Zusammenfassung
Der Umfang und die Intensität individuell wahrgenommener Diskrepanzen zwischen einer gegebenen Ist-Lage und einer Soll-Lage kann von zweierlei abhängig sein: erstens von der Summe und Vielfalt vermittelter Umwelterfahrungen. Je breiter der Erfahrungsspielraum des einzelnen, desto größer ist die Chance, daß ihm Alternativen zur aktuell praktizierten Daseinsbewältigung in Bereichen privaten wie kollektiven Handelns bewußt werden. Der zweite Faktor kann als Bereitschaft beschrieben werden, wahrgenommene Alternativen trotz ihrer kurzfristig nicht immer gegebenen Realisierbarkeit aufzubewahren und sich an ihnen als verbindlich zu orientieren. Das setzt beim einzelnen eine Widerstandskraft voraus gegen alle Tendenzen der Vereinfachung und Einseitigkeit, gegen die bequeme Resignation des »es ist schon immer so gewesen« und gegen schwarz-weiß malende Klischees, die Gegensätze als von vornherein unüberwindbar hinstellen. Diese Fähigkeit kann in Anlehnung an die Begriffsbildung der sozialpsychologischen Persönlichkeitsforschung mit »Toleranz der Ambiguität« umschrieben werden. »Ambiguität liegt in Situationen vor, die sich durch Neuigkeit, Komplexität oder Unlösbarkeit charakterisieren lassen.«[107] Ambiguitätstoleranz läßt sich als Verhaltenstendenz definieren, solche Situationen erträglich, ja sogar reizvoll zu empfinden. Intoleranz der Ambiguität läßt sich demnach als Tendenz
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Anmerkungen
Budner, S.: Intolerance of Ambiguity as a Personality Variable, in: Journal of Personality, Heft 30, 1962, S. 29–50, S. 30f.
Vgl. Martin, J. G. und Westie, F. R.: The Tolerant Personality, in: American Sociological Review, Heft 24, 1959, S. 521–528, S. 522f.
Adorno, T. W.: Frenkel-Brunswik, E.; Levinson, D. J.; Sanford, R. N.: The Authoritarian Personality, New York 1950.
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Jaide, Walter: Jugend und Demokratie, München 1971.
Berger, Hartwig: Untersuchungsmethode und soziale Wirklichkeit, Frankfurt 1974, S. 104ff.,
Rosnow, Ralph R.; Robinson, Edgar J.: Experiments in Persuasion, New York 1967, S. 197.
Hovland, C. I. und Weiss, W.: The influence of source credibility on communication effectiveness, in: Rosnow, Robinson 1967, S. 9–29, S. 21f.
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Müller, HF. (1978). Strategie alltäglicher Problemlösung und latente Weiterbildungsinteressen. In: Gesellschaftliches Bewußtsein und Weiterbildungseinstellungen von Industriearbeitern. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-99841-5_6
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