Zusammenfassung
Die Debatte über Flexibilität am Arbeitsmarkt litt lange Zeit unter einer begrifflichen Engführung. In Anlehnung an den von der OECD entwickelten Indikator der Employment Protection Legislation (EPL) beschränkte sich die Diskussion auf Regelungen zu Kündigungsschutz, Leiharbeit und befristete Beschäftigung (OECD 1994). Flexibilität ist jedoch weitaus mehr und umfasst ein wesentlich breiteres Spektrum an Maßnahmen, die getroffen werden können, um den Arbeitseinsatz zu variieren. Das haben nicht zuletzt in der Finanzkrise 2008/09 vielfältige Formen der Arbeitszeitverkürzung sehr eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Ihrem massiven Einsatz ist es zuzuschreiben, dass die Beschäftigung trotz eines im internationalen Vergleich äußerst scharfen Einbruchs des Bruttosozialproduktes insgesamt recht stabil blieb. Von einem deutschen Beschäftigungswunder ist gar die Rede. Das aber ist nur die halbe Wahrheit. Der Blick auf die globale Beschäftigungsentwicklung täuscht. Er verdeckt, dass Flexibilität gleichzeitig für einen Teil der Beschäftigten erhöhte Instabilität bedeutete. Leiharbeiter und befristet Beschäftigte gehörten zu den Opfern der Krise. Betriebe nutzten diese durch die Hartz-Reformen flexibilisierten Beschäftigungsformen, um sich mit ihrer Hilfe bei nachlassender Konjunktur rasch und kostengünstig von Teilen der eingesetzten Arbeitskräfte zu trennen. Gegensätzlicher könnten die Wirkungsmechanismen von Flexibilität kaum sein.
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Seifert, H. (2012). Die zwei Gesichter der Flexibilität. In: Bispinck, R., Bosch, G., Hofemann, K., Naegele, G. (eds) Sozialpolitik und Sozialstaat. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19024-2_12
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