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Der Begriff der Inklusion im Armuts- und Menschenrechtsdiskurs der Theorien Sozialer Arbeit – eine historisch-kritische Annäherung

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Book cover Soziale Inklusion

Zusammenfassung

Im folgenden Beitrag soll der Frage nachgegangen werden, ob und inwieweit der Begriff der Inklusion und die damit erhoffte Praxis eine neue und/oder bedeutende Zielperspektive für Soziale Arbeit darstellen kann. Hierzu werden historische und aktuelle Theoriediskurse der Sozialen Arbeit vorgestellt und auf ihren Beitrag zur Fragestellung hin überprüft.

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Notes

  1. 1.

    Willing findet den Begriff „vormundschaftlicher Wohlfahrtsstaat“ treffender und rückt die Hartz-IV-Gesetzgebung in die Nähe der auf Integration in Arbeit gerichteten Fürsorge der DDR, Willing (2008, S. 3).

  2. 2.

    Die These, dass die Entstehung der Sozialpädagogik im 19. Jahrhundert eine Folge der Veränderung der Großfamilie im Zeitalter der Industrialisierung war und nicht vorrangig Arbeiter disziplinieren sollte, vertrat Klaus Mollenhauer bereits in seiner Dissertation über die „Ursprünge der Sozialpädagogik“ (Mollenhauer 1959).

  3. 3.

    In diesem Sinne hält Lyotard auch Luhmanns Idee von dem Ersatz der Normativität durch die Performativität für eine Legitimierung durch das Faktum (Lyotard 2009, S. 116).

  4. 4.

    Zu einer ersten Rezeption seiner Arbeiten zur „Mikrophysik der Macht“ kam es in den 1970/1980er Jahren durch Arbeiten zur Geschichte Sozialer Arbeit (dazu Kuhlmann 2007, S. 55 ff.).

  5. 5.

    Die Debatte endete ähnlich fruchtlos, wie die Debatte um „sex und gender“, da mit den Thesen von Butler und Tremain nicht konstruierte Körpererfahrungen nicht existieren. Wie schon im Diskurs um das Geschlecht als auf den „Körper geschriebene Phantasie“ (Butler) stieß auch der Versuch Tremains – so Waldschmidt – auf berechtigte Kritik. Auch wenn nicht zu leugnen sei, dass auch „impairment“ sozial konstruiert wird, so sind doch gerade die Körper nicht nur materieller Ausgangspunkt von solcherart Konstruktion, sondern möglicherweise auch widerständig. Hughes und Paterson kommen auf die Formel, dass Beeinträchtigung sozial ist und Behinderung verkörpert wird, d. h. dass sie sich wechselseitig bedingen (Waldschmidt 2007, S. 123).

  6. 6.

    Foucault selbst beschreibt „Gouvernementalität“ als „Taktiken der Macht“, einer Macht, die durch Institutionen und Diskurse (Wissen) auf die Bevölkerung ausgeübt werde (Foucault 2005, S. 171 f.). Dabei unterscheidet Foucault Macht und Gewalt. Gewalt beugt und bricht, sie zwingt zur Passivität, Macht dagegen anerkennt das Gegenüber, sie „stachelt an, gibt ein, lenkt ab, erleichtert oder erschwert, erweitert oder begrenzt, macht mehr oder weniger wahrscheinlich; im Grenzfall nötigt oder verhindert sie vollständig; aber stets handelt es sich um eine Weise des Einwirkens auf ein oder mehrere handelnde Subjekte, und dies, sofern sie handeln oder zum Handeln fähig sind.“ (Foucault 1994, S. 254 f.).

  7. 7.

    Zu den Debatten um die Paradoxien im Denken Foucaults und die Auswirkungen auf sozialpädagogische Interventionen siehe Kessl (2007, S. 217).

  8. 8.

    Zur Veranschaulichung der Überschneidungen die Liste von Nussbaum und dahinter in Klammern die entsprechenden Artikel der AEMR-Charta: 1) das Leben zu Ende führen, nicht vorzeitig sterben zu müssen (AEMR, Art. 3), 2) sich guter Gesundheit zu erfreuen (Nahrung, Unterkunft, AEMR Art. 25), 3) unnötigen Schmerz vermeiden zu können, Freude zu erfahren (AEMR, Art. 4, 5, 12), 4) die fünf Sinne benutzen zu können, sich etwas vorstellen, denken, urteilen zu können (AEMR, Art. 16, 19, 26, 27), 5) Bindungen zu Menschen und Dingen außerhalb unserer selbst zu haben, „diejenigen zu lieben, die uns lieben und die für uns sorgen, ¼. zu lieben, zu trauern, Sehnsucht und Dankbarkeit zu empfinden.“ (Nussbaum 1999, S. 58; AEMR, Art. 16, 20), 6) sich mit anderen verbunden zu fühlen, familiäre und soziale Beziehungen eingehen, 7) sich eine Vorstellung vom Guten zu machen (AEMR, Art. 26, 27), 8) mit Tieren und Pflanzen verbunden zu leben, 9) zu lachen, zu spielen, Freude an erholsamen Tätigkeiten zu haben (AEMR, Art. 24), 10) das eigene Leben und nicht das eines anderen zu führen (Nussbaum 1999, S. 49 f.; AEMR, Art. 16, 18).

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Kuhlmann, C. (2012). Der Begriff der Inklusion im Armuts- und Menschenrechtsdiskurs der Theorien Sozialer Arbeit – eine historisch-kritische Annäherung. In: Balz, HJ., Benz, B., Kuhlmann, C. (eds) Soziale Inklusion. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19115-7_3

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