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„Wie wäre es, an psychische Krankheiten zu glauben?“: Wege zu einer neuen soziologischen Betrachtung psychischer Störungen

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Book cover Krankheitskonstruktionen und Krankheitstreiberei
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Zusammenfassung

Die „Geisteskrankheit“ bleibt „ein ‚Masterthema‘ der Soziologie sozialer Probleme“ (Groenemeyer 2008: 129), auch wenn ihre Bearbeitung jenseits des medizinischen Paradigmas in den letzten Jahren vernachlässigt wurde.

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Notes

  1. 1.

    In der Devianzsoziologie ist dies die gesamte Unterscheidung zwischen ätiologischen- und Zuschreibungsparadigmen, vgl. Peters 2009.

  2. 2.

    Dabei sind Definitionsansätze mit dem Interaktionismus und dieser mit dem Pragmatismus verbunden, was sie über einige degrees of Separation an Dewey anschließt.

  3. 3.

    Das gilt für viele Formulierungen des Labeling Approach genauso, in dem die „Wahrheit“ der Zuschreibung gegenüber dem ätiologischen Paradigma hochgehalten wird (vgl. Peters 1995).Reinhard Kreissl hatte bemerkt, dass dem Ansatz dieser Weg versperrt ist, wenn er seine Prämissen durchdenkt (2006). Ein Zuschreibungsansatz steht keinesfalls gegen ätiologische Ansätze, er hilft nur verstehen, wovon Ursachen gesucht werden, welche Art von Ursachen gesucht werden, dass auch Ursachenerzählungen Zuschreibungen sind und wie z. B. eine Ursachenzuschreibung zur Fortführung der Abweichungszuschreibung dienen kann (vgl. Dellwing 2008a, 2009).

  4. 4.

    Dabei kann „wahr“ auch gerade dann als Kampfbegriff aufkommen, wenn die Erklärungen gerade nicht geteilt werden, eine Partei die andere jedoch dazu bringen will, den Rechtferti gungsdruck fallenzulassen.

  5. 5.

    Die deutsche Übersetzung dieses Begriffs spricht von „praktischen Erklärungen“: Praktiken, mit denen Probleme durch Erklärung überwunden werden. Hierbei geht es niemals um eine putative „Wahrheit“ dieser Erklärung, sondern um ihre praktische Leistung: Schafft sie es, das Problem zu beheben?

  6. 6.

    Auch diese Nutzlosigkeit ist nicht abstrakt. Szasz Aufruf könnte verstanden werden als: try harder.

  7. 7.

    Bei Wahnvorstellungen ist es zum Beispiel nicht die Unwahrheit der Behauptung, die das Symptom ausmacht, sondern die Unfähigkeit des Betroffenen, die Unwahrheitszuschreibungen des Umfeldes zu erkennen und die Erwartungen der Anderen in der Kommunikation dieser Vorstellung zu spiegeln.

  8. 8.

    D. h.: häufiger in die Situation gelangt, dass ihr ein solcher Erfolg zugeschrieben wurde.

  9. 9.

    Wahrscheinlich meint er es aber gerade umgekehrt und will damit bei Soziologen für seine Position werben.

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Dellwing, M. (2013). „Wie wäre es, an psychische Krankheiten zu glauben?“: Wege zu einer neuen soziologischen Betrachtung psychischer Störungen. In: Dellwing, M., Harbusch, M. (eds) Krankheitskonstruktionen und Krankheitstreiberei. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18784-6_14

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