Zusammenfassung
Seit unseren ersten Untersuchungen zur alltäglichen Lebensführung sind inzwischen mehr als zwanzig Jahre vergangen, und in den Geschlechterverhältnissen ist in diesem Zeitraum einiges in Bewegung gekommen. Unsere Frage von damals, ob die Unterscheidung einer „weiblichen“ von einer „männlichen“ Lebensführung „noch“ Sinn mache (Jurczyk und Rerrich 1993) war von einem großen Optimismus hinsichtlich der gesellschaftlichen Entwicklung bzw. des individuellen und politischen Veränderungswillens getragen. Damals konstatierten wir im Ergebnis mehr Unterschiede als Annäherungen. Heute wissen wir, dass es zwar Annäherungen – um einen gewissen Preis (vgl. Abschnitt III) – gibt, viele Unterschiede aber mit hoher Veränderungsresistenz fortbestehen. Vor allem aber sind die Differenzen auch innerhalb der Gruppe der Frauen deutlicher sichtbar als noch Ende der 1980er Jahre. Damit stehen unsere ersten Fragen im Raum: Waren ausgeprägte Differenzen zwischen Frauen damals schon gegeben und wir konnten (oder wollten?) sie nur nicht sehen? Oder fallen Differenzen zwischen Frauen heute tatsächlich viel deutlicher aus? Empirisch können wir diese Fragen hier nicht systematisch beantworten, wir können jedoch unseren eigenen Blick bzw. unsere „Scheuklappen“ von damals selbstkritisch reflektieren. Denn heute geht jedenfalls kein Weg daran vorbei: Wir wollen und müssen die teilweise extrem unterschiedlichen Alltagserfahrungen von Frauen auch theoretisch, methodologisch und nicht zuletzt politisch einholen.
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Literatur
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Jurczyk, K., Rerrich, M.S. (2012). Erkenntnis und Politik: Alltägliche Lebensführung und Differenzen zwischen Frauen revisited. In: Aulenbacher, B., Riegraf, B. (eds) Erkenntnis und Methode. Geschlecht und Gesellschaft, vol 43. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-18675-7_6
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