Zusammenfassung
Mit seinen sorgfältig vorbereiteten, in der Ausführung dann aber doch Fragment gebliebenen ›Anfangsgründen einer Theorie der Dichtungsarten‹ (1783)1 wollte Engel den Ansprüchen einer bisher fehlenden »philosophischen« Poetik genügen. Herder hatte als Rezensent zeitgenössischer Dichtung und dichtungstheoretischer Schriften mehrfach eine dem Stand der neueren Philosophie — genaugenommen der Psychologie und Erkenntnislehre — genügende Poetik gefordert.2 Eine Theorie der Dichtkunst, die an die Stelle der in der Häufung konventioneller Regeln und Vorschriften erstarrten Lehrbücher treten konnte, erschien jetzt ebenso wünschenswert wie seinerzeit die »kritische« Poetik Gottscheds, die die unzureichenden Vers- und Reimpoetiken ersetzt hatte. Engel trat bewußt, unter Berufung auf Lessing und Herder, als Programmator und Schrittmacher dieser neuen Poetik auf.
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Notizen
Vgl. hierzu Siegfried Krause, Das Problem des Irrationalen in Lessings Poetik. Diss. Köln 1962, S. 4 f.
Engel, Rezension von Klopstocks ›Messias‹. In: Allgemeine deutsche Bibliothek 18 (1772), 2. St., S. 311. Die Formulierung erinnert an Herder.
Hoffmann, Johann Jacob Engel als Ästhetiker und Kritiker. Diss. Breslau 1922, S. 37. — Auch Ernst August Paepcke (Johann Jacob Engel als Kritiker. Diss. Freiburg i. Br. 1928, S. 47 ff.) und Ernst Theodor Voss (Nachwort zur Faksimileausgabe von Engels ›Über Handlung, Gespräch und Erzählung‹. 1964, S. 67* ff.) bescheinigen Engel den »modernen Stand« seiner ästhetischen Überlegungen im Anschluß an Baumgarten. Sie stützen sich hierbei auf Engels fiktiven Brief ›An Herrn Z… Von dem moralischen Nutzen der Dichtkunst‹, der im zweiten Teil von Engels ›Philosophen für die Welt‹ (1776) erschien. Engel versucht hier, in Opposition gegen Sulzer, zwischen Ethik und Ästhetik zu unterscheiden und die Autonomie der Dichtkunst zu erweisen. Abgesehen von diesen wenigen Äußerungen verzichtet Engel jedoch bewußt auf spekulative Gedankengänge auf dem Gebiet der Erkenntnislehre und konzentriert sich ganz auf die Nutzbarmachung des psychologischen Gehalts der Baumgartenschen Lehre für die praktische Poetik.
Heinrich Home, Grundsätze der Kritik. Aus dem Englischen übersetzt von Joh. Nikolaus Meinhard. 2. Aufl. 1772; zitiert nach dem Nachdruck dieser Ausgabe von 1775, Bd 1, S. 22.
Mendelssohn, Von der lyrischen Poesie. Jubiläums-Ausgabe. Schriften zur Philosophie und Ästhetik. Bd III, 1. 1932, S. 335–341. — Schillers Rezension von Matthissons Gedichten (1794) zeigt eine auffallende Übereinstimmung mit Gedankengängen Mendelssohns und Engels. Auch er verwendet den Begriff »Ideenverbindung« und erläutert das Verhältnis der »objektiven Verknüpfung in den Erscheinungen« zu »dem Gesetz … nach welchem die Einbildungskraft in allen Subjekten sich richtet.« (Säkular-Ausgabe, Bd 16, S. 253).
Thomas Abbt (Rezension von Harenbergs ›Pragmatische Geschichte des Ordens der Jesuiten‹. Halle 1760. In: Briefe die Neueste Litteratur betreffend Th. 9, 1761, S. 119) bestimmt das Ziel der pragmatischen Geschichtsschreibung wie folgt: »Werden die sichersten und verborgensten Triebfedern von dem Geschichtschreiber selbst, in der richtigen Verbindung der Begebenheiten, dem Leser dargelegt; so wäre dieses der höchste Grad des Pragmatischen.«
E. M. Forster, Aspects of the Novel. 1927 (zitiert nach der Neuausgabe. London 1961, S. 82): »We have defined a story as a narrative of events arranged in their time sequence. A plot is also a narrative of events, the emphasis falling on causality.«
Ansätze hierzu fanden sich bereits bei J. A. und J. E. Schlegel (vgl. oben, S. 94, Anm. 40). W. v. Humboldt untersucht die Verwandtschaft von lyrischer Poesie und Tragödie. Beide verbindet das Kriterium der »lebendigen Gegenwart« und folglich das des unmittelbaren Gefühlsausdrucks (Akademieausgabe, Werke, Bd 2, S. 245). — E. Hirt (Das Formgesetz der epischen, dramatischen und lyrischen Dichtung. 1923) differenziert Epik und Dramatik nach dem auch schon von Engel explizierten Unterschied der berichtenden und darstellenden Form und schließt die außerhalb dieses Gegensatzes liegende Lyrik der Dramatik an. — Julius Petersen (Zur Lehre von den Dichtungsgattungen. In: Festschrift für August Sauer. 1925, S. 86 f.) stellt diese problematische Gruppierung zur Diskussion.
Vgl. hierzu F. Schlegel, Literary Notebooks 1797–1801. Edited by Hans Eichner. London 1957, Nr. 322, 1750, 1880. — F. Hölderlin, Über den Unterschied der Dichtarten. Große Stuttgarter Ausgabe. Bd 4,1, S. 266–272. — Goethe, Noten und Abhandlungen zum Westöstlichen Divan. Hamburger Ausgabe, 4. Aufl. 1958, Bd 2, S. 186–189. — E. Staiger, Grundbegriffe, S. 7 ff.
Vgl. hierzu Lawrence J. Ryan, Hölderlins Lehre vom Wechsel der Töne. Stuttgart 1960, bes. S. 58 ff. — F. Schlegel, Prosaische Jugendschriften, Bd 2 (1882), S. 194, 573. — F. Schlegel, Literary Notebooks, Nr 4, 828, 829, 1063. — Goethe, Hamburger Ausgabe, Bd 2, S. 188. — Goethe, Ballade. Betrachtung und Auslegung. Weimarer Ausgabe I, Bd 41, 1. Abt., S. 223 f.
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Scherpe, K.R. (1968). Die Gattungen als »Ideenordnungen« des Dichters: Johann Jacob Engels »philosophische« Poetik. In: Gattungspoetik im 18. Jahrhundert. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99943-6_7
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