Zusammenfassung
Die Trägerstrukturen und die Entwicklungen von Organisationen in der Kinder- und Jugendhilfe sind sozialrechtlich durch das SGB VIII geprägt, durch sozialpolitische und fachpolitische Prozesse beeinflusst sowie mit vielfältigen träger- und verbandsinternen Dynamiken verknüpft. Die Kinder- und Jugendhilfe ist gekennzeichnet durch eine Trägerpluralität von Trägern der öffentlichen, der freien gemeinnützigen und der gewerblichen Kinder- und Jugendhilfe. Die Träger der öffentlichen Jugendhilfe, deren besonderes Strukturmerkmal in ihrer „Zweigliedrigkeit“ als Verkoppelung von Verwaltung mit einem politischen Ausschuss (Jugendhilfeausschuss) liegt, haben die „Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung“. Sie sind somit zum einen für die Infrastrukturgestaltung in der Kinder- und Jugendhilfe verantwortlich, und zum anderen haben sie Funktion eines Gewährleisters für die Einlösung individueller Rechtsansprüche auf Leistungen. Die freien Träger agieren vorwiegend in den Blöcken der Wohlfahrtsverbände (und der ihnen angeschlossenen Träger) und der Jugendverbände. Gewerbliche Träger haben quantitativ ein geringes Gewicht. Die Steuerung in der Kinder- und Jugendhilfe und das Verhältnis zwischen den öffentlichen und freien Trägern wird mit der Formel der „partnerschaftlichen Zusammenarbeit“ charakterisiert, was eine Steuerung in Governance-Strukturen nahelegt; der traditionelle Leitbegriff „Subsidiarität“ mit einer starren Vorrang-Nachrang-Interpretation ist dem Bemühen um Kooperationsarrangements gewichen. Als Entwicklungstendenzen in den Verhältnissen der Träger zueinander lassen sich feststellen: eine Entgrenzung traditioneller, relativ übersichtlicher Blockstrukturen, Ansätze zur Aufweichung der Grenzen zwischen den Verantwortungsbereichen öffentlicher und freier Träger sowie ein Nebeneinander von korporatistischen Strukturen und Wettbewerbsstrukturen. In den Organisationsmodalitäten der Träger lassen sich Entwicklungen beobachten, mit denen versucht wird, die Spannung zwischen betrieblichen Strukturierungserfordernissen und fachlichen Gestaltungsprinzipien auszubalancieren. Das Ausbalancieren verschiedener Anforderungen wird zu einer elementaren Herausforderung, denen sich die Träger kontinuierlich und immer wieder neu stellen müssen.
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Merchel, J. (2018). Trägerstrukturen und Organisationsformen in der Kinder- und Jugendhilfe. In: Böllert, K. (eds) Kompendium Kinder- und Jugendhilfe. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19096-9_3
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