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Zum Problem des Tragikomischen

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Das »Gesellschaftlich-Komische«
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Zusammenfassung

So wenig es das Komische als abstrakte Wesenheit anders als in der Gegenüberstellung zu dem anderen Abstraktum Tragisches gibt, sondern nur in seinen qualitativ abgestuften Erscheinungsformen — und die »Erscheinung« ist, um Lenin zu zitieren, stets »reicher als das Gesetz« [100] — so wenig ist es auch auf eine bestimmte Gattung, wie etwa die Komödie, beschränkt. Überhaupt besteht keine kausale Verbindung zwischen Komik und Komödie in dem ausgeprägten Maße, in dem Tragödie nach tragischer Struktur verlangt. [101] Das Darstellungsmittel Komik kann der Komödie dienen, ist aber für diese nicht konstitutiv und an sie nicht gebunden. Und Komödie andererseits ist die, nach dem Roman, gefräßigste aller literarischen Gattungen: sie schluckt das Komische in seinen mannigfachen Ausprägungen, aber auch das Häßliche, Banale, Kitschige, Obszöne usw., ohne ihren Charakter zu verlieren oder zum bloßen Schauspiel aufzuschwemmen, sofern ihre Intention, der »Abschied« von schlechter Vergangenheit, sichtbar bleibt. Vor allem aber wird Komödie nicht dann, wenn ernste und traurige Begebenheiten in ihr erscheinen und die Fabel nicht zur Heiterkeit sich rundet, zur Tragikomödie, aus der ein selbständiger Begriff »tragikomisch« entwickelt werden könnte. Der Versuch, dies zu tun, ist spürbar der Geringschätzung des Komischen verpflichtet, die ja eine lange Tradition hat und nicht zuletzt auf die elitäre »Ständeklausel« der Feudalzeit zurückgeht. Anstatt Funktion und Leistung des Komischen in seiner geschichtlichen Entwicklung präzise zu beschreiben oder wenigstens zu vermerken, daß das Komische den gesellschaftlichen Bereich seiner Gegenstände ständig erweitert hat, meint man, ihm sozusagen aufhelfen zu müssen, ihm durch die Kopplung mit dem angeblich wertvolleren Tragischen eine höhere Weihe zu geben. Das Bemühen, das sog. Tragikomische auf jeden Fall vom Komischen abheben zu müssen, führt zu erstaunlichen Wortklaubereien, ähnlich denen, die in der Theorie des Grotesken auftreten, sofern es mit jenem nicht einfach identisch gesehen wird. [102]

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© 1974 Springer-Verlag GmbH Deutschland

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Giese, P.C. (1974). Zum Problem des Tragikomischen. In: Das »Gesellschaftlich-Komische«. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99935-1_5

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-99935-1_5

  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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