Zusammenfassung
Aussagen können eigene Wirklichkeiten schaffen, indem sie verkörpert werden. Eine dadurch – nachträglich – erreichte Faktizität macht es schwierig, zwischen einem Umstand und seiner diskursiven Rahmung zu unterscheiden. Während das wissenschaftliche Denken Methoden aufbietet, mit denen die Beschreibung der Wirklichkeit von bloß wirksamen Behauptungen unterschieden werden soll, gibt es im religiösen Denken die Vorstellung einer wirklichkeitsstiftenden Potenz des Wortes. Die im Johannesevangelium ausgesprochene Behauptung trifft zugleich eine geheime oder auch offene Hoffnung der meisten Diskursproduzenten: Ihr Wort selbst möge sich verwirklichen, ‚Fleisch werden‘. Doch auch die moderne Wissenschaft ist vor der Formulierung selbsterfüllender Aussagen nicht gefeit. Auch ihre Methoden verhindern nicht immer, dass Tautologien dem Subjekt der Forschung verborgen bleiben. Es ist deshalb gleichzeitig Aufgabe der wissenschaftlichen Diskurse, solche Tautologien aufzuspüren und zu kritisieren.
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Pfahl, L., Schürmann, L., Traue, B. (2015). Das Fleisch der Diskurse. In: Fegter, S., Kessl, F., Langer, A., Ott, M., Rothe, D., Wrana, D. (eds) Erziehungswissenschaftliche Diskursforschung. Interdisziplinäre Diskursforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18738-9_4
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