Zusammenfassung
Wissenschaftliche Gegenstände sind zum Großteil solche, die erst aus einer bestimmten Perspektive – das heißt von einem bestimmten Sichtpunkt aus mit einer bestimmten Blickrichtung und besonderen Fokussierung –interessant werden. Perspektiven dieser Art sind u. a. theoretische Ansätze, deren Prämissen es erlauben, in einer alternativen, aber bestimmten Weise auf schon vermeintlich bekanntes Material zu blicken und einen neuen Gegenstand herauszuarbeiten. Idealerweise stellen Ansätze dieser Art auch ein Methodenrepertoire zur Verfügung und belassen es nicht bei einer groben Andeutung des neuen Blickpunktes, so dass sich an empirischen Analysen die Tauglichkeit des Ansatzes prüfen lässt.
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Notes
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Die herrnhutischen Einflüsse blieben der lutherischen Orthodoxie nicht verborgen – fast nahezu alle anderen liturgischen ‚Exclusivitäten’ wurden in den ersten 30 Jahren des Bestehens des Hauses nach und nach zurückgenommen. Vgl. dazu Lasch 2005, S. 82-88, besonders 86 f.
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Auch auf einen forschungsgeschichtlichen Überblick verzichten wir hier. Vgl. dazu Warnke 2007 und Gardt 2007, Warnke/Spitzmüller 2008, Spitzmüller/Warnke 2011, S. 65-120 sowie Spieß 2011, S. 73-183. Die hier nur holzschnittartig entwickelten Positionen werden in den genannten Beiträgen ausführlich entwickelt.
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Busse/Teubert 1994, S. 11 und in diesem Band S. 13f. widmen sich der für die Linguistik charakteristischen Unschärfe des Begriffs Diskurs zwischen angloamerikanischer discourseanalysis, dem Habermann’schem Diskurs, der Auffassung Foucaults und ihrem Entwurf ausführlich. Deshalb sei hier auf diese Diskussion nur verwiesen.
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Die Diskussion über den Stil- oder Varietätenbegriff der Soziolinguistik werde ich hier nicht führen. Mit einiger Sicherheit wird man allerdings den Sprachgebrauch in pietistischen Gemeinschaften als Varietät und nicht als Stil zu begreifen haben.
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Auf die weitere Entwicklung der Diskursauffassung Busses und deren Öffnung hin zu neueren kognitionslinguistischen Ansätzen möchte ich nur kurz hinweisen, da sie die hier gezogenen Linien konsequent fortsetzen: Dietrich Busse rückte (etwa 2007) den Diskurs in Kontextualisierungszusammenhänge. Ausgangspunkt für Busse ist die Annahme, dass „Diskurse […] (im weitesten Sinne) Kontextualisierungszusammenhänge“ markierten (Busse 2007, S. 82). „Kontextualisierung ist eigentlich und von allem Anfang ein epistemologischer (kognitiver) Begriff. Kontexte […] sind keine objektiven Daten, sie sind nicht gegeben, sondern müssen gesucht, gefunden und hergestellt werden.“ (Busse 2007, S. 102) Auch der ‚Schwester’- Beitrag aus dem Folgejahr (Busse 2008) setzt sich mit der Erschließung verstehensrelevanten Wissens auseinander. Mit der Auseinandersetzung mit der Framesemantik geht Busse (2012) diesen Weg konsequent weiter. Zur Relevanz der Diskurslinguistik für die Konstruktionsgrammatik vgl. weiter Ziem/Lasch (2013) und Lasch (im Druck).
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Aus der Arbeit mit den Periodika der Brüdergemeine ging eine Anthologie von Missionsberichten hervor, die ganz Hermanns’ Konzept der Sprach- als Mentalitätsgeschichte verpflichtet ist. (Vgl. Lasch 2009b)
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Aus der Arbeit mit den Periodika der Brüdergemeine ging eine Anthologie von Missionsberichten hervor, die ganz Hermanns’ Konzept der Sprach- als Mentalitätsgeschichte verpflichtet ist. (Vgl. Lasch 2009b)
Erwähnte Literatur
Quellen
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Lasch, A. (2013). Sind serielle Texte ein Gegenstand linguistischer Diskursanalyse? Zu diskursbestätigenden und diskursverändernden ‚Lebensbeschreibungen‘ in rituellen Kontexten. In: Busse, D., Teubert, W. (eds) Linguistische Diskursanalyse: neue Perspektiven. Interdisziplinäre Diskursforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18910-9_12
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