Zusammenfassung
Birgit Brandt und Gyde Höck stellen dar, wie unterschiedliche Formen der Beobachtung im und von Mathematikunterricht vorgenommen werden und hinsichtlich ihres Ertrags für Einsichten in mathematische Lern- und Arbeitsprozesse diskutiertwerden können.Halbstandardisierte und standardisierte diagnostische Beobachtungen, Lerntagebuch und Portfolio als Beobachtungsinstrumente sowie Beobachtungen von Arbeitsprozessen im interaktiven Unterrichtsgeschehen werden vorgestellt. Sichtbar wird, wie eine zeitliche Entkopplung der Beobachtung mit Hilfe von Videodaten und Transkription neue Einblicke in Mikrostrukturen des beobachteten Geschehens eröffnet und sich deswegen auch besonders für den Einsatz in Aus- und Fortbildungskontexten eignet. Am Beispiel der genauen Nachzeichnung eines Lösungsweges auf der Grundlage eines Transkriptes wird gezeigt, wie sich Schüler/-innen intensiv um das Textverständnis einer mathematischen Aufgabe bemühen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Notes
- 1.
Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung, München.
- 2.
Standardisierte Testverfahren, die auf eine Vergleichbarkeit mathematischer Leistungen abzielen, werden hier nicht als „Beobachtungsinstrumente“ für den Unterrichtsalltag einbezogen.
- 3.
Meist ist es sinnvoller, das halbstandardisierte diagnostische Gespräch in Einzelförderstunden durchzuführen, um die nötige Zeit und Ruhe für die Beobachtungssituation zu gewährleisten.
- 4.
Invarianz bezeichnet die Unabhängigkeit einer Anzahl von Gegenständen von der Raumlage. 10 Muggelsteine bleiben 10 Muggelsteine, auch wenn man sie erst dicht zusammenschiebt und dann auf dem gesamten Tisch verteilt.
- 5.
Abbildung: Bildungsserver Hessen (http://download.bildung.hessen.de/elc/repository/fortbildung/pdo/modul_diag_foe/inhalt/diagnostik/beobachtung/beob_mat/mathe.pdf) (26.06.2011).
- 6.
Aus dieser Funktion ergeben sich für die Lehrperson alternative Möglichkeiten zur Leistungsbewertung (vgl. Gubler-Beck 2007).
- 7.
Abbildung: Maitzen in Zoubek und Gaile (2011, S. 7).
- 8.
Abbildung aus: Domsch und Krowatschek (2006, S. 17)
- 9.
Die Unterrichtssequenzen wurden aufgezeichnet im Rahmen des Projektes „Kollektive Problemlösestile“. Das Projekt wurde vom Zentrum für Lehrerbildung, Schul- und Unterrichtsforschung der Goethe-Universität Frankfurt finanziell unterstützt (Feb. 2009–Jan. 2010). (Vgl. für eine ausführliche Analyse Brandt und Höck 2011).
- 10.
Transkriptionszeichen zum obigen Transkript: / Stimmhebung; \ Stimmsenkung; . ‥ … = 1, 2 bzw. 3 Sekunde/n Pause. Diese Schrifttype gibt an, dass die Schüler/-innen den Text des Aufgabenbogens vorlesen.
- 11.
Der in einer Subtraktion entstehende Rest im Text wird jedoch von den Schülerinnen in der Interaktion anders gedeutet, da sie erwarten, durch die Division einen Rest zu erhalten.
- 12.
Der aus mathematischer Sicht sinnvolle Fall r=0 ist mit einer alltagsweltlichen Vorstellung von Rest nicht vereinbar und wird so von den Mädchen nicht als „Rest“ wahrgenommen.
- 13.
Krummheuer und Brandt (2001) unterscheiden verschiedene Status der Partizipation an einem interaktionalen Austausch. „Zuhörer“ (ebd., S. 53) sind dabei nicht unmittelbar in die Bedeutungsaushandlung als Gesprächspartner einbezogen, werden aber von diesen wahrgenommen und berücksichtigt: Die beobachteten Schülerinnen sind sich bewusst, dass die Lehrperson ihnen „zuhört“, und passen ihre Sprechbeiträge entsprechend an, auch wenn sie den fachlichen Austausch unter sich ausmachen.
Literaturverzeichnis
Bentele, P., & Metzger, T. (1998). Didaktik und Praxis der Heilerziehungspflege. Ein Lehrbuch. Freiburg: Lambertus Verlag.
Brandt, B., & Höck, G. (2011). Ko-Konstruktion in mathematischen Problemlöseprozessen – partizipationstheoretische Überlegungen. In B. Brandt, G. Krummheuer, & R. Vogel (Hrsg.), Mathematikdidaktische Forschung am IDeA-Zentrum. Grundlagen und erste Ergebnisse der Projekte erStMaL und MaKreKi. Münster: Waxmann.
Braun, D., & Schmischke, J. (2008). Lehrerbücherei Grundschule – Kompakt: Kinder individuell fördern: Lernwege gestalten – Förderdiagnostik, Förderpläne, Förderkonzepte – Für die Klassen 1 bis 4. Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor.
Brunner, I., & Häcker, T. (2006). Das Handbuch Portfolioarbeit: Konzepte – Anregungen – Erfahrungen aus Schule und Lehrerbildung. Seelze-Velber: Kallmeyer.
Domsch, H., & Krowatschek, D. (2006). Förderpläne, kein Problem. Buxtehude: Aol im Persen Verlag.
Faust-Siehl, G., Garlichs, A., Ramseger, J., Schwarz, H., & Warm, U. (1996). Die Zukunft beginnt in der Grundschule. Empfehlungen zur Neugestaltung der Primarstufe. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Gubler-Beck, A. (2007). Portfolios im angelsächsischen und im deutschen Sprachraum. Journal für Mathematik-Didaktik, 28(3/4), 183–208.
Hattie, J. (2009). Visible Learning: A synthesis of over 800 meta-analyses relating to achievement. New York, NY: Routledge.
Jürgens, E. (2009). Systematisches Beobachten. Grundschule, 41(10), 42–44.
Kretschmer, H., & Stary, J. (2001). Schulpraktikum (2. Aufl.). Berlin: Cornelsen Verlag Scriptor.
Krummheuer, G. (1992). Lernen mit „Format“. Elemente einer interaktionistischen Lerntheorie. Diskutiert an Beispielen mathematischen Unterrichts. Weinheim: Deutscher Studienverlag.
Krummheuer, G., & Brandt, B. (2001). Paraphrase und Traduktion. Partizipationstheoretische Elemente einer Interaktionstheorie des Mathematiklernens in der Grundschule. Weinheim: Beltz Verlag.
Krummheuer, G., & Fetzer, M. (2005). Der Alltag im Mathematikunterricht: Beobachten, Verstehen, Gestalten. Heidelberg, Berlin: Spektrum Akademischer Verlag.
Lorenz, H., & Kaufmann, S. (2008). Förder- und Diagnose Box Mathematik (Klasse 1–4). Braunschweig: Schroedel Verlag.
Peter-Koop, A., Wollring, B., Becker, N., & Spindeler, B. (2011). ElementarMathematisches BasisInterview: Größen und Messen, Raum und Form. Offenburg: Mildenberger Verlag.
Peter-Koop, A., Wollring, B., Spindeler, B., & Grüßing, M. (2007). ElementarMathematisches BasisInterview. Zahlen und Operationen. Offenburg: Mildenberger Verlag.
Ruf, U., & Gallin, P. (1999). Dialogisches Lernen in Sprache und Mathematik. Seelze-Velber: Kallmeyer.
Schipper, W. (2005). Sinus-Transfer Grundschule. Mathematik. Modul G 4: Lernschwierigkeiten erkennen – verständnisvolles Lernen fördern. http://www.sinus-an-grundschulen.de/fileadmin/uploads/Material_aus_STG/Mathe-Module/M4.pdf. Zugegriffen: 05.07.2011.
Schön, D. (1992). The theory of inquiry: Dewey’s legacy to education. Curriculum Inquiry, 22(2), 119–139.
Schütte, S. (2008). Qualität im Mathematikunterricht der Grundschule sichern. Eine zeitgemäße Aufgaben- und Unterrichtskultur. München: Oldenbourg.
Spiegel, H. (2000). Den eigenen Unterricht beobachten (2). Über den Zusammenhang von Fachkompetenz, Beobachtungskompetenz und Lehrkompetenz – dargestellt anhand von Beispielen aus dem Mathematikunterricht. Sache-Wort-Zahl, 28(31), 53–55.
Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.). (2007). Leistung neu denken, Empfehlungen, Ideen, Materialien. Donauwörth: Auer.
Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (Hrsg.). (2008). Pädagogisch diagnostizieren im Schulalltag. Troisdorf: Bildungsverlag EINS.
Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.). (2004). Beschlüsse der Kultusministerkonferenz. Bildungsstandards im Fach Mathematik für den Primarbereich (Jahrgangsstufe 4). München: Luchterhand.
Sundermann, B., & Selter, C. (1999). Vielfalt und Gemeinsamkeit – zur sozialen Dimension von Eigenproduktionen. In E. Hengartner (Hrsg.), Mit Kindern lernen. Standorte und Denkwege im Mathematikunterricht (S. 60–65). Zug: Klett & Balmer.
Wielpütz, H. (1998). Erst verstehen, dann verstanden werden. Grundschule, 30(3), 9–11.
Zoubek, W., & Gaile, D. (2011). Mit den Augen der Lernenden. Erfolgreich lernen – was wirklich wirkt. Bildung bewegt, 4(13), 4–8.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding authors
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2012 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden
About this chapter
Cite this chapter
Brandt, B., Höck, G. (2012). Beobachten von Lernprozessen im Mathematikunterricht. In: de Boer, H., Reh, S. (eds) Beobachtung in der Schule – Beobachten lernen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18938-3_13
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-18938-3_13
Published:
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
Print ISBN: 978-3-531-17761-8
Online ISBN: 978-3-531-18938-3
eBook Packages: Humanities, Social Science (German Language)