Zusammenfassung
Die deutschen Wörter ‘Märchen’, ‘Märlein’ (mhd. maerlîn) sind Verkleinerungsformen zu ‘Mär’ (ahd. mârî f., mhd. maere f. und n., Kunde, Bericht, Erzählung, Gerücht), bezeichneten also ursprünglich eine kurze Erzählung. Wie andere Diminutive unterlagen sie früh einer Bedeutungsverschlechterung und wurden auf erfundene, auf unwahre Geschichten angewendet, um so mehr als auch das Grundwort ‘Mär’ diese Bedeutung annehmen konnte, was besonders in Zusammensetzungen deutlich wird (lügemaere, tandmaere, entenmär, gensmär u.a., Belege des 13.–16. Jhs; vgl. das verächtliche Contes de ma mère l’Oye, Contes de la cigogne u.ä., 18. Jh.). Eine Gegenbewegung setzte im 18. Jh. ein, als unter französischem Einfluß Feenmärchen und Geschichten aus »Tausendundeiner Nacht« in Mode kamen, als Herder und andere Träger des Sturm und Drang in der „Volksdichtung“ einen Quell der Poesie überhaupt zu entdecken glaubten; im 19. Jh. verstärkten der Erfolg der Sammlungen von Grimm und Bechstein und die Dichtungen (und Theorien) der deutschen Romantiker und Andersens das Prestige der Märchen. Heute bezeichnen die Ausdrücke ‘Volksmärchen’ und ‘Kunstmärchen’ wertungsfrei bestimmte Erzählgattungen.
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Lüthi, M. (1962). Name und Begriff. In: Märchen. Sammlung Metzler. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99966-5_1
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-99966-5_1
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-99967-2
Online ISBN: 978-3-476-99966-5
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)