Boheme und Politik

Zusammenfassung

Unter Politik verstehen wir in unserem Zusammenhang nicht nur ein Handeln, das theoretisch und praktisch an Machtwerten orientiert ist. Der Begriff umfasse die Gesamtheit der wertenden Äußerungen über politisch-gesellschaftliche Ordnungen, Institutionen und Bewegungen (über reale und ideale, fiktive und propagierte) und die Gesamtheit der Handlungen, die unmittelbar auf Apologie oder Kritik, Erhaltung, Veränderung oder Umsturz bestehender bzw. auf die Realisierung neuer Ordnungen gerichtet sind. Das Verhältnis der Boheme zur Politik in diesem Sinn erschöpfend darzustellen, ist im Rahmen einer typologischen Studie nicht möglich; die Gerechtigkeit gegen das Engagement des einzelnen oder der verschiedenen Gruppen und Richtungen ist Sache biographischer oder historischer Darstellungen. Konzedieren wir von vornherein, daß wohl jede politische Anschauung, die in einer empirischen Gesellschaft Anhänger gefunden hat, auch von Gliedern der etwa zugehörigen Boheme geteilt werden konnte; konzedieren wir ferner, daß jede politische Einstellung, die in der Boheme vorkommt, auch außerhalb ihrer möglich ist. Aber die Zahlenverhältnisse sind in der Regel jeweils anders; eine Tendenz zur Abweichung ist ebenso erkennbar wie eine Affinität der Boheme zu bestimmten politischen Einstellungen und Anschauungen. Diese nun bezeichnen wir für unseren Zusammenhang als bohemeadäquat oder (wenn wir sie an Bohemiens beobachten) auch einfach als bohemisch.