Zusammenfassung
Als hochsinniger Ehrenmann wird der Markgraf von Bechlarn sogleich eingeführt; für die ihm zugedachte Werbungsfahrt lehnt er, der oftmals von seinem Herrn Beschenkte, eine besondere Belohnung vornehm ab (1153); in jener Sache selbst ist er nicht ohne gewisse, offenbar tiefergreifende Bedenken. Seit langem kennt er Kriemhilt (1147), rühmt mit Betonung ihre Schönheit (1150); aber er kannte auch Sîvrit; ausdrücklich erinnert er Etzel daran, daß auch der selber den Helden an seinem Hofe einmal gesehen habe — und er weiß von der edelen minne der beiden … ‛ob duz, künic rîche, niht wil dar umb lân…?’ (1157, 1). Aber als der Herrscher auf solche leisen Mahnungen nicht eingeht, ist Rüedegêr von höfisch geziemender Bereitschaft und trifft seine Vorbereitungen. Wie man dabei verspürt, pflegt er mit Frau und Tochter offenbar ein überaus schönes harmonisches Zusammenleben (1160/73). Des angesichts der besonderen Umstände recht heiklen Auftrags entledigt er sich mit vollendetem ritterlichen Anstand und außerordentlicher Geschicklichkeit (1191; 1193/95; 1198 f.); ihn selber nimmt man mit allen erdenklichen Ehren auf; ersichtlich, daß sein Ruf der allerbeste ist (1183 ff.; 1192; 1201); nur mit Rücksicht auf des Boten besondere Geltung hört Kriemhilt überhaupt Etzels Begehren an (1221; 1230). Vor der trûregen erweist sich dessen erlesener Vertrauensmann dann von untrüglichem Fingerspitzengefühl und höchster Geschmeidigkeit: minne âne leit weiß er der zunächst überaus Abgeneigten in Aussicht zu stellen (1232, 1), und zwar — das eben ist dabei das Entscheidende — malt er das Bild einer offenbar ruhigen, mild-abgeklärten, mehr ins Geistige weisenden Liebe eines selber ja auch bekümmerten Witwers; auf stæter vriuntschefte, auf vriuntlîcher minne, die sehr wohl Tränen zu trocknen vermöge, liegt der Akzent (1232; 1234).
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Notizen
‛den recken’ (1223, 4) kann sich unmöglich auf Rüedegêr selbst beziehen: Schon stilistisch ist diese Meinung de Boors zu 1223, 4 höchst unwahrscheinlich; in der Sache ist solche Deutung vollends unmöglich, da ja Kriemhilt Rüedegêrs Empfang bereits zugestimmt hat. Was der Dichter vielmehr sagen will, ist dies: Auch Rüedegêr begehrte nichts anderes als vorgelassen zu werden. Wenn das Gespräch (ez) erst einmal zustande komme(n könnte, müßte, zustande käme), dann war er überzeugt, so weise (klug, erfahren, überlegen) zu sein, daß sie sich den Recken (nämlich Etzel) aufreden lassen müßte (würde aufreden lassen müssen). In der Sache selbst ist klar, daß eine wahrheitsgemäße Schilderung Etzels für Rüedegêr eine entschiedene Absage Kriemhilts erbracht haben würde. Etzel wird hier recke genannt, weil er (für Kriemhilt) ein Fremder ist; vgl. hierzu unten Exkurs II b.
Natürlich ist dementsprechend später nie wieder davon die Rede.
Die Geheimhaltung dieser Unterredung ist genügend damit begründet, daß Vergleiche zwischen Kriemhilts zukünftiger und ihrer vergangenen bzw. gegenwärtigen Position gezogen werden. Solche Aspekte konnten nicht wohl in Gunthers und Hagens Gegenwart erörtert werden. Für ein Inaussichtstellen einer Rächung des Vergangenen beweist die Geheimhaltung nichts. (Dies gegen Fr. Panzer »Das Nibelungenlied«, 1955, S. 260 f.)
Notizen
vgl. zu diesem gesamten Komplex noch die Meditation, unten S. 98 ff.
Notizen
vgl. dazu P. Wapnewskis Darlegungen: Euph. 54, 1960, S. 380 ff.; zu Wapnewski siehe unten S. 200 ff.
Notizen
Daß dem so ist, muß aufs stärkste herausgestellt werden. Vgl. dazu unten S. 93 und Exkurs I.
Notizen
also der innerweltlichen Greifbarkeit und Begreifbarkeit Gottes.
vgl. hierzu unten Kap. XI und Exkurs II b).
vgl. zu den Begriffen riter, recke, helt: Kap. VIII und XI sowie Exkurs II a) und b).
Notizen
vgl. hierzu noch unten S. 102.
Notizen
vgl. (außer Kap. IV, bes. S. 56) auch unten S. 129 ff.
vgl. dazu abschließend Kap. XIII.
vgl. zu den Begriffen riter, recke, helt: Kap. VIII und XI sowie Exkurs II a) und b).
Notizen
Hierüber ist mannigfach gehandelt worden; vgl. etwa Hermann Schneider »Heldendichtung, Geistlichendichtung, Ritterdichtung«, 21943, S. 11, 13.
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Weber, G. (1963). Rüedegêr. In: Das Nibelungenlied. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99956-6_8
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