Zusammenfassung
Gertrud Beck und Gerold Scholz berichten von ihren Erfahrungen aus einem Forschungsprojekt, in dem sie eine Schulklasse vier Jahre lang mit teilnehmender Beobachtung begleitet haben. Sie reflektieren die Frage, wie sich eine teilnehmende Beobachterin in der Klasse verhaltenmuss, um akzeptiert zuwerden. Dazumuss die Forscherin die Kultur der Klasse kennenlernen, lautet eine Antwort. Diesen Prozess stellen sie in zwei Phasen dar. Was muss geschehen, damit die Forscherin die Erlaubnis erhält, ins Feld einzutreten, fragen sie zuerst. Wie muss sich die teilnehmende Beobachterin verhalten, damit sie beobachten darf und das Beobachtete aufschreiben kann, fragen sie weiter. Bezogen auf die zweite Feldphase stellen sieweitere Fragen, z. B. „Wie stelle ichmich vor? Wo setze ich mich hin? Wie beobachte ich?“ Mit zahlreichen Beispielen aus ihrer Forschungspraxis werden diese Fragen beantwortet und mit Situationen aus dem Forschungsprozess illustriert.
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Wenn es sich um konkrete Personen handelt, benutzen wir die entsprechende weibliche oder männliche Form; wenn es um die Bezeichnung von Rollen oder Berufen geht, verwenden wir die männliche Form.
- 2.
Wir beziehen uns hier pragmatisch auf die Definition von Nieke, weil es in diesem Beitrag nicht um die Frage geht, wie Orientierungsmuster entstehen, sondern um den Gedanken, dass Orientierungsmuster geronnene Wahrnehmungseinstellungen sind. Wenn man – angesichts der komplexen Debatte um den Kulturbegriff – eine Unterscheidung vornehmen will, etwa zwischen Gesellschaft und Kultur, so kann man vielleicht sagen, dass der Kulturbegriff dort angemessen ist, wo es um Bedeutungen geht und nicht um Sachverhalte; genauer gesagt um die Bedeutungen von Sachverhalten. Der von Clifford Geertz im Anschluss an Max Weber formulierte semiotische Kulturbegriff, der unter Kultur ein selbstgesponnenes Bedeutungsgewebe versteht, ist eine Antwort auf die anthropologische Frage, ob es so etwas wie Kultur gibt, und keine auf die Möglichkeiten der Unterscheidbarkeit von Kulturen. Dieser Beitrag beschäftigt sich nicht mit der anthropologischen Frage nach der Existenz von Kultur überhaupt, sondern nach der Unterscheidbarkeit unterschiedlicher Kulturen. Die weitgehend geteilte Auffassung, wonach Kultur als Zeichensystem aufgefasst wird, hat das noch ungelöste Problem, in welcher Weise der Körper und das Performative in diese Theorie integriert werden kann. In dem Buch „After the Fact“ bietet Clifford Geertz eine reflexive und unterhaltsame Dekonstruktion der Beziehungen zwischen Realität und Theorie (vgl. Geertz 1995). In diesem Beitrag hat das Wort „Kultur“ zwei Bedeutungen. Es bezieht sich einerseits allgemein auf die Frage, was mit dem Begriff gemeint ist, wie es beschrieben werden kann. Dies etwa im Unterschied zu dem Wort „Gesellschaft“. Meistens ist allerdings eine lokale, örtlich abgrenzbare Kultur gemeint, in der bestimmte Bedeutungen und Deutungen gelten oder verhandelt werden.
Literaturverzeichnis
Beck, G., & Scholz, G. (1995). Beobachten im Schulalltag. Ein Studien- und Praxisbuch. Frankfurt a. M.: Cornelsen/Scriptor.
Beck, G., Scholz, G., & Walter, C. (1991). Szenen – Absichten – Deutungen. Zwei Jahre Auseinandersetzung mit moralischen Fragen. Die Grundschulzeitschrift, 5(50), 14–19.
Beck, G., & Scholz, G. (1995). Soziales Lernen. Kinder in der Grundschule. Reinbek: Rowohlt.
Dammann, R. (1991). Die dialogische Praxis der Feldforschung. Frankfurt/New York: Campus.
Geertz, C. (1994). Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme (3. Aufl.). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Geertz, C. (1995). After The Fact. Two Countries, Four Decades, One Anthropologist. Cambridge (Mass.)/London: Harvard University Press.
Nieke, W. (2008). Interkulturelle Erziehung und Bildung. Wertorientierungen im Alltag (3., akt. Aufl.). Wiesbaden: VS Verlag.
Oswald, H., & Krappmann, L. (o.J.). Soziale Beziehungen und Interaktionen unter Grundschulkindern. Methoden und ausgewählte Ergebnisse eines qualitativen Forschungsprojektes: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung. Unter Mitarbeit von Fricke C.
Scholz, G. (2005). Teilnehmende Beobachtung: eine Methodologie oder eine Methode. In G. Mey (Hrsg.), Handbuch Qualitative Entwicklungspsychologie (S. 381–412). Köln: Kölner Studienverlag.
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© 2012 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden
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Beck, G., Scholz, G. (2012). Die Schule als Beobachtungsfeld. In: de Boer, H., Reh, S. (eds) Beobachtung in der Schule – Beobachten lernen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18938-3_5
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Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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