirchenmitgliedschaft in Ostdeutschland zusammenhängt. In der aktuellen Umfrage von 2011 war er von 39 Prozent im Jahr 2008 auf 28 Prozent abgerutscht, was sich vermutlich nur durch die negative Berichterstattung im Zuge der 2010 aufgedeckten Missbrauchsfälle durch katholische Geistliche erklären lässt (und verlief damit parallel zur Austrittswelle aus der katholischen Kirche; vgl. bspw. Hans 2011).

  130. 130.

    Für die unterschiedlichen Funktionsdimensionen des Berufs, seiner Relevanz für den sozialen Status sowie der Wirkung von beruflicher Position, sozialer Anerkennung und Wertschätzung vgl. bspw. Corsten 1995; Bolte et al. 1970.

  131. 131.

    „Bei der soziologischen Betrachtung der Motivation des Arztes spielt die eigene Ideologie der Ärzte durch die Unterscheidung zwischen dem altruistischen ärztlichen »Berufsethos« und der »kommerziellen« egoistischen Einstellung der Geschäftsleute eine große Rolle. […] Der Unterschied zwischen Professionellen und Geschäftsleuten liegt nach Parsons also in erster Linie auf institutioneller Ebene, nicht in der Berufsmotivation. In beiden Fällen scheinen demnach die wesentlichen Ziele im Grunde genommen die gleichen zu sein, nämlich objektiver Leistungserfolg und Anerkennung“ (Rauskolb 1976: 72f.).

  132. 132.

    „The aim of a professional career is occupational advancement in terms of adoption of technical and professional knowledge, which procures higher status“ (Hucke 2010: 76).

  133. 133.

    Interview ver.di (4) vom 31.08.2011, Bundesverband, Hauptamt.

  134. 134.

    Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung (2006b: 42) übernahm als Titel für einen Bericht zum Streik im März 2006 eine der Plakataufschriften der streikenden Ärzte: „Vom Halbgott in Weiß zum Depp der Nation“. Die Stuttgarter Nachrichten überschrieben einen Artikel zum veränderten ärztlichen Berufsbild mit: „Der Halbgott in Weiß verabschiedet sich“ (Reiners 2006: 4).

  135. 135.

    Selbst innerhalb der Krankenhausärzteschaft: „Interessengleichheit nur in einigen Bereichen, zum Beispiel der Arbeitszeit, sonst ist man als Mensch Einzelkämpfer, rauft sich aber in solchen Dingen solidarisch zusammen“ (Interview MB (1) vom 23.04.2008, Bezirksverband, Ehrenamt). „Von vielen werden nur eigene, spezifische Problemlagen bedacht. Zum Beispiel sehen Pathologen nur Pathologen-Probleme“ (Interview MB (2) vom 13.05.2008, Landesverband, Ehrenamt).

  136. 136.

    Interview DKG (1) vom 15.07.2009, Personalwesen Krankenhaus. Wobei aber auch zu berücksichtigen sei, „dass nicht alles, was medizinisch möglich ist, auch zweckmäßig und notwendig ist.“ Zugespitzt wird von ver.di formuliert: „Mit der Ökonomisierung wird ein guter Kodierer wichtiger als ein guter Arzt“ (Interview ver.di (3) vom 07.05.2009, Bundesverband, FB 3 Berufspolitik).

  137. 137.

    Ver.di schätzt die Entwicklung genauso ein: „Die Dreifaltigkeit der Direktoren gibt es so nicht mehr. Die Ökonomen und Verwaltungsleute haben das Sagen. […] Und die Ökonomen werden sich auch in Zukunft durchsetzen“ (Interview ver.di (3) vom 07.05.2009, Bundesverband, FB 3 Berufspolitik).

  138. 138.

    Vgl. bspw. empirische Studien zur Managementorientierung (vgl. Vera 2007: 309–313;Hucke 2010: 41–50).

  139. 139.

    Interview MB (4) vom 02.03.2009, Bundesverband, Ehrenamt.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2012 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden

About this chapter

Cite this chapter

Greef, S. (2012). Krankenhausarzt: Beruf und Profession im Wandel. In: Die Transformation des Marburger Bundes. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19574-2_3

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-19574-2_3

  • Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-531-19573-5

  • Online ISBN: 978-3-531-19574-2

  • eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)

Publish with us

Policies and ethics