Zusammenfassung
Der Diskurs um Postdemokratie (Crouch 2008) bzw. Postpolitik (Mouffe 2005) bewegt sich auf einem abstrakten und teilweise etwas polemischen Niveau. Letzteres gilt auch für den Diskurs um Formen der Bürgerbeteiligung, der, seit den Auseinandersetzungen um „Stuttgart 21“, auch außerhalb der engeren Szenen der Techniksoziologie und Technikfolgenabschätzung (Bora 2006; Bora/Hausendorf 2006) wieder an Bedeutung zugenommen hat.
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Notes
- 1.
Siehe Abschlussdokument der Planungswerkstätten, S. 4; http://www.kulturcampusfrankfurt.de/do-kumentation-abschlussforum-als-download/ (letzter Zugriff am 22.07.2012).
- 2.
Der Tabelle liegt eine Tageszeitungsauswertung zugrunde. Hauptaugenmerk lag dabei – durchaus auch im Geiste der ethnologischen Netzwerkanalyse (Schnegg/Lang 2001) – auf den Verbindungen zwischen den Akteuren, also wer wen in Interviews aufführt, wer in einem Artikel zusammen genannt wird, wer gemeinsam auf einem Podium sitzt und dabei ggf. gemeinsame Positionen vertritt.
- 3.
Hier könnte der Einwand erfolgen, inwieweit entsprechende Forderungen nach Mietpreisgrenzen o. Ä. überhaupt kommunalpolitisch umsetzbarsind bzw. ob nicht Zweifel angemeldet werden müssen, dass Magistrat und Stadtverordnetenversammlung diesbezüglich tatsächlich etwas tun können. Abgesehen davon, dass sie etwas tun könnten (siehe die Münchner Erhaltungssatzung, die u. a. der Stadt ein preisgebundenes Vorkaufsrecht von Immobilien einräumt und bei allen Problemen in den nämlichen Quartieren, etwa der Au, für eine gewisse Mietpreisentspannung sorgt), ist die Frage nach der Umsetzbarkeit einer politischen Idee zur Realisierung des Allgemeinwohls im konkreten Handlungsproblem eine Frage nach der Rationalität der Forderung. Rationalität ist jedoch nicht das zentrale Kriterium zur Bewertung von Ideen, vor allem nicht an dieser Stelle des Politischen, sondern Gefolgschaft. Rationalität, d. h. das Primat der Machbarkeit, bindet das Politische (als Auseinandersetzung um das Gemeinwohl bezogen auf je konkrete Handlungsprobleme) an eingerichtete Kompromisse und Routinen, was wiederum der politischen Auseinandersetzung abträglich ist, da Möglichkeiten der Veränderung der eingerichteten Kompromisse und Routinen von vornherein ausgeschlossen werden. Diesen Zusammenhang kann man sich gut an dem de facto Ausstieg der Stadt Frankfurt aus dem sozialen Wohnungsbau i.e.S. verdeutlichen, der seitens der Exekutive primär finanziell, nachgeordnet ideologischmarktliberal, begründet wird. Die weitere Darlegung dieses Zusammenhangs würde hier aber den Rahmen sprengen.
- 4.
Siehe http://www.zukunft-bockenheim.de/PDFs2011/plakateregeln.pdf (letzter Zugriff am 17.07. 2012).
- 5.
Konzepte ‚direkter Demokratie‘, also ohne Repräsentation, haben i. d. R. ebenfalls nicht Planungsverfahren zum Gegenstand, sondern Abstimmungen, in denen Gesetze, u. a. über Ziele, Planungen regeln. Siehe exemplarisch Beschlussvorlagen und Beschlüsse der jährlichen „Landsgemeinde“ des Schweizer Kantons Appenzell-Innerrhoden, der gemäß seiner politischen Verfasstheit am stärksten Elemente direkter Demokratie aufweist und dessen Bürgerinnen und Bürger einen Bruchteil der Frankfurter Bürgerinnen und Bürger ausmacht.
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Behrend, O. (2013). Der „KulturCampus Bockenheim“ in Frankfurt am Main – Oder: Konsens lokaler (Prozess-)Eliten anstelle von politischer Auseinandersetzung?. In: Harm, K., Aderhold, J. (eds) Die subjektive Seite der Stadt. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18806-5_12
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