Literarische Mittlertätigkeit

Zusammenfassung

Die Kultur von Weimar ist auch in soziologischer Hinsicht ein klassischer Augenblick, insofern der kleine Hof Karl Augusts seine Erwählten in einer Lage festhält, welche die glückliche Mitte zwischen der kollektiv gebundenen Stellung des alten Hof- oder Universitätsdichters und der gesellschaftlichen Isolierung des romantischen und nachromantischen Dichters darstellt. Bei den Dichtern von Weimar besteht noch ein unmittelbarer Kontakt zwischen dem Genie und der Gesellschaft im Sinne eines bestimmten überschaubaren Kreises von Personen. Das setzt sie von den Großen der folgenden Generation deutlich ab, denn diese ersehnen zwar mit Inbrunst Gemeinschaft, existentiell aber stehen sie schon in der furchtbarsten Einsamkeit. Bei Hölderlin und Kleist findet sich bereits der Zwiespalt zwischen abstraktem Gemeinschaftsbekenntnis und konkretem Isoliertsein, welcher dem schöpferischen Menschen im Zeitalter der Krise überhaupt auferlegt zu sein scheint; sie sind im ganz ursprünglichen Sinne des Wortes, ohne daß man damit eine Wertung zu verbinden braucht, über-spannt, während die Dichter in der kleinen, halb-idyllischen Gemeinschaft von Weimar gleichzeitig weltflüchtiger und welthafter sind und daher noch nicht in die unerträgliche Spannung geraten, welche jene anderen in wenigen Jahren zerstören mußte.