Zusammenfassung
Das Interview selbst ist eine komplexe soziale Interaktionssituation, in der die Interviewer nicht nur methodisch-regelgeleitet, sondern häufig auch intuitiv agieren und reagieren (müssen). Das bedeutet allerdings nicht, dass eine tiefer gehende methodische Reflexion deshalb müßig wäre – ganz im Gegenteil. Zunächst möchten wir uns typische Interaktionssituationen, wie sie in Experteninterviews häufig vorkommen, näher anschauen (Kap. 5.1): Welche Rollenerwartungen und Einschätzungen gibt es, die den Gesprächsverlauf prägen? Welchen Nutzen und welche Gefahren bieten sie für den Erhebungserfolg? Anschließend wird die Interaktionssituation unter Gender-Aspekten analysiert. Im Mittelpunkt steht die Frage, auf welche Art und Weise die Kategorie Geschlecht im Interview wirksam werden kann – und was dies für die Durchführung von Interviews heißt (Kap. 5.2). Abschließend wird dann dargelegt, welche Hinweise für die Formulierung von Interviewfragen sich aus unseren Analysen der Interviewsituation gewinnen lassen (Kap. 5.3).
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Notes
- 1.
Schon der häufig verwendete Begriff der „Interaktionseffekte“, um negative Einflüsse des Interviewer auf die Erhebungssituation zu kennzeichnen, mutet sehr merkwürdig an: Dass Interaktion Effekte zeitigt, erscheint hier als Pathologie – dabei funktioniert doch die gesamte Interviewmethode nur über (gezielte) Interaktionseffekte.
- 2.
Eine Unterform des „Co-Experten“ ist das, was wir die Wahrnehmung als „Experte einer anderen Wissenskultur“ genannt haben: Hier wird zwar eine hohe Fachkompetenz angenommen, aber nicht auf dem eigenen Gebiet, sondern auf einem anderen, ggfs. verwandten. Hinsichtlich der Explizierung von (vermeintlichen) Selbstverständlichkeiten ist diese Wahrnehmung vorteilhafter.
- 3.
Vgl. hierzu auch die Kritik von Legard u. a. (2003) an der vorherrschenden Fokussierung der qualitativen Sozialforschung auf möglichst offene Frageformen.
- 4.
In seiner ursprünglichen Konzeption von Schütze kommt das „narrative Interview“ allerdings aus der politischen Gemeindeforschung (Schütze 1977). In der Biographieforschung ist es heute das am häufigsten verwendete Erhebungsinstrument (Schütze 1981, 1983; Glinka 1998; Hermanns 1995; Lucius-Hoene und Deppermann 2002).
- 5.
Im Übrigen sollte die Frage nach weiteren Beispielen, Anwendungsfällen, Vergleichsfällen usw. zum Standardrepertoire in Experteninterviews gehören – denn gerade Leute, die sich als Experten verstehen, reden gerne abstrakt. Konkretisierende Nachfragen stellen immer einen Praxistest dar: Werden uns eher allgemeine Prinzipien oder hehre Leitsätze präsentiert oder aber konkrete handlungsrelevante Dinge?
- 6.
In anderem Zusammenhang hat Hitzler gar „Dummheit als Methode“ eingefordert (Hitzler 1991).
- 7.
In ähnlicher Weise argumentiert auch (ohne Bezug auf Expertenbefragungen) Kaufmann (1999).
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Bogner, A., Littig, B., Menz, W. (2014). Die Interaktion im Interview: Frageformulierung und Strategien der Gesprächsführung. In: Interviews mit Experten. Qualitative Sozialforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19416-5_5
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