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Die Sprache der Poesie

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Zusammenfassung

Die Frage ist durchaus berechtigt, ob die vorliegende Studie sich überhaupt mit der Poesie befassen sollte. Ist die Sprache der Poesie nicht viel zu persönlich, um in das Generalschema unserer Untersuchung hineinzupassen? Entspringt sie nicht der persönlichen Einbildungskraft und spiegelt sie nicht den einzelnen Menschen mehr als das Zeitalter? Transzendiert nicht die Sprache der Poesie per se schon die Sprache ihrer Zeit? Wie soll sie denn in einem Schema begriffen werden, das chronologisch ist? Werden wir nicht unvermeidlich in eine fortschrittliche Bewegung hineingezogen werden, die für die Poesie falsch und irrelevant ist? Es ist gut, daß wir diese Einwände uns gleich zu Beginn vor Augen halten, nicht weil sie stichhaltig sind, sondern weil sie die Grenzen dessen andeuten, was wir zu erreichen hoffen können. Keine noch so umfassende Untersuchung der Sprache einer Zeit wird das Genie eines großen Dichters je hinreichend erklären können. Aber das ist ja auch nicht unsere Absicht. Uns geht es nicht darum, das dichterische Genie zu erklären. Wir begrüßen die Tatsache seiner Existenz und wir glauben, daß Poesie die Sprache auf dem höchsten Gipfel ihrer Ausdruckskraft verkörpert. Wir können daher die Poesie nicht einfach ignorieren. Unser Thema ist die Entwicklung einer rauhen, ungelenken Sprache zu einem der subtilsten literarischen Ausdrucksträger des modernen Europa. Wir glauben, daß die entscheidende Phase dieser Entwicklung der Zeitraum von 1700 bis 1775 war. Da Poesie ein höheres sprachliches Vermögen voraussetzt als Prosa, dürfen wir erwarten, in der Poesie der Zeit die größten inneren Möglichkeiten der Sprache ausgedrückt zu finden. Wir werden in ihr wohl auch einigen der größten Fehlschläge der Sprache begegnen. Das Erreichte stand nicht immer im rechten Verhältnis zum Bemühen. Poetische Vorhaben wurden von einer überlieferten Dichtersprache vereitelt, die erst gänzlich verworfen werden mußte, ehe sich persönliches Gefühl wieder in einer Poesie voller Schönheit und Kraft ausdrücken konnte. Eine solche Tat der Befreiung sei, so könnte eingewendet werden, das erste Werk jedes großen Dichters. Er muß seine eigene Sprache finden.

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Anmerkungen

  1. J. C. Männling »Deutsch-Poetisches Lexicon«, Frankfurt und Leipzig 1715, Vorrede.

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  2. Kåre Kaiser »Mundart und Schriftsprache«, Leipzig 1950, S. 70.

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  3. Suard. Zitiert von Alexis François in Bd VI der »Histoire de la langue française«, hrsg. v. Brunot, Paris 1952, S. 1265.

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  4. B. H. Brockes »Passionsoratorium«, 1712 — seine erste Publikation. S. u. S. 185.

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  5. Ich zitiere nach dem Text in G. B. Hanckens »Gedichte, Erster Theil, Nebst denen Neukirchischen Satyren«, Leipzig 21751, S. 450–451. Expl. im Brit. Museum, Zeilen 97–105a, 109–110. [Vorhanden auch in 7, 15, 21, 24, 50, B 806, Zür.]

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Blackall, E.A. (1966). Die Sprache der Poesie. In: Die Entwicklung des Deutschen zur Literatursprache 1700–1775. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99901-6_7

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart

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  • Online ISBN: 978-3-476-99901-6

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